J.D. David

Sonnenfeuer


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sie realisierte, was passierte, schien sie plötzlich hellwach.

      „Bei Elonas Gnade… wir müssen hier verschwinden.“, sagte sie und stand hektisch auf, um sich ihr Kleid überzuwerfen und den Umhang umzuhängen. Daron erkannte das erste Mal Angst in den Augen der Priesterin. Gestern, sowohl in der Geschichte, als auch danach, war sie stets selbstsicher gewesen. Sie hatte eine Ausstrahlung, als wäre sie durch ihren Glauben so gefestigt, dass ihr nichts in der Welt etwas anhaben konnte. Aber dies schien sich nun zu ändern.

      Auch er sprang auf und warf sich seine Kutte um. Er hatte keine Waffen, um sich und Helena zu verteidigen, aber mit profanen Waffen wäre dieses Vorhaben wohl auch aussichtslos. Er hatte eine stärkere Macht an seiner Seite. Die Macht der Erde selber, die Macht von Laëa.

      „Wer greift uns an? Und wieso?“, fragte Daron die Priesterin, als diese gerade ihren Umhang schloss und die Kapuze überwarf, sodass ihre weiße Robe nicht mehr sichtbar war.

      „Es sind bestimmt Tandorer oder Urben. Sie jagen uns Triaspriester.“

      „Wieso?“

      „Laut ihnen ist der Glauben an die göttliche Trias verboten. In ihren Augen ist nur der König eine Macht und alles andere Lüge. In ihren Augen sollte natürlich auch Herzog Celan der König sein, ein Vorhaben, das vor vielen Jahren scheiterte. Aber das erzähle ich dir später, wenn wir hier raus sind. Lass uns den Hinterausgang nutzen und dann am Flussufer in die Wälder fliehen. Folg mir.“, sagte sie nun wieder sicherer und schob vorsichtig die Tür auf, um nach links und rechts zu schauen.

      „Ich glaube es ist sicher…“, sagte sie gerade, als man plötzlich schwere Stiefel in dem Gastraum hörte.

      „Ihr könnt hier nicht…“, hörte man noch den Ruf des Wirtes, der jedoch jäh erstickte und in das Röcheln eines Sterbenden überging.

      „Verdammt, sie kommen.“, zischte Helena leise und zeigte auf das Fenster am Ende des Flures. „Wir müssen dort durch verschwinden.“

      Daron nickte nur. Er wollte nicht mehr reden. Seine Gedanken waren schon woanders. Es würde zum Kampf kommen, dessen war er sich sicher. Also musste er seine Waffen ziehen. Langsam begann er, die Erde zu spüren. Die Steine, den Sand, den Boden. Es war schwieriger, wenn er nicht direkte Verbindung hatte. Aber wenn sie erst aus dem Gebäude waren, würde er die Mutter Laëa spüren, dessen war er sich sicher. Er bemerkte, wie Helena ihn am Arm packte und zum Fenster zog.

      Der Laden war schnell geöffnet und Daron schwang sich zuerst aus dem Oberschoss nach unten. Es war nicht hoch und so landete er geschmeidig. Sofort merkte er das Gefühl, mit Laëa verbunden zu sein. Doch er musste kurze die Konzentration aufheben, um Helena aufzufangen.

      „Wohin jetzt?“, fragte Daron die Triaspriesterin. Sie waren hinter dem Gasthof zwischen einigen anderen Hütten. Helena zeigte nach Osten.

      „Da lang geht es aus der Stadt. Komm.“, sagte sie und griff ihn erneut am Arm. Die Priesterin war trotz der eher ungünstigen Kleidung schnell auf den Beinen. Jetzt, da sie draußen waren, hörten sie noch mehr die Töne des Kampfes. Obwohl es wohl meistens kaum ein Kampf war, sondern ein gnadenloses Gemetzel. Daron roch auch Rauch, der über dem Dorf aufstieg. Aber Helena fokussierte sich nur auf ein Ziel: nach vorne. Raus aus Eschfurt. Sie konnten den anderen Menschen im Zweifel sowieso nicht helfen.

      Sie liefen, die Schatten der Häuser über ihnen. Am Ende der Gasse schien die Sonne ihnen entgegen und blendete sie. Es war wie das Licht am Ende einer langen Höhle, das Ziel der Hoffnung. Daron spürte, wie ihn seine Beine immer schneller voran brachten und sie dann das Ende der Gasse erreichten.

      Sie hielten kurz inne und Daron musste sich die Hand vor das Gesicht halten, um von der aufgehenden Sonne nicht geblendet zu werden. Doch im nächsten Moment warf etwas ein Schatten auf sein Gesicht. Er blickte auf und erkannte einen Reiter, der sich vor ihnen aufbaute, und so eine weitere Flucht verhinderte. Mit ein bisschen Blinzeln konnte er den Mann näher erkennen.

