J.D. David

Sternenglanz


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ihnen weiter in die Höhle hineinzutreten. „Lasst uns erstmal einen Schluck trinken und uns am Feuer wärmen. Dann kannst du mir erzählen, was du hier im Norden machst, Berlan.“

      „Im Norden? Du meinst doch im Süden?“, korrigierte Sivert verwirrt. Doch Ansgar schaute die beiden überrascht an.

      „Ich dachte, ihr hättet euch nahe Dornat versteckt.“

      Berlan schüttelte den Kopf. „Nein. Wie du sagtest: Lass uns zum Feuer gehen. Dann erzähle ich dir die Geschichte in Ruhe.“, antwortete er.

      „So sind wir schließlich aufgebrochen. Nach Kargat zurück. Um hier all jene Kräfte zu aktivieren, die sich nicht dem ‚Frieden‘ des Kaisers unterordnen wollen.“, schloss Berlan seine Erzählung. Das Wort ‚Frieden‘ nutzte er dabei mit einem bitteren Ton. Denn Frieden war es wirklich nicht, was die Truppen der Sonne brachten. Denunziantentum und drakonische Strafen waren die Auswirkungen der 11. Armee. Kein Frieden.

      „Also habe ich es richtig verstanden? Du dienst nicht nur der alten Königin von Kargat, sondern auch der neuen von Valorien? Und willst, dass wir die Herrschaft des Kaisers für die Herrschaft eines Mädchens eintauschen?“

      „Luna ist mehr als ein Mädchen. Sie ist die Erbin St. Gilberts und schaffte es, Valorien vom Kaiser zu befreien. Wenn jemand Kargat befreien kann, dann sie.“, sagte Sivert vehement, wurde aber von seinem Vater mit einer Geste zu Ruhe gemahnt.

      „Ansgar. Du und ich sind Realisten. Als Nachtrudel vermochten wir, ein bisschen Gerechtigkeit herzustellen, als Magnus in Härengar weilte und seine Adeligen so zerstritten wie korrupt und schwach waren. Doch das Kaiserreich ist anders. Seine Herrschaft ist anders. Wir haben es während der Besatzung versucht. Doch du hast gehört, was geschehen ist. In Dornat. Es gibt keine Freiheit für das kargatianische Volk, ohne die Hilfe Valoriens. Valorien hat mächtige Verbündete. Und wenn das Land erst geeint ist wie in Gilberts Tagen, kann es sogar dem mächtigen Kaiserreich widerstehen. Nur so kann das Volk wieder atmen.“

      Ansgar kratzte sich am Kinn, während er nachdachte. Er blickte durch die Höhle, über die schlafenden Männer, und jene, die gerade noch wach waren. „Wenn das Kaiserreich uns hier findet, werden wir alle am Galgen enden. Wer sagt mir, dass nicht das Gleiche passiert, wenn die Valoren hier einmarschieren?“

      Berlan nickte verständnisvoll. Er hatte wie Ansgar auf der anderen Seiten der Obrigkeit gestanden, und bat nun den alten Freund, sich genau dieser wieder unterzuordnen. Nur eben einer anderen Königin.

      „Sie werden euch nichts tun, weil ihr Seite an Seite mit ihnen kämpft. Königin Luna versprach Kargat zu befreien. Nicht für seine Adeligen. Nicht für Königin Hega. Sondern nur für das kargatianische Volk. Sie wird ihr Versprechen halten. Wenn dieser Krieg zu Ende ist, wird sie ihre schützende Hand über das Land halten.“

      „Pfft, über schützende Hände von Adeligen habe ich schon genug gehört.“, sagte Ansgar abfällig, blickte dann aber Berlan ernst an. „Was sollen wir tun?“

      „Im Moment nichts. Lasst euch nicht erwischen. Aber wenn möglich, dann sammle im Frühjahr deine Männer. Bewaffne sie. Bereite sie vor. Und wenn die Banner Valoriens am Horizont erscheinen, dann öffnet ihnen die Tore zur Stadt. Schneidet jedem kaiserlichen Soldaten die Kehle durch. Ich werde der Königin von unseren Verbündeten in Fendheim und ganz Kargat berichten.“

      „Es hört sich so einfach an, wenn du es so sagst…“, sagte Ansgar. „Aber ich war damals in Härengar. Nichts kann die Macht des Kaiserreichs bezwingen, schon gar nicht die Macht dieser Mönche.“

      „Und doch gelang es den Valoren.“, sagte Sivert. „Sie sind mit Elfen verbündet.“

      „Elfen?“, fragte Ansgar verwundert. „Reiten sie auch auf Drachen in die Schlacht? Und zerschmettern ihre Feinde mit Magie? Und die Königin, reitet die auf einem Einhorn?“, witzelte er dann aber sarkastisch und lachte tief.

      „Es ist wahr.“, sagte Berlan ernst und blickte ins Feuer. Ansgar verstummte. Er blickte Berlan fragend an.

