Franz Bingenheimer

Heroin


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planmäßig beginnen. Ja1, das war der Nervenkitzel, den er liebte. Er brauchte keine Drogen. Seine Welt waren die Computer. Geheimnisträger war er, und in seiner Fachwelt ein geachteter Mann.

      Jetzt sah er die zwei freien Einschübe, die noch nicht mit elektronischen Teilen bestückt waren. Er wusste genau! Diese Bestückungsplätze brauchte man nicht mehr. Denn der Rechner war ausgelastet. Wenn notwendig würde man einen zweiten Rechner anhängen.

      Außer Kai und der Informatikerin war niemand im EDV-Raum anwesend. Schnell sich noch einmal umschauend, dass die Informatikerin nicht in seiner Nähe war, klappte er seinen Techniker- Koffer auf und holte das Rauschgift hervor.

      Die Buchattrappen mit dem gefüllten Heroin passten genau in die zwei freien Einschubplätze im Computer. Bis jetzt war alles nach Plan gelaufen. Langsam und vorsichtig brachte er die elektronischen Teile in seinen Ursprungszustand zurück.

      Ein fachmännischer, prüfender Blick über das Lampenfeld zeigte ihm, dass der Rechner wieder korrekt arbeitete.

      Vorsichtig schloss er die Tür vom Gehäuse des Rechners. Danach gab er über die Tastatur an der Masterkonsole den Computer den Anwendern frei.

      Jetzt waren die Alarmleitungen zur Polizei und Feuerwehr wieder aktiv durchgeschaltet.

      >>Fahren wir noch einmal hoch! <<, rief er erleichtert der Informatikerin zu.

      Sie nickte ihm zu und gab ihre Befehle über die Tastatur- Konsole in den Computer ein. Nach wenigen Minuten war der Großrechner wieder "online".

      2286 Bildschirme und 663 Drucker sowie alle Datenfernleitungen, die über schnelle Modems in die ganze Welt Verbindung hatten, waren wieder angeschaltet. Dies war der Betriebszustand des Computers vor Arbeitsbeginn in der International-Bank. Kai Raimann schaute mit versteinertem Blick über die Schulter der Informatikerin, die jetzt vor ihm vor der Masterkonsole saß.

      "Ready", kam die Meldung auf den Bildschirm.

      Dieses Kommando bestätigte ihm, das der Großrechner fehlerfrei arbeitete.

      >>Herzlichen Glückwunsch Herr Raimann! <<, sagte sie erleichtert, dass der Computer wieder lief und drehte sich um.

      Normal war Kai Raimann Freuden strahlend, wenn ihm so ein Eingriff in das Herz des Rechners, ohne Probleme gelang. Doch in seinen Gedanken war er in diesem Augenblick bei seinem Freund, der jetzt tot war.

      >>Vierundzwanzig Jahre ist er nur geworden<<, sagte er leise ungewollt heraus.

      Ein paar Tränen liefen ihm an seinen Wangen herunter.

      Am liebsten hätte er laut herausgeschrien:

      >>Gebt ihm sein Leben zurück und holt euch den heiß ersehnten

      Stoff ihre verdammten Schweine! <<,

      Er wusste, dass er, dass Geschehene, nicht mehr rückgängig machen konnte.

      >>Was haben Sie? Kann ich Ihnen helfen? <<, fragte die Informatikerin ihn ganz erschrocken, als sie sein erblasstes Gesicht und seine Tränen an seinen Wangen sah.

      >>Meine Mutter ist vor wenigen Stunden gestorben<<, log er verbittert, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen. >>Herzliches Beileid<<, merkte sie mitleidig an und gab ihm verständnisvoll die Hand.

      Ja, sein Freund war gestorben! Er konnte ihn nicht beerdigen so wie es normal gewesen wäre. Nein, er musste sich seiner Leiche heute Nacht noch entledigen. Jetzt kam für Kai die Religion ins Spiel. Gab es einen Gott, der dies alles zuließ? dachte er zweifelnd verbittert enttäuscht.

      >>Gute Nacht und vielen Dank für ihre Unterstützung<<, sagte er in Gedanken an das grausam Geschehene kaum hörbar, und verließ schweigend die EDV.

      >>Alles Gute Herr Raimann! <<, rief die Frau ihm nach, die sein Verhalten verstehen konnte und Mitleid mit ihm hatte.

      Gegen 22:00 Uhr verließ er die Bank. Draußen wurde es langsam dunkel. Als er an der Bank hochschaute, sah er, dass im 43.

