Simon Lieb

Schienengüterverkehr in der Schweiz


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viel CO2 wird ausgestossen und es wird eine Vielzahl von Rohstoffen wie seltene Erden benötigt. So geht eine Studie67 bei einem 7,5-12 Tonnen schweren Lkw von 102g CO2-Emissionen pro km und einem Energieverbrauch von 34,3kWh pro 100tkm aus. Eine weitere Studie68 geht bei einem Lkw mit einer Nutzlast von 6t von rund 50g CO2-Emissionen pro km allein durch die Batterieherstellung aus, dazu kommen weitere 100g durch die Stromproduktion in der Schweiz. Der Energieverbrauch im Fahrbetrieb beträgt zudem rund 90-100kWh pro 100km. Umgerechnet auf einen Tonnenkilometer bleibt der Energieverbrauch um ein Vielfaches über dem des SGVs, da am Fahrwiderstand nichts geändert wird. Hier ist anzumerken, dass im Praxisbetrieb nie die volle Nutzlast erreicht wird, etwa jede vierte Fahrt eine Leerfahrt ist und das Batteriegewicht die Nutzlast verringert. Weiter würde auch der Flächenverbrauch gegenüber einem konventionellen Lkw gleich bleiben. Das Gleiche gilt auch für weitere alternative Antriebe und Kraftstoffe wie Wasserstoff oder Biotreibstoffe, wo zudem weitere Probleme dazukommen (z.B. grösserer Energieverbrauch oder Konkurrenz mit Nahrungsmittelproduktion).

      In Folge der oben beschriebenen negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt resultieren volkswirtschaftliche Kosten.69 So führt etwa die Emission von Feinstaub zu Gesundheitsschäden und Krankheiten, die wiederum im Spital behandelt werden müssen und zu Produktionsausfällen führen (vgl. Abbildung 17). Diese Kosten werden «extern» genannt, da sie nicht beim Verursacher selbst anfallen, sondern von der Allgemeinheit getragen werden.

Image Abbildung 17: Auswirkungen des Verkehrs70

      Das Bundesamt für Raumentwicklung hat für den Verkehr im Jahr 2016 externe Kosten im Umfang von 13,3 Mrd. Franken berechnet. Der Strassengüterverkehr ist mit 1`960 Mio. Fr. für 15% verantwortlich, der SGV mit 470 Mio. Fr. für 3%. Für den Schwerverkehr entspricht dies 9,9 Rappen pro tkm, wovon 3Rp. durch die LSVA bereits verrechnet werden, im SGV sind es 4,0Rp. pro tkm. Aufgrund der geringen Transportmengen fallen bei Lieferwagen 87 Rp. pro tkm an. Was an dieser Berechnung der externen Kosten problematisch ist, wird in Kapitel 10.1.1 erläutert.

      Bisher wurde der Ist-Zustand, die historische Entwicklung und die negativen Auswirkungen des Güterverkehrs betrachtet. Nun geht es in einem letzten Kapitel vor der Weiterentwicklung darum, welche Güterverkehrsentwicklungen prognostiziert werden. Die Informationen in diesem Kapitel stammen, wenn nicht anders ausgewiesen, vom Synthesebericht, dem Hauptbericht oder der Broschüre der Verkehrsperspektiven 2040 des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE).71

      Die Wirtschaft und in Folge der Güterverkehrsmarkt verändern sich dauernd. Es wird eine Fortsetzung des bei der historischen Entwicklung beschriebenen Güterstruktureffekts hin zu kleineren, leichteren und hochwertigeren Konsumgütern prognostiziert (Zunahme Stückguttransporte).72 In Folge wird die Transportintensität (Verkehrsleistung / BIP)73 weiter abnehmen. Dies ist einerseits auf das überdurchschnittliche Wachstum des Dienstleistungssektors gegenüber der Industrie zurückzuführen. Doch meint Peter Füglistaler: «Ich glaube, die Deindustrialisierung in der Schweiz ist so weit fortgeschritten, dass es wenig Einbrüche geben wird.» Andererseits wird dieser Effekt verstärkt durch zunehmende (nationale und internationale) Arbeitsteilung und individualisierte Herstellung von Produkten erst auf Nachfrage (on demand), was insbesondere aufgrund der zunehmenden digitalen Vernetzung ermöglicht wird. Auch der Online-Handel wird diesen Trend verstärken.

