Daniela Zörner

Fürstin des Lichts


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warte.“ Mir fiel gerade noch rechtzeitig ein unwiderstehlicher Köder ein. „War die Oper ehrlich Schrecken ohne Ende für dich, darfst du uns zur Revanche in einen Klub deiner Wahl schleppen.“

      Jetzt greinte Jay, aber Schorsch grinste breit und triumphierte schon: „Ihr werdet es nicht bereuen!“

      Eines harmlosen Nachmittags überraschten mich die Sternelben mit ihrer Bitte, abermals einen neuen Pfad zu beschreiten. „Lilia, rede mit Katja. Deine Unterstützung für das Kommissariat greift bei weitem zu kurz. Nur wenn du an ihrer Seite wirkst, können die Gräueltaten der Dämonen zurückgedrängt werden.“

      „Aber wie soll das funktionieren, ohne dass andere Menschen aufmerksam werden?“ Da plärrte mein Alter Ego dazwischen: „Wie lange willst du dich noch feige an deinem Schreibtisch verstecken?“

      Sie sangen gnädig über das kleine Intermezzo hinweg „Du wirst einen Weg finden, Elbentochter.“

      Ich erkannte ihren Plan als das, was er war: ein Akt schierer Verzweiflung. Wir alle standen hilflos einem heraufziehenden Orkan gegenüber – und warteten. „Worauf? Können oder wollen sie es nicht sagen?“

      Selbstverständlich wussten die Sternelben damals um jene besondere, die Zukunft bestimmende Prophezeiung. Und um die daran geknüpfte Frage: Würde das Schicksal sie bewahren oder durchtrennen?

      Ach ja, und außerdem hatten mich die Lichtwesen zum ersten Mal als ‚Elbentochter‘ angesungen. „Wieso das?“ Die Frage ging in dieser aufgewühlten Gemengelage völlig baden. Blöder Fehler!

      Grimmig entschlossen versuchte ich den Balanceakt über das Hochseil zu Katja und ihrer Mannschaft.

      Als mein Plan stand, überredete ich die Kommissarin zu einem freien Tag. „Gib dir einen Ruck, du drehst sonst komplett durch. Außerdem habe ich äußerst Wichtiges mit dir zu besprechen“, drängte ich am Telefon.

      „Schon gut, ich kapituliere, also Samstag.“

      Ein grandioser Brunch erwartete Katja auf der von Duftrosen gesäumten Terrasse.

      „Ah, paradiesisch. Weißt du eigentlich, wie gut du es hast?“ Dabei blickte sie in meine sorgengewölkten Augen. „Entschuldige, Lil, tut mir leid!“

      Mit gespieltem Poltern forderte ich: „Können wir jetzt endlich frühstücken? Die Kalorien müssen schließlich für den Rest der Woche reichen.“

      Unsere Sektgläser klirrten aneinander.

      „Ein Hoch auf den freien Samstag!“ So sehr freute ich mich über ihre Gesellschaft, dass meine Fröhlichkeit sie ansteckte.

      Nach den verspeisten Croissants platzte Katja mit der mir bereits bekannten und eingeplanten Neuigkeit ihrer Beförderung heraus. „Ich kriege das große Büro von Konny mit richtig viel Sonne. Außerdem einen ordentlichen Gehaltssprung, da weiß ich wenigstens, wofür ich mich totschufte.“

      Ich gluckste über den Part, den sie verschwieg.

      „Warum giggerst du so frech?“

      „Och, ich dachte da gerade an eine bestimmte männliche Person, unverheiratet, die jetzt nicht mehr dein Vorgesetzter ist.“

      Katjas Gesicht nahm die Farbe einer reifen Kirsche an. „Woher weißt du das denn schon wieder? Na, ist auch egal, stimmt ja.“ Sie strahlte bis über die Ohren.

      „Ähm, Katja, wenn wir nachher kein Krümelchen mehr in unsere strammen Bäuche quetschen können, dann sollten wir zur Verdauung shoppen gehen.“

      „Wieso? Nö, lieber hier abhängen, ist doch samstags total überlaufen in der City. Das mach mal alleine, dann lege ich mich solange auf eure Riesenwiese in die Sonne.“

      „Ups, der Plan gehört in die Tonne.“ Die Alternative … „Okay, dann veranstalten wir eine Modenschau im Kleiderschrank.“

      Katja hielt sich den Bauch vor Lachen und japste: „Als Stilberaterin tauge ich ebenso viel wie Torwarthände für Ikebana.“

      Ich grinste breit.

