Heike Möller

Wenn Vampire Tango tanzen


Скачать книгу

zu sehen, die Ikonostase mit Heiligen und Fresken mit Themen aus dem Neuen Testament schmückten die Wände und Decken. Gold glänzte in allen Nischen und auf den Insignien, die am Altar und den Säulen angebracht waren. Hier und da war das Symbol der griechisch-orthodoxen Kirche zu sehen: ein zweiköpfiger Adler, über dessen Haupt eine Krone schwebte. In der einen Kralle hielt er ein Schwert, in der anderen einen Reichsapfel, das ganze schwarz auf gelb.

      „Wir haben vor zwei Wochen schon alles mit dem Patriarchen klargemacht“, raunte Helena Hanna zu. Sie standen vor dem Kolymvithra, dem traditionellen Taufgefäß. Das Gefäß war ein dickwandiger Kupferkessel. Der Täufling wird mit gesegnetem Olivenöl und Myrrhe komplett eingerieben und dann in das Gefäß getaucht. Dabei nennt der Nonós oder die Noná, also der Pate oder die Patin den Namen des Kindes. Dieser Name ist dann bindend.

      „Zwei Wochen vor der Hochzeit setzen wir uns dann mit dem Patriarchen und dem evangelischen Pfarrer zusammen und besprechen die Einzelheiten. Es wäre gut, wenn du und Tobi dann auch dabei sein könntet.“

      Hanna nickte. „Kein Problem. Aber du weißt, dass man in Deutschland eigentlich keine Trauzeugen mehr benötigt, oder?“

      Helena grinste etwas. „Weiß ich, aber ich bin doch ziemlich traditionell. Und Jan auch. Wir sind der Meinung, wenn wir schon heiraten, und das nur ein einziges Mal im Leben, dann richtig. Mit allem drum und dran!“

      Hanna verstand ihre Freundin. Sie beobachtete, wie Tobias Kerner Lyssa umher führte und ihr die Fresken an den Wänden geduldig erklärte.

      „Kann es sein, dass ich mich in Tobias getäuscht habe?“, fragte sie unvermittelt.

      Überrascht sah Helena ihre Freundin an. „Natürlich! Tobi ist wirklich ein guter Freund und sehr nett. Du trägst ihm doch nicht wirklich die Sache in der Diskothek nach, oder?“

      Hanna verzog ihr Gesicht. „Ein wenig.“

      „Als ich … krank wurde, hat Tobi viel für mich getan. Wie auch viele andere, die du noch kennen lernen wirst.“

      Beschämt sah Hanna ihrer Freundin in die Augen. „Als ich hörte, was mit Onkel Dim passiert war, wollte ich dich besuchen, dich trösten. Aber Táwo sagte nur, dass dein Gesund­heitszustand es nicht zulassen würde, mich oder irgendjemand anderen zu sehen. Es tut mir Leid, dass Dimítrios durch einen Autounfall gestorben ist.“

      Helenas Augen blitzten kurz auf, ihre Miene verhärtete sich. „Ist schon in Ordnung, Hanna. Das Leben geht weiter, auch ohne Onkel Dim.“

      Hanna runzelte die Stirn. „Aber du hast ihm immer sehr nahe gestanden.“

      Helena schloss die Augen, die Wangenmuskeln zuckten unrhythmisch. „Hanna, ich würde dir sehr gern alles erzählen, aber ich kann nicht. Glaube mir, ich bin über den Tod meines Onkels hinweg. Und ich möchte nicht mehr an ihn denken, in Ordnung?“

      Hanna war beinahe schockiert. Sie nahm sich vor, Helena irgendwann einmal deswegen zur Rede zu stellen, aber sie spürte, dass jetzt ein ungünstiger Moment war. Also schwieg sie.

      Monika betrachtete den jungen Mann, mit dem sie sich angeregt unterhielt, unverhohlen. Jannik Cerný gefiel ihr, nicht unbedingt als Mann nach ihrem Geschmack, sondern als Bräutigam von Helena. Schließlich kannte sie Helena Kapodistrias seit deren Kindheit. Oft hatte das griechischstämmige Mädchen mit Hanna zusammen in ihrer Küche zu Mittag gegessen, Hausaufgaben gemacht, gespielt und gelacht.

      „Und Sie sind wirklich auf einer Burg aufgewachsen?“

      Jannik nickte. „Mein Cousin Adolar hat jetzt den Grafentitel, aber das ist okay. Ich habe mir hier in Berlin eine neue Heimat geschaffen. Wenn ich will, kann ich jederzeit auf die Burg. Helena und ich werden dort unsere Flitterwochen verbringen.“

      „Das ist ziemlich romantisch, Herr Cerný.“

      Jan wurde doch tatsächlich leicht rot. „Danke. Aber es würde mich freuen, wenn Sie mich Jan oder Jannik nennen würden.“

      „Dann bestehe ich auf Monika.“ Sie rieb ihm sanft über den Oberarm in einer sehr mütterlichen Geste.

