Axel P. Müller

Rachegold


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Alte erhob drohend seine sonore Stimme: „Was zum Teufel hast Du in Köln gemacht?“

      „Wieso, was soll ich schon Großartiges gemacht haben? Das Übliche, was ich immer da mache. Geschäfte abgewickelt, genau wie Du das wolltest.“ Dabei blickte er hilfesuchend in Richtung Becherovka, wenigstens das liebte der Alte.

      Der Patriarch zeigte am ausgestreckten Arm mit dem Zeigefinger auf ihn, eine Geste, die Jáchim schon als Kind gefürchtet hatte. „Erzähle genau, was Du alles gemacht hast. Lasse nichts aus und belüge mich nicht. Ich habe bereits Kenntnis von einigen Vorgängen in Köln. Falls Du mich belügen solltest, fliegst Du für alle Zeiten aus diesem Tempel und kannst Dir einen Job als Müllmann suchen, falls Du Dich wenigstens dazu eignen solltest, was ich bezweifele.“

      Der Junior begann zögerlich und stammelnd, sein Kopf war bis auf die halblangen dunklen Haare mit Mittelscheitel rot angelaufen. War es Aufregung oder Schuldbewusstsein? „Ich habe mich, genau wie Du wolltest, mit Stádnik getroffen und die Lieferung übergeben. Dann hat er behauptet, die Marktlage hierfür sei äußerst schlecht und der Marktpreis sei erheblich gesunken. Er wollte nicht mehr den bisher üblichen Preis bezahlen. Ich habe vehement protestiert, aber er zeigte mir die kalte Schulter, er ließ sich nicht erweichen. Ich habe damit gedroht, die Geschäftsbeziehungen abzubrechen, aber er blieb stur. Er meinte ich könne getrost versuchen, bei einem anderen Händler mehr aus der Lieferung herauszuschlagen. Schließlich habe ich zähneknirschend den angebotenen Preis, den er auf mein Drängen hin noch etwas nach oben korrigiert hatte, akzeptiert. Ich hätte nicht gewusst, an wen ich mich ansonsten hätte wenden können. Der Aufbau neuer Vertriebswege lässt sich nicht innerhalb kürzester Zeit bewerkstelligen. Dann habe ich das Geld genommen und bin zu unseren Banken gegangen, habe die Scheine auf die verschiedenen Konten eingezahlt und die Überweisungen für die Teilbeträge auf wieder andere Konten veranlasst, genauso wie immer. Das war´s, was war denn daran so schlimm? Ich befand mich in einer Zwangslage. Stádnik hatte mir noch gesagt, er wolle Dich anrufen und die Preise neu verhandeln.“

      Der Alte schwieg und sah nur starr in die Richtung seines Sohnes und dachte nach, nippte an seinem Tumbler und schüttelte den Kopf: „Das meine ich nicht. Das mit dem Verhandeln kriege ich schon geregelt, auf ein paar tausend Euro kommt es mir dabei nicht an. Ich will wissen, was Du in Deiner Freizeit gemacht hast. Und denk daran, ich betrachte Weglassung als Lüge.“

      „Na ja, hinterher, als ich alles erledigt hatte, bin ich eine halbe Stunde spazieren gegangen, die Kölner Innenstadt hat immer was zu bieten, in einer Bar habe ich dann ein paar Glas getrunken und dann, ab ins Bett.“

      „Was und wieviel hattest Du getrunken? Und in wessen Bett bist Du gelandet?“

      „Ist das hier ein Verhör, oder was?“

      „Wenn Du so willst, dann ist es ein Verhör, ich will die Wahrheit herausfinden. Also rede!“

      „Och, der Abend plätscherte so dahin. Ich habe nicht viel getrunken, vielleicht fünf oder sechs Whisky und ein paar Glas Bier.“

      „Wie ich Dich kenne, waren das doppelte Whisky gewesen und gegessen hattest Du auch noch nichts.“

      „Nur ein bisschen Fingerfood und ein paar Erdnüsse, was so in den Hotelbars zur Happy Hour angeboten wird. Ich war nicht hungrig, ich hatte ausgiebig gefrühstückt.“

      „Der Patriarch stützte die Ellenbogen auf den Tisch und beugte sich angriffslustig vor. „Ich verliere langsam die Geduld, ich habe Dich gebeten, mir alles zu berichten und zwar lückenlos. Du hast auch meine Frage nicht beantwortet, in wessen Bett Du geschlafen hast und mit wem.“

      Der Junior war jetzt denn doch nervös, er wusste genau wie wild sein Vater werden konnte, er neigte stark zu jähzornigen Attacken, diese Ausfälle taten ihm oft hinterher leid, aber dann war es meist zu spät. Während dieses Jähzorns wusste er oft nicht, was er tat oder besser nicht tun sollte. Ihm war absolut klar, dass es jetzt auf jede Kleinigkeit in seinem Bericht ankam. „Ich bin ja manchmal zu dieser Ludmila gegangen, Du erinnerst Dich, sie nennt sich Yvonne, aber diesmal hatte ich eher Lust auf die Freundin von ihr, eine Chantal, die war aber nicht verfügbar, also bin ich an den PC in der Hotellobby gegangen und habe im Internet nach einem blonden Mädchen gesucht. Alles nicht mein Geschmack oder nicht verfügbar. Also habe ich doch Ludmila wieder angesteuert, um ein bisschen Spaß zu haben. Da wusste ich zumindest, was auf mich zukam.“

