Benedict Dana

Der letzte Weg des Dr. Dembski


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eigenen Fähigkeiten zurückgesetzt und antwortete kühl:

      „Wenn er so gut ist, solltest du ihn tatsächlich nehmen, ich habe im Moment genug mit dem Umzug der Immobilienabteilung zu tun. Und außerdem ist da ja noch die Geschichte mit diesem Mr. Burke und den gehackten NSA-Dateien. Wenn wir da nicht gut aufpassen, kann uns das Ding am Ende gehörig um die Ohren fliegen und du kannst mehr als nur die Telefonsparte zuschließen!“

      Er unterstrich diese Warnung mit einer kurzen Gedankenpause und einem ernsten Blick und fuhr dann fort:

      „Wir haben über das Autokennzeichen inzwischen herausgefunden, dass Albert Burke in Wahrheit wahrscheinlich Dr. David Dembski heißt und bis vor kurzem Vorsitzender der ethischen Kommission der CIA gewesen ist. Ich bin eigentlich dafür den Mann wieder nach Hause zu schicken, nachdem was gestern und heute Nacht geschehen ist. Es wurde nämlich nicht nur unsere Abramovitch überfallen, sondern er selber hat auch Besuch gekriegt. Alles trägt dieselbe Handschrift, die für meinen Geschmack sehr deutlich etwas von kyrillischen Schriftzeichen an sich hat!“

      „Gleich kommen Abramovitch und Silverman, dann werden wir ausführlich darüber reden. Ich habe sie auf 13.30 Uhr bestellt. Bis dahin kannst du in Ruhe essen“, enthüllte Abrahams mit seiner typischen stoischen Ruhe. Natürlich hatte er sich längst seine Gedanken über die Sache gemacht.

      „Hältst du diesen Silverman wirklich für fähig? Er war früher nichts als ein kleiner Fisch, ein unbedeutender Polizist und danach ein Privatdetektiv, der nur einfache Fälle bearbeitet hat. Ich traue ihm irgendwie nicht“, erklärte Tosh abschätzig und lobte dann lautstark die hervorragende Fischsuppe, die ihm der aus Frankreich stammende Koch vorgesetzt hatte.

      „Silverman ist Silverman, fähig oder nicht. Wir werden ja sehen, was passiert. Ich denke nicht, dass es für uns ein unkalkulierbares Risiko gibt, solange nicht ein Byte dieser Dateien auf unser Stamm-System gerät, dann hätte nämlich eine alte Troja-Taktik gesiegt. Aber selbst in diesem Fall gibt es noch etwas, was uns beschützen wird. Laut Laborauskunft ist die Datenprobe, die uns dieser Burke - oder Dembski – vor drei Wochen geschickt hat, natürlich von vorne bis hinten mit so genannter elektronischer DNA infiziert. Das hat mir Abramovitch mitgeteilt.

      Wenn wir uns das einfangen, könnte das früher oder später Spuren bis zum Computer des Reinigungsdienstes von Xiang-Internet in Taiwan nach sich ziehen“, meinte Leo mit fröhlichem Lächeln, so als hätte er nebenbei eine lustige Geschichte erzählt.

      „Reinigungsdienst von Xiang-Internet?“, fragte Tosh mit gequältem Blick, so als redete sein Gegenüber kompletten Unsinn.

      „Gehört zum Betrieb, Toshi. Habe ich vor kurzem zufällig einmal nachgesehen. Arbeitet sogar mit Gewinn und ist ein geglückter Frühversuch Theodores gewesen. Manchmal konnte der Junge offenbar sogar Bilanzen lesen!“

      Jeder wusste, dass Leo zugleich sehr stolz auf seinen Sohn war, wie auch massive Zweifel an seinen Fähigkeiten hatte. Er war sozusagen nur notgedrungen sein Lieblingssohn, da er eben keinen anderen hatte.

      „Und was macht er im Moment?“

      „Er ist mit Dr. Wheeler und noch jemandem vom Vorstand mit dem Jet nach L.A. geflogen, um über den Kauf des Freedom-Towers zu verhandeln.“

      „Was? Davon hast du mir nichts erzählt! Meinst du nicht, ich sollte über so etwas informiert werden? Die Sache rechnet sich nicht und könnte herbe Verluste nach sich ziehen!“, reagierte Tosh entsetzt, da er geglaubt hatte, die Sache wäre längst vom Tisch.

      „Du kannst dich beruhigen, Toshi. Ich habe ihn einfach blind loslaufen lassen und keinerlei Befugnisse mitgegeben. Ich hoffe, er wird daraus lernen, wie schnell man sich trotz halbwegs gefüllter Kassen überheben kann. Ich habe die Sache von Bloomingdale durchrechnen lassen und ihm die Papiere auf den Tisch gelegt. Wenn er zurück kommt, bin ich auf sein Gesicht gespannt, wenn er die miesen Aussichten des Projektes erkennt“, erklärte Leo mit gewitztem Blick, so als würde es sich bei der Geschäftsreise um ein wohl kalkuliertes pädagogisches Experiment handeln, das sich auf seine Weise rechnete, indem sein Sohn in Zukunft bei allen Geschäften sehr viel genauer hinsehen würde.