      „Sag, was hast du vor?“, fragte sie gespielt drohend.

      „Deinem Traumprinzen Konny ein bisschen den Kopf verdrehen?!“

      Als attraktive Frau, die jedoch stoisch durch Grips statt stylische Klamotten glänzte, machte Katja es der Männerwelt ziemlich schwer. Ihr Noch-Chef war da leider keine Ausnahme.

      Nachdem ein gutes Dutzend kompletter Garnituren mitsamt Schuhen und Taschen für jede nur erdenkliche Gelegenheit in Katjas Wohnung beordert war, sanken wir erschöpft in die beiden Strandkörbe vor der Terrasse. Katja liebte solche Magie inzwischen wie kleine Kinder das weiße Kaninchen aus dem Zaubererhut.

      Nun verkündete sie strahlend: „Wirklich, Lilia, entweder du hast zu viel Geld oder ein zu großes Herz!“

      Mein Gesicht machte auf Unschuldslamm.

      „Okay, beides. Aber ganz ohne Revanche kommst du mir nicht davon. Mir wird schon etwas einfallen, verlass dich drauf.“

      Wir näherten uns dem Brennpunkt des Tages.

      „Tja, ich wüsste da eine Sache.“

      „Was hast du noch ausgebrütet?“

      Ein wenig spannte ich sie auf die Folter, bis Katja mit den Augen rollte.

      „Aber sei vorgewarnt, jetzt kommt ein ziemlich dicker Hammer.“

      „Mensch Mädel, mach hinne, bei mir kribbelt schon alles.“

      Mein Plan verrunzelte ihre Stirn. „Also, wenn ich das richtig verstanden habe, soll ich dich quasi als so eine Art Medium in meine Mannschaft einschleusen. Und damit die Jungs und Mädels halbwegs auf dem Teppich bleiben, wahrheitsgemäß erklären, dass die Infos der letzten Monate von dir stammten?“

      „Mir ist vollkommen klar, dass einige im Team zunächst Hirnverstopfung bekommen werden. Da müssen sie durch. Wir haben keine andere Wahl, Katja.“

      Eindringlich blickte ich in ihre Augen, woraufhin sie sich schüttelte. „Du machst mir eine Gänsehaut. Aber mich belastet schon länger das unheimliche Gefühl, ein kleines Rädchen in einer verflucht miesen Sache zu sein.“

      Die grundlosen Gewaltexzesse mit nie erlebter, unmenschlicher Brutalität und die Steilkurve an Morden wie Selbstmorden entzogen sich jeglicher Erklärungsversuche versierter Kriminologen.

      Weil es keinen Sinn machte, unser Projekt auf die lange Bank zu schieben, legten wir den Termin für unsere Nagelprobe kurzfristig fest. Bereits am Montag würde ich um 9 Uhr zur Teambesprechung im Präsidium erscheinen. Spontaner Lästerkommentar meines Alter Ego: „Die Barbiepuppe als kriminelles Medium, hahaha!“ Ziemlich präzise den Kopf des heiklen Nagels getroffen.

      Der schlichte, dunkelblaue Hosenanzug und die im Nacken geknoteten Haare sollten mich weniger jugendlich wirken lassen. Mit innerer Gelassenheit, hervorgerufen durch sternelbische Gesänge, steuerte ich den Wagen an die Pförtnerloge. Der nette Endfünfziger reichte mir einen von Katja hinterlegten Besucherausweis. Viertel vor 9 Uhr betrat ich den sterilen dreistöckigen Zweckbau aus Beton und stupiden Fensterreihen. Begleitet von neugierigen Augen ging es die Treppe zum ersten Stock hinauf.

      Niemand von ihnen ahnte, dass die Fäden unzähliger Schicksale an mir klebten. Dieser Tag markierte für mich den eigentlichen Beginn der dunklen Zeit.

      Katjas Bürotür stand offen, ihre Nervosität füllte den kompletten Raum aus.

      „Hey, sei du selbst, offen und ehrlich, den Rest übernehme ich.“

      Sie versuchte ein zittriges Lächeln und stöhnte: „Puh, du hast gut reden. Meine Leute sind quasi am Boden der Tatsachen festgenagelt.“

      Ich wusste allzu gut, was sie meinte. Das sphärische Briefing über Katjas Mannschaft am gestrigen