      „Und die war verfügbar, wie Du es ausdrückst?“

      „Ja, allerdings, ich hatte sie bereits von hier aus gebucht, sonst wäre sie wahrscheinlich auch nicht frei gewesen. Ich hätte immer noch unter einem Vorwand absagen können. In Köln war eine Lebensmittelmesse, alle Hotels waren belegt und die Mädels beschäftigt, es war selbst schwierig, einen Tisch in einem besseren Restaurant zu reservieren. Die Jungs aus dieser Branche scheinen ziemlich hungrig und potent zu sein.“

      „Bleib bitte sachlich. Du warst also grundsätzlich bereit gewesen, zwei Damen gleichzeitig zu bezahlen? Na, mir soll es gleich sein, wo Du dein Geld verplemperst. Erzähle weiter.“

      „Ja also, dann bin ich zu Ludmila gefahren und habe die Nacht bei ihr verbracht. Ich habe auch nicht bereut, dass keine Blondine verfügbar war, bei der Klasse der Dame. Aber das war auch schon alles, ich schwöre. Am nächsten Tag habe ich mich dann in mein Auto gesetzt und bin zurückgereist.“

      „Was habt ihr denn besprochen, ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr die ganze Nacht im Bett aktiv wart. Jetzt soll alles auf den Tisch. Ich will alles wissen. Ich will wissen was und wieviel ihr getrunken habt, wie oft ihr gebumst habt, wieviel Du ihr bezahlt hast und nicht zuletzt, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, ich will wissen, was Du ihr erzählt hast.“

      Wieder stockte der Junior, es war offensichtlich, dass er etwas zu verbergen hatte. Er pflückte einige imaginäre Flusen von seinem Ärmel. „Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Also sie ist eine phantastische Professionelle, sie hat mich drei Mal zum Orgasmus gebracht, obwohl ich schon was getrunken hatte. Wir haben zwei Flaschen Champagner getrunken und bezahlt habe ich das Übliche, tausend Euro, sie war es aber auch wert. Alles war sauber, wie immer und es ging alles in allem sehr gesittet zu. So, jetzt kennst Du alle Details. Bist Du jetzt zufrieden? Mir ist immer noch nicht klar, was das Verhör bringen soll, willst Du auch mal bei ihr buchen?“

      Der Alte lachte kurz und trocken auf. „Aus dem Alter bin ich heraus. Nebenbei, bei einem Besuch im Bordell von gesitteten Zuständen zu sprechen, ist ja wohl ein Witz. Das zeigt mir nur, dass Du die Relation zum normalen Leben verloren hast. Wie oft habe ich Dir schon vorgebetet, Du sollst Dir eine nette Frau suchen und ein anständiges Leben führen, aber auf mich hörst Du ja nie. Und jetzt letztmalig, w a s

      h a b t I h r b e s p r o c h e n? Als Ihr das französische Blubberwasser getrunken habt, hast Du doch garantiert nicht nur auf ihre Titten gestarrt. Was hast Du über uns und unser Unternehmen erzählt?“

      Auf der Stirn Jáchims war eine Ader dick geschwollen, sein Kopf war wieder rot angelaufen, feine Schweißperlen sammelten sich zu feinen Bächen. Er kramte umständlich ein Papiertaschentuch aus seiner Jeans und tupfte seine Stirn trocken. Ihm war mittlerweile völlig klar, was sein Vater wollte, nun überlegte er krampfhaft, wie er sein Gerede in Köln in einem möglichst unverfänglichen Licht darstellen konnte. Irgendetwas hielt der Alte in der Hinterhand, was er ihm nach einem Geständnis um die Ohren knallen würde. „Sie hat mich gefragt, was ich so beruflich mache, und da habe ich ihr gesagt, ich sei in der Finanzbranche ein Bote für besondere Fälle. Sie wollte dann mehr wissen und bohrte weiter. Ich habe ihr dann nur noch gesagt, dass ich aus Teplice stamme und wir dieses Haus hier

      besitzen. Mehr habe ich ihr nicht gesagt.“

      Der Patriarch knallte zum wiederholten Mal die flache Hand auf den Schreibtisch, so dass sein mittlerweile leerer Tumbler hochkatapultiert wurde. „Verdammt nochmal, ich habe Dir gesagt, Du sollst nicht lügen. Du hast doch garantiert mehr gesagt. Die junge Frau hat mich nämlich angerufen und sie kannte etliche Einzelheiten über dieses Haus und das Geheimnis, das es birgt. Sie hatte derart viel Insiderwissen, dass das Geheimnis jetzt keins mehr ist. Und Du willst nichts gesagt haben? Das glaube ich Dir nie und nimmer, ich lasse mich von Dir nicht für dumm verkaufen!“

      Erschrocken