      Jan sah kurz zu seiner Verlobten und deren Freundin. „Helena bedeutet die Freundschaft mit Hanna wirklich unglaublich viel, Monika. Es tat ihr weh, die drei Monate nicht mit ihr in Kontakt treten zu können.“

      „Dabei hätte Hanna sich gern um Helena gekümmert. Sie hat sich große Sorgen gemacht. Am liebsten hätte sie Stavros gezwungen, ihr zu sagen, wo sich Lena befindet und wollte zu ihrer Rettung schreiten.“

      Jan grinste und sein Engelsgesicht bekam etwas Spitzbübisches. „Ja, das glaube ich gern. Hanna ist eine Frau, die mir sehr selbstbewusst und energisch vorkommt.“

      „Stur, spitzzüngig und nachtragend“, ergänzte Monika, grinste aber dabei.

      „Wir sollten jetzt zum See fahren!“, schlug Helena vor und winkte den Männern zu.

      Kapitel 3: „Hat dir die Krankheit den Brägen püriert?“

      Das Restaurant lag in der Nähe des Großen Wannsee direkt am Havelufer. Es gab zwei Bootanlegeplätze und ein kleines Bootshaus. Wenn man wollte, konnte man sich entweder ein Ruderboot oder ein Tretboot mieten.

      Vom Wasser gingen steinerne Stufen zu dem Restaurant hinauf, das eine riesige Terrasse hatte. Markisen, die je nach Wetterlage ein- oder ausgefahren werden konnten, leuchtete in gelb und weiß. Überall standen Blumenkübel und –kästen, deren Pflanzen und Blumen sehr gepflegt wirkten. Vor der Terrasse gab es noch eine große, freie und gepflegte Rasenfläche, die allerdings etwas uneben erschien.

      „Was meinst du, Tobi? Kann man hier ein transportables Tanzparkett auslegen?“ Jan hatte sich hingehockt und strich mit seiner Hand über den Rasen. Tobias hockte sich neben seinen Freund, strich über den Rasen, nahm etwas Erde in seine Hände und begutachtete die Ebenmäßigkeit der Fläche.

      „Man müsste ein Gitter legen, das ausbalanciert werden sollte. Dann kann man darauf den Steckparkett legen. Alles in dem Erdboden verankern und es hält.“

      „Könntest du dich darum kümmern, mein Trauzeuge?“ Jan grinste seinen Freund entwaffnend an.

      „Wusste ich doch, dass die Trauzeugennummer in Arbeit ausartet.“ Tobias grinste zurück. „Klar doch. Aber wie ich euch beide kenne, gibt es noch mehr, was ich und auch Hanna tun sollen, stimmt´s?“

      Jan kratzte sich verlegen am Hinterkopf, sah seine Verlobte Hilfe suchend an. „Na ja, da gibt es schon noch ein paar Punkte.“

      „Monika, könnten wir uns demnächst zusammensetzen und über die Blumenarrangements reden?“ Helena sah die ältere Frau bittend an. „Ich meine, du bist Floristin und hast immer so einen tollen Geschmack und so.“

      Monika lachte laut los. „Aber ja doch. Du musst mir nur definitiv sagen, welche Blumen oder Pflanzen auf gar keinen Fall dabei sein dürfen und welche auf jeden Fall dabei sein müssen. Und über die Farben müssen wir uns Gedanken machen.“

      „Und ich?“ Hanna sah ihre Freundin leicht misstrauisch an.

      „Also, wir brauchen Hilfe bei der Sitzplatzbelegung. Und da ist dein Organisationstalent dringend gefragt. Außerdem musst du mit mir mein Brautkleid aussuchen gehen. Und wir beide müssen dein Kleid als Trauzeugin aussuchen, in Ordnung?“

      „Gern. Hast du schon ein paar Brautgeschäfte ausfindig gemacht, die in Betracht kommen würden?“

      Helena schüttelte den Kopf.

      „Ich habe einige Adressen.“

      Alle sahen erstaunt zu Tobias. Er lächelte verlegen.

      „Na ja. Einige meiner Angestellten haben in den letzten zwei Jahren eine Art Hochzeitsmarathon aufgestellt. Die kann ich fragen, welches Geschäft sie empfehlen. Außerdem kenne ich selbst zwei Geschäfte, wo wir bei Turnieren und Auftritten fündig werden. Vielleicht hilft das auch.“

      Helena