      Seine Rüstung und Kleidung war von höchster Qualität und edlen Materialien. Er saß aufrecht, geradezu herrschaftlich im Sattel und schaute auf die beiden hinunter. Seine Haare waren zu kurzen Stoppeln geschoren, sodass er fast eine Glatze hatte. Dennoch erkannte man die schwarze Farbe der Haare, die sich auch im feinrasierten Kinnbart wiederspiegelte. Doch am herausragendsten waren die Augen des Mannes, die nur Kälte ausstrahlten. Und Verachtung.

      Helena blieb starr vor Schreck stehen. Sie wollte sich gerade zur Flucht wenden, als drei weitere Reiter sie umzingelten. Sie schnitten den Weg in alle Richtungen ab.

      Daron schloss die Augen und senkte den Kopf. Nun war es also an der Zeit, die Macht Laëas das erste Mal in einem Kampf einzusetzen. Er konzentrierte sich auf die Erde, wurde dann aber von der Stimme des Anführers aus den Gedanken gerissen.

      „Bringt die zu den anderen, den Frauen und Kindern. Wir werden dann über ihr Schicksal entscheiden.“, befahl er den Männern und wandte sich dann selber ab. Daron entspannte sich. Er war sich nicht sicher, ob er alleine alle Reiter besiegen konnte. Aber wenn diese sie nicht sofort umbringen wollten, war es wohl erstmal nicht notwendig. Statt anzugreifen schaute er zu Helena.

      „Es wird alles gut.“, flüsterte er ihr aufmunternd zu und lächelte leicht, bevor sie die Reiter in Richtung des Dorfplatzes trieben.

      Der Anblick des Dorfplatzes war in der Tat erschreckend. Überall lagen Leichen der Männer, die von den tandorischen Soldaten aus den Häusern gezogen worden waren, um sie auf offener Straße abzustechen. Aus allen Ecken von Eschfurt trieben Soldaten, tandorische und urbische, Frauen und Kinder auf den Platz. Daron fragte sich, wieso sie ihn nicht angegriffen hatten. Aber vielleicht lag es an seiner sonderbaren Kleidung.

      Man konnte erkennen, dass die ersten Häuser am Rand des Dorfes in Flammen standen, doch bisher hatte das Feuer die Mitte von Eschfurt noch nicht erreicht. Helena und er wurden zu den anderen Menschen getrieben. Viele der Kinder und Frauen weinten, gefangen zwischen Verzweiflung, Trauer und Angst.

      Daron selbst wusste nicht, wie er reagieren sollte. Einerseits hatte er eine Macht unter seiner Kontrolle, die jedes Schwert überwog. Aber es waren viele Feinde. Sehr viele. Und es war klar, dass er nicht alle besiegen könnte. Wenn er nun vortrat, um Laëa anzubeten, würde er wohl schnell einen Pfeil im Leib haben. Vielleicht schneller, als er überhaupt die Kraft der Mutter herbeirufen konnte. Andererseits wirkte die Situation mehr als ausweglos. Auch Helena an seiner Seite schien unsicher, was sie tun konnte. Die Antwort war wohl recht einfach: gar nichts.

      „Ihr habt alle gegen das Gesetz verstoßen, das die Anbetung der falschen Götzen der Trias verbietet.“, hörte Daron die Stimme eines Mannes, der sein Pferd vor die Bewohner von Eschfurt führte. Er war schmal, geradezu schmächtig, und hatte doch die kalte Ausstrahlung eines Adeligen. „Dafür verdient ihr nur den Tod.“, sagte er kalt, während auch der Adelige, den sie vorher gesehen hatten, angeritten kam. Sein Blick musterte die Menschen, die nun noch mehr vor Angst zitterten.

      Daron erkannte, wie der schmale Mann nach vorne ritt und auf ihn zeigte. „Du, bist du ein Priester der Trias?“, fragte er harsch. Der Novize schüttelte den Kopf.

      „Nein, mein Herr, ich bin nur ein Reisender aus einem fremden Land. Ich kenne eure Religionen und Gesetze nicht.“, antwortete Daron fast wahrheitsgemäß. Der Adelige nickte und ließ seinen Blick weiter schweifen.

      „Golbert.“, sagte Lumos und blickte zu dem Freiherrn. „Es reicht. Die Männer können ihren Spaß haben, danach schneidet allen die Kehlen durch und brennt die Häuser nieder.“

      Daron hörte die Schreie der Frauen, vor Angst. Er selbst blieb ruhig, was ihn fast selbst beeindruckte. Es gab nun keinen anderen Weg mehr. Selbst wenn er dabei umkommen sollte, nun galt es sich zu verteidigen. Er schloss die Augen und begann zu summen. Es fühlte sich an, als würde er mit dem Boden verschmelzen. Ein Teil der Steine werden. Ein erstes leichtes Beben durchzuckte die Erde, doch kaum einer der Anwesenden spürte es. Nur die Pferde begannen nervös zu werden.

      „Lumos!“, hörte Daron den lauten und wütenden Ruf eines Mannes. Er hielt kurz inne und schaute auf. Eine weitere Gruppe von Reitern näherte sich schnell dem Dorfplatz, und