      „Du meinst das ernst?“

      „Ja.“

      „Aber wie?“

      „Das wissen wir nicht.“, sagte Sivert. „Aber Königin Luna kehrte an der Seite von Elfen nach Valorien zurück. Sie wurde in ihrem Krieg von zwei Elfenfürsten begleitet, gegen die die Mönche nicht bestehen konnten. Die Elfen… sie befehligen Sturm und das Meer. Es muss unglaublich gewesen sein.“

      Ansgar runzelte die Stirn. Noch immer wollte er diesen Erzählungen nicht ganz glaube. Andererseits war Berlan kein Mann, der mit Lügen prahlte. Zumindest soweit er ihn kannte. Also nickte er.

      „Na gut. Ich werde sehen, was ich tun kann. Ich muss mit den Männern reden, aber am Ende wird für sie jeder Feind des Kaiserreiches ihr Freund sein. Was habt ihr vor? Bleibt ihr in Fendheim?“, fragte er dann Berlan. Doch dieser schüttelte den Kopf.

      „Nein. Fendheim ist nur eine Stadt. Wenn der Sturm auf Kargat beginnt, muss sich jede Stadt erheben. Kargat wird von innen und außen befreit. Die kaiserlichen Soldaten sollen kein Auge mehr zudrücken dürfen. Sie müssen ständig unter der Bedrohung leben. Nur so können wir ihre zahlenmäßige Überlegenheit neutralisieren. Wir ziehen weiter. Nach Wulfricshafen erst. Dann in die Zwillingsstädte. Hoffentlich bis nach Härengar.“, erzählte er ihren weiteren Plan.

      „Gut. Ich kenne einige gute Männer in Lyth Norus und Tengemünde. Lass mich dir ein paar Zeilen mitgeben. Das sollte helfen.“, antwortete Ansgar. „Außerdem: ein paar Tage werdet ihr hier bestimmt verbringen können. Immerhin gibt es noch viele Geschichten zu erzählen, und es ist mehr als unklar, ob wir uns in dieser Welt noch einmal wiedersehen werden.“

      „Das Angebot nehmen wir gerne an.“, sagte Berlan lächelnd. Dann stießen sie mit ihren Krügen an.

      Kapitel 6

      In schnellen Schritten lief Yatane über die Schneedecke hinweg auf den Kamm des Hügels. Sie schirmte ihr Gesicht mit einem Arm vom eisigen Wind ab, der über diesen zog und die Sicht einschränkte. Im Schnee hinterließ sie im Vergleich zu den eher schwerfälligen Menschen kaum Spuren und konnte so auch stets als Vorhut voraus und wieder zurücklaufen, ohne zu erschöpft zu sein.

      Als sie den Blick über das Land warf musste sie schlucken. Vor ihnen breitete sich das Hügelland von Balor aus, mit all den Hügeln, Tälern, Pässen, Flüssen, und kleinen Seen. Es würde ein anstrengender Marsch werden, insbesondere für Luna. Aber viel mehr bedeutete dies, dass sie das eigentliche Kaiserreich hinter sich gelassen hatten und nun das besetzte Kargat erreichten. Jedenfalls das Land, das nun Kargat hieß. Yatane erinnerte sich noch genau an diese Hügel: Einst waren sie genauso Valorien gewesen, wie Elorath, Andtweil, oder Lyth Valor. Sie erinnerte sich, wie sie als kleines Kind einmal mit ihren Eltern nach Süden gereist war. Um genau diese Hügel zu durchstreifen. Doch dies lag viele Jahrhunderte in der Vergangenheit. Dennoch löste es in ihr das Gefühl aus, dass sie befürchtet hatte: Valorien war zugleich schöne, als auch schlimme Erinnerung. Und die Menschen des Reiches…

      „Yatane.“ Die Elfe hörte den Ruf von Arthur und drehte sich um. Sie erkannte, wie der Ritter sich hinter ihr durch den Schnee kämpfte, um sie zu erreichen. Statt hinunter zu rufen drehte sie sich um und lief auf ihn zu.

      „Yatane, wir müssen eine Rast einlegen.“, sagte der Ritter.

      „Aber wir haben bestimmt noch einige Stunden Tageslicht.“, widersprach die Elfe, erkannte aber dann den sorgenvollen Blick Arthurs, der hinunterschaute. Erst jetzt sah auch Yatane, dass Luna deutlich abgeschlagen war, begleitet von Rogard und den beiden verbliebenen Soldaten aus Freital.

      „Es ist, um einiges schwieriger zu wandern, wenn man nicht wie du über den Schnee hinweggleitet.“, mahnte Arthur, der auch schwer atmete. Yatane nickte. Ja. Insbesondere in Lunas Zustand.

      „Ich werde über den Hügelkamm hinweg gehen und schauen, ob es auf der anderen Seite eine Höhle oder einen Unterschlupf gibt. Das Land vor uns sollte uns Wege durch die Täler erlauben, aber der Marsch wird