Franz Bingenheimer

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und legte 4000 € auf den kleinen antiken Tisch neben der Kasse.

      >>Ich habe leider nur einen 500 € Schein! Wechselgeld benötigen wir nicht! Bei uns wird nur mit Karte gezahlt! <<, lies sie ihn entschuldigend wissen.

      >>Ist schon in Ordnung so! <<, antwortete er, zwinkerte ihr zu mit dem linken Auge und steckte die restlichen 500 € Scheine ein. >> Oh! herzlichen Dank! hier ist meine Visiten-Karte. Wir würden uns freuen, wenn sie uns wieder besuchen! <<, meinte sie und blickte ihm noch einmal kurz intensiv in die Augen. Ihre Blicke verrieten ihm, dass da mehr war, wie das geschäftliche Interesse. Naomi Kramer lies in ihren Gedanken nicht locker!

      Denn sie wollte ihn unbedingt wiedersehen.

      >>Ich komme auch gerne zu Hause bei dir vorbei, wenn du eine Kleidung nach Maß möchtest <<, sagte sie so leise jetzt zu ihm, dass nur er es verstehen konnte.

      >>Ich bin doch kein alter Mann der nicht mehr laufen kann<<, erwiderte er ungewollt und gab ihr gefühlvoll die Hand.

      Für einen Augenblick hielten sie ihre Hände gegeneinander leicht fest. Dann schaute er sie noch einmal an, lies ihre Hand los und ging zum Ausgang.

      >>Halt! Du hast deine Einkaufstüte mir der Kleidung vergessen! <<, rief sie ihm nach und lief ihm hinterher. Beide lachten sie jetzt und dachten das Gleiche. Dann verließ er zufrieden die Boutique.

      Auf der Geschäftsstraße war reger Einkaufsbetrieb. Man musste vorsichtig sein, wenn man über die breite mit grünen Bäumen angelegte Fußgängerzone ging. Denn einige jungen Leute fuhren mit ihren Inlineskater mit hoher Geschwindigkeit über die von Menschen belebte Einkaufsmeile.

      Öfter kam es vor, dass ein vorbeifahrender mit einem Fußgänger absichtlich zusammenstieß. Nicht selten hatte sich der Schuldige nach wenigen Sekunden aus dem Staub gemacht. Und die Brieftasche samt dem Schmuck am Körper war gestohlen. Bis man es bemerkte, war der Dieb über alle Berge.

      Kai nahm neugierig die Visitenkarte, die er vom Naomi bekommen hatte, aus seiner Jackentasche und las.

      Armani-Club Boutique für Herrenmode Inhaberin: Naomi Kramer stand auf der Karte in goldener, geschnörkelter, auffälliger Designer Schrift.

      Nachdem er die Visitenkarte gelesen hatte und einstecken wollte bemerkte er, dass auf der Rückseite noch etwas von Hand geschrieben stand.

      Ruft mich an, wenn du möchtest! 069...

      >>Das werde ich tun! <<, sagte er laut vor sich hin, schmunzelte, und steckte freudestrahlend die Visiten-Karte wieder in seine Jackentasche zurück.

      Eine Frau, die an ihm vorbeiging, und sich angesprochen fühlte, sah ihn verwundert an. Kopfschüttelnd schaute sie ihm hinterher.

      Jahrelang passierte nichts Besonderes in seinem Leben und plötzlich lief alles bestens für ihn! dachte er, während er mit seinem dunkelblauen sportlich tiefer gelegten BMW in Gedanken an Naomi Kramer nach Hause fuhr.

      Innerhalb von wenigen Stunden hatte sich sein Leben total verändert. Das viele Geld, das er bekommen hatte. Kontakte zur High Society und einen Auftrag, der ihn Reich machen sollte. War es ein Traum? Nein! Es war das pure Leben, das er jetzt endlich in sich spüren durfte.

      Jetzt hatte er es geschafft, dachte er überglücklich und fuhr, ohne es wahrzunehmen, mit überhöhter Geschwindigkeit durch die vom Verkehr belebte Frankfurter Innenstadt.

      Gut gelaunt ging er eilig, nachdem er sein Wagen in der Tiefgarage abgestellt hatte, zum Aufzug, der ihn in seine Wohnung bringen sollte. Eine ältere Frau, die ihn gesehen hatte, hielt ihm den Aufzug an, damit er zu steigen konnte.

      Das Glück hatte auch endlich ihn getroffen. An seinen Gedächtnisverlust vor wenigen Stunden dachte er nicht mehr. Warum auch? Eine schwere Krankheit passte nicht zu seinem perfekten Lebensglück, das er glaubte, gefunden zu haben.