      Stock im Büro von Dr. von Anselm noch Licht brannte. Nicht selten saß er bis tief in die Nacht in der Bank und telefonierte mit Ländern, bei denen gerade der neue Tag begann. Eigentlich müsste er jetzt nach Hause. Aber er wollte und konnte nicht in seine Wohnung zurück. Viel zu groß war die Angst die ihn ihm hochkroch und der Schmerz, der ihn quälte. So beschloss er noch für eine Stunde in die Disco Bar „Serena“ zu fahren, um alles zu überdenken. Außerdem wollte er das Rauschgift von Editha Serena überprüfen lassen.

      Die Disco bar „Serena“ war im Frankfurter Westend. Einem Industriegebiet, in dem sehr viele Fabriken stillgelegt waren. Da das Industriegebiet nicht von Bürgern der Stadt bewohnt war, gab es keinerlei Probleme mit den Anwohnern wegen Lärmbelästigung und Parkplätzen.

      Kai war jetzt vor der Disco Bar mit seinem sportlichen Wagen angekommen. Durch die alten verglasten Fabrikfenster konnte er schon von weitem die hell erleuchteten farbigen Lichtblitze der Leserstrahl Kanonen über der sehr großen Tanzfläche erkennen. Langsam total erschöpft in seinen Gedanken stieg er aus und ging auf den Eingang der Nobel-Diskothek zu.

      Über einen Lastenfahrstuhl der zwanzig Personen faste, konnte man die Disco-Bar im zweiten Stock erreichen. Der dritte Stock war privat und konnte nur mit einem Schlüsselschalter über den Aufzug erreicht werden. In der über 3000 qm großen ehemaligen Fabrik-Lagerhalle über der Disco, lebte Editha Serena. Sie war eine Deutsche mit italienischer Abstammung.

      Sie sei süßer als Schokolade und heißer als starker Kaffee! sagten die Frauen, die schon einmal mit ihr geschlafen hatten. Erst vor vier Jahren hatte sie die Disco Bar eröffnet. Ein Jahr später war ihre Disco der Geheimtipp in Deutschland, in der Szene. Ihre Macht in der Unterwelt war bekannt in dem Rotlicht und Drogenmilieu, um die Frankfurter Bahnhofsmeile.

      Durch zwei kräftige hünenhafte große muskulöse Türsteher, die am Eingang des Aufzuges standen, wurde der Zugang gesichert. Sie, wählten die Gäste aus. Kleidung und Geld spielten eine große Rolle beim Einlass in die erlebnisreiche Hölle des Frankfurter Nachtlebens.

      >>Hallo Kai! <<, begrüßte ihn einer der beiden Türsteher freundlich, als er mit sehr vielen Disco-Besuchern den überfüllten Lastenaufzug betrat. Nachdem sie die zwei eisernen Türen des Aufzuges von Hand geschlossen hatten, fuhr der Aufzug langsam nach oben. Die erdrückende Stille und die schlechte Luft im Aufzug bestimmten den Augenblick. Jetzt öffneten sich endlich die beiden eisernen Flügeltüren des Transportaufzugs.

      Endlich war er mitten drin in der großen Discohalle!

      Der ehemalige guterhaltene Fabrikraum war in vier Erlebnisbereiche eingeteilt.

      An vier langen Bars saßen und standen die Gäste dicht gedrängt nebeneinander. Ungewollt hatten sich verschiedene Gruppierungen im Laufe der letzten Monate in der Disco Bar gebildet. Die Szene der Lesben war auf der linken Seite in der Diskothek und die der Schwulen, rechts. Der Mittelteil der Disco, der den größten Platz einnahm, hatte man nicht festgelegt. Dort konnten sich die Gäste aufhalten, ohne direkt angesprochen zu werden. Ein berauschendes erhabenes Glücksgefühl umgab den Discobesucher, wenn er in die Erlebniswelt eintauchte.

      Über der ca. 500 qm großen Tanzfläche waren mehrere Flutstrahler in allen Farben installiert. Im Rhythmus der lauten Musik veränderten sie ihre Einstellungen und Farben. Eine fünfzehn Meter breite Leinwand zeigte über die Aufnahme mehrere Kameras, das Geschehen auf der großen Tanzfläche.

      Zwei fast nackte, gutaussehende junge superschlanke hoch motivierte Gogo-Tänzerinnen in runden eisernen Discokäfigen links und rechts des Discjockeys, heizten die Partystimmung auf der überfüllten, begehrten Tanzfläche unaufhörlich an.

      Das Drogengeschäft boomte in dieser großen, herrlichen Hölle der Versuchung. Wie ein Magnet zog sie den Discobesucher an. Wenn er einmal an dem Stoff der "Bitter-Süßen-Träume" genascht hatte.

      Bei