      Als Folge der steigenden Wertdichte und Abhängigkeit der einzelnen Produktionsschritte voneinander werden die Anforderungen an die Transportqualität, insbesondere an die Zuverlässigkeit, tendenziell zunehmen. Aufgrund der kleineren Sendungsgrössen wird die für die Bahn sprechende Bündelung schwieriger, während die Fahrten pro Gut zunehmen.

      Es ist anzumerken, dass Veränderungen in der Produktion etwa durch Digitalisierung oder 3D-Druck sehr schwer vorhersagbar sind. Es wird jedoch nicht davon ausgegangen, dass sich die Nachfrage grundlegend verändern wird, da sich Grundbedürfnisse nach etwa Nahrungsmitteln oder Baumaterialien nicht gross verändern werden.

      Der wichtigste Treiber des Gesamtgüterverkehrs ist das Wirtschaftswachstum, welches in wesentlichen Teilen vom Bevölkerungswachstum abhängig ist. Jedoch hängt die Entwicklung von vielen verschiedenen Faktoren ab, die schwierig abzuschätzen sind (vgl. Abbildung 18). Von 2010 bis 2040 wird im mittleren Szenario des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) eine Bevölkerungszunahme um 28% auf dann über 10 Mio. Einwohner prognostiziert. Im gleichen Zeitraum soll das Bruttoinlandsprodukt um 46% auf 887 Mrd. CHF anwachsen. Der Aussenhandel wird in diesem Szenario überproportional um 88% auf 676 Mrd. CHF anwachsen, was insbesondere für den Import/Export von Bedeutung ist. Je nach Szenario würde die BIP-Entwicklung zwischen +33% und +60% variieren.

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      Nach dem Referenzszenario der Verkehrsperspektiven 2040 des ARE wird die Verkehrsleistung im Güterverkehr bis 2040 um 37% auf 36.6 Mrd. tkm ansteigen, das Aufkommen um 39% auf 574 Mio. Tonnen (vgl. Abbildung 19; inkl. Transitverkehr). Zwar nimmt die Verkehrsleistung auf der Schiene mit 45% gegenüber der Strasse mit 33% stärker zu, doch in absoluten Zahlen ist die Zunahme auf der Strasse grösser. In Folge soll sich der Modalsplit um zwei Prozentpunkte zur Schiene verschieben, sodass deren Anteil neu 38,8% beträgt. Der Marktanteil der Bahn am Aufkommen soll 2040 mit 14% etwa auf dem gleichen Niveau wie heute zu liegen kommen. «Die Überlastung des Strassennetzes [wirkt wahrscheinlich] als grösster positiver Treiber des SGVs. Es ist eigentlich Politik über Staustunden.», meint Peter Füglistaler.

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      Die Binnenverkehrsleistung nimmt nach den Szenarien des ARE mit 42,5% (Aufkommen: +39%) am stärksten zu, der Export mit 18,6% (+35%) und der Import mit 42,5% (+20%). Der Transitverkehr hat ein Plus von 29,8% (+38%). Der Anteil des Binnenverkehrs an der Gesamtverkehrsleistung soll mit 53% vor dem Transit mit 28% am höchsten bleiben.

      In der hohen Sensitivität soll die Verkehrsleistung um 50% steigen, in der tiefen um lediglich 25%. Es wurde ausserdem ein Alternativszenario erstellt, bei dem sich die politischen Rahmenbedingungen etwas zugunsten der Umwelt verändern. Die Veränderungen werden aber als sehr klein prognostiziert: Die Verkehrsleistung soll 0,5% über dem Referenzszenario zu liegen kommen, der Modalsplit würde sich um weniger als einen Prozentpunkt zur Schiene verschieben.

      Eine andere Prognose von 2012 hingegen ging bei einem optimistisch gewählten Verlagerungsfall von einer starken Verschiebung der Marktanteile zur Schiene aus (vgl. Abbildung 20). Der Anteil des SGVs in der Fläche an der Güterverkehrsleistung sollte nach diesem Szenario von 25% im Jahr 2010 auf 38% im Jahr 2030 ansteigen. Im Referenzszenario wird ein Anstieg des Marktanteils auf 27% prognostiziert und die Verkehrsleistung im Güterverkehr in der Fläche soll bis 2030 um 28% auf knapp 23 Mrd. Tonnenkilometer ansteigen.

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      Ein weiteres Szenario77 geht bei einem Weiter-so (nach Stand 2013) von einer Erosion