      >>Danke, Frau Schneider! <<, sagte Kai freundlich zu der älteren Dame, als er näherkam und sie erkannte.

      Sie wohnte im gleichen Stockwerk wie er. Man wechselte ein paar nette Worte, wenn man sich begegnete, mehr aber nicht.

      Der Aufzug war jetzt in der achten Etage angekommen. >>Schönen Abend! Herr Raimann! <<, wünschte ihm die Frau freundlich, als sie vor ihm den Aufzug verließ.

      Seine kleine Wohnung war gegenüber dem Auszug. Es waren nur wenige Schritte bis zu seiner Wohnungstür.

      Während er nach seinem Wohnungsschlüssel suchte, hörte er, dass leise Musik aus seiner Wohnung kam. Komisch, nur sein Freund Ken hatte noch einen Schlüssel, dachte er.

      Erst vor wenigen Tagen hatten sie beide die Zweitschlüssel ihrer Wohnung getauscht. Nur im Notfall wollten sie davon Gebrauch machen. Es war sehr merkwürdig für ihn. Seine Wohnung war auch nicht mehr verschlossen! Durch eine leichte Drehung des Schlüssels nach rechts, ließ sich die Wohnungstür öffnen.

      >>Ken, bist du es? <<, > rief er vorsichtig und ging in die Richtung, aus der er die Musik kam.

      Durch die weit offenstehende Tür in der Diele konnte er jetzt ungehindert in das Bad sehen.

      Was er sah, stockte ihm den Atem! Es war die Angst, die blitzschnell in ihm hochkroch und ihn fast erstarren ließ. Langsam zögernd was ihn erwartete, ging er weiter ins Bad. Jetzt erst konnte er richtig erkennen, was in seiner Abwesenheit geschehen war.

      Sein guter Freund Ken lag leblos auf dem Rücken im kalten Wasser der halb vollen Badewanne.

      Seine leblosen Augen waren weit geöffnet!

      In dem starren Blick seiner Pupillen sah man die Angst der letzten Sekunden vor seinem Tod.

      Sein nackter von den Drogen abgemagerter Körper zeigte mehrere blaue Flecken, die mit Blut unterlaufen waren.

      Jetzt sah Kai das furchtbar Schreckliche.

      Man hatte seinem Freund die Zunge auf grausamste Weise aus dem Mund herausgeschnitten.

      Das seichte, eklige, riechende Wasser, in dem er lag, war rot von seinem Blut gefärbt.

      Und auf dem Boden vor der Badewanne, lag ein stark verschmutztes, gebrauchtes Heroinbesteck mit einem dünnen Gummischlauch. Nicht weit davon lag eine gebrauchte Einwegspritze, die mit klebrigem Blut beschmiert war.

      Auf seinem linken Oberarm hatte man ihm ein kleines Zeichen mit einem spitzen Gegenstand tief in die Haut eingeritzt. Es sah aus wie die Sichel eines Mondes.

      Was Kai nicht wusste: Es war das Zeichen der Untergrundorganisation „Roter Mond", die in Europa die Vorherrschaft im Rauschgiftgeschäft übernehmen wollte.

      Koste es, was es wolle! Die Toten, die die Operation „Weißer Schnee", so nannten sie das Vorhaben, forderten, nahm man skrupellos in Kauf.

      Kai stand jetzt wie angewurzelt unter Schock in Angst, Zitternd, in Unruhe im Bad. Sein Gesicht war zu einer aschfahlen Grimasse erstarrt. Mit Blässe im Gesicht las er den kurzen Satz, der mit einem fast schwarzen Lippenstift, auf dem Spiegel über dem Waschbecken geschrieben stand.

      Wo ist das Rauschgift!?

      Es musste eine Frau gewesen sein, die ihn auf grausame Weise umbrachte, dachte er sofort.

      Plötzlich ertönte der Rufton vom Telefon!

      Kai erschrak so heftig, dass ihm fast das Herz stehen blieb. Lass es klingeln, nur nicht jetzt zum Telefon, dachte er in Apathie.

      Schreckliche, grausame Gedanken verwirrten jetzt seine Sinne. >>Einen kühlen Kopf muss ich behalten<<, sagte er leise vor sich hin, so dass er sich selbst hören konnte.

      Was sollte er tun? Normalerweise musste er jetzt die Polizei holen. Nein, das konnte er nicht! Seine Fingerabdrücke waren überall. Keiner würde ihm glauben, dass er unschuldig war und mit