      „Du solltest ihn nicht zu sehr demütigen. Irgendwann muss er stark genug sein, um das Unternehmen zu führen“, gab Tosh mit milder Stimme zu bedenken und dachte dabei an seine eigenen Kinder. Kurz darauf fragte er in einem ganz anderen, neugierigen Ton, um endlich weitere Details über die großartige Neuerwerbung zu erfahren:

      „Erzähl’ mir doch endlich, was Snyder für dich einfädeln soll!“

      „Nun, nachdem du nun Woche für Woche hier heraus kommst, um Jacques’ exquisites Essen zu genießen, und du mir dafür nur diese miesen Zahlen vorlegst, bin ich inzwischen kurz davor, nicht nur das Internet, sondern auch das leidige Telefon endlich zu verkaufen und dafür in krisenunabhängige Basiswerte zu gehen. Ich sage nur: Meerentsalzungsanlagen und Wasserpipelines! Was fällt dir dazu ein, Toshi?“

      Letzteres sagte Leo Abrahams mit einem solchen Triumph in der Stimme, als müsste es mehr als nur um eine große Sache, nämlich mindestens um ein Mega-Projekt gehen, das die ganze Firma umkrempeln würde.

      „Ich muss sofort an die East-West-Water Holding und die Dürre in Kalifornien denken“, erwiderte Tosh ohne langes Nachdenken und bewies wieder einmal, was für eine gut geschärfte Rundumsicht er auf die verschiedensten Bereiche des amerikanischen Marktes hatte.

      „Du hast wie immer sofort ins Schwarze getroffen! Aber du musst mir versprechen, darüber bis zuletzt absolutes Stillschweigen zu bewahren. Ich möchte dies sogar von oben bis unten mit dem Stempel Top Secret versehen und die ganze Sicherheitsabteilung entsprechend alarmieren.

      Vielleicht könntest du Snyder ein wenig über die Schulter schauen. Ich will, dass mir nichts und niemand dieses Geschäft vermasselt, durch das ich in spätestens zehn Jahren größter Wasserlieferant für den gesamten, langsam verdorrenden Westen bin. Was, Tosh, das frage ich dich, nützt dem Menschen sein Auto, Fernsehen, Telefon oder Internet, wenn er nicht einmal mehr Wasser hat? Aufgrund der Klimaveränderung wird alles, was auch nur im Entferntesten mit Geo-Engineering zu tun hat, zu den größten Wachstumsmärkten der Zukunft zählen. Ich möchte das Wassergeschäft noch aufblühen sehen, bevor ich mich in den Ruhestand zurückziehe!“

      Tosh musste über die beinahe kindliche Begeisterung, mit der Leo ihn in seine Pläne einweihte, mit einer Mischung aus Anerkennung und leichter Belustigung lachen. Soweit er die Möglichkeiten dieses Geschäfts auf Anhieb ohne nähere Analyse überschlagen konnte, versprachen sie tatsächlich rosige Aussichten. Da die Grundversorgung mit Wasser allerdings einige soziale Brisanz an sich trug, würde Geheimhaltung allein nicht genügen, da mit starkem politischen Interesse und großer Konkurrenz zu rechnen war.

      „Wer sind die ärgsten Feinde?“, fragte er also sofort sehr nüchtern und berechnend, als wäre vollkommen klar, dass genau diese Frage als erstes gestellt werden musste.

      „Diejenigen, die wie ich sehr langfristig denken“, erwiderte Leo in einer enigmatischen Art, die für ihn typisch war. Tosh musste nur kurz überlegen, um darauf zu kommen, wer diejenigen waren.

      „Die Chinesen!“

      „Richtig! Ein mögliches Joint Venture zwischen Min-Lo und der kanadischen Honeymoon. Wenigstens haben das einige Schnüffelnasen um Walter Silverman schon im letzten Jahr herausgefunden. Du siehst also, Toshi, dieser Silverman ist gar nicht so schlecht, wie er mit seiner Glatze und seinem dicken Bauch aussieht.“

      „Und wieso denkst du, kann man Snyder in der Sache voll vertrauen?“

      „Er hat sich bereits einige Male mir gegenüber als sehr loyal erwiesen. Es scheint da gewisse Sympathien zu geben. Der wichtigste Faktor bei ihm aber heißt Patriotismus. Ich weiß, wie sehr er patriotisch denkt, und ich werde mir dies zunutze machen, indem er mit all seinem Geschick dafür sorgen darf, dass eines der größten und aussichtsreichsten Wasserversorgungsprojekte in amerikanischen Händen bleibt.“

      „Gab es bereits Kontakt mit der Politik, kommt von irgendwoher Unterstützung?“

      „Die