der Tür und diesmal deutlich energischer. »Bruderherz, steh au-hauf! Es wird Zei-heit!«
»Hhm«, brummte er nur. Ohne weiter auf das Klopfen zu achten, nahm er Anna die Brille wieder ab, die sie sich gerade aufgesetzt hatte, legte sie beiseite, zog Anna noch näher an sich heran und begann, sie ausgiebig zu kosten. Gleichzeitig sendete er seiner Schwester ein knappes Statement.
»Meine Güte, Viktor!«, rief diese von draußen durch die Tür. »Na gut! Aber gleich kommt ihr beiden Liebesverrückten runter, klaro?«
Viktor unterbrach seine Liebkosungen und Küsse nicht. Er widmete sich ganz Annas wunderbar weicher Haut. Vielleicht hatte er ja in der vorherigen Nacht ein paar Zentimeter davon ausgelassen. Das durfte auf keinen Fall sein.
Die Erinnerung an die vergangene Nacht erregte ihn zutiefst, denn Anna hatte ihm eine Geburtstagsnacht geschenkt, die er nie mehr vergessen würde.
… Um Punkt zwölf hatten er, Anna, Viktoria und Ketu mit edlem Champagner angestoßen und noch ein halbes Stündchen geplaudert. Die Geburtstagsgeschenke sollte es erst am Tage geben. Danach waren sie in ihren Zimmern verschwunden.
Daraufhin überraschte Anna ihn doch noch mit einem Geschenk, und zwar mit einem äußerst erotischen Geschenk. Sie kannte ja seine Vorliebe für schwarze Spitze auf ihrer weißen Haut.
Zunächst war ihm schlechthin die Spucke weggeblieben, dann aber sofort das Wasser im Mund zusammengelaufen, als sie sich ganz langsam vor ihm auszog und ihr atemberaubendes Dessous freigab. Sie hatte den Striptease noch gar nicht richtig vollendet, da war es schon um seine Beherrschung geschehen und er geradezu über sie hergefallen. …
Schuldbewusst strich er nun mit seinen Lippen über ein paar kleine blaue Flecken an Annas Oberarmen.
»Ich hab dir heute Nacht wehgetan«, murmelte er, während er sie weiter mit Fingern und Zunge verwöhnte, lustvoll quälte und dabei beobachtete, wie sie mit halb geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund jedes einzelne Streicheln zu genießen schien.
»Hm?«, hauchte sie abwesend. »Ach das. Nein, das ist nichts. – Oh, mein Gott, Viktor, hör bitte nicht auf.«
»Das hatte ich nicht vor, Kleines.«
Er würde ganz bestimmt nicht aufhören, dachte er. Heute Morgen würde er sich für die vergangene Wahnsinnsnacht bedanken. Langsam, ausgiebig und gründlich.
Während Anna bei der Zartheit seiner Berührungen zischend die Luft einsog, eröffnete sich ihm ihre Seele:
Sie hatte keine andere Wahl. Sie zersprang in tausende kleine spitze Splitter, weil er sie dazu trieb.
Hatte er ihr vielleicht in der Nacht ein paar blaue Flecken durch seinen festen Griff zugefügt, so bekam er nun ihre Fingernägel im Rücken zu spüren, als er sich ohne Hast mit ihr vereinte und sich träge in ihr bewegte.
Sein Herz lief ihm über. Er musste seine Sonne bremsen, während er ihren Blick an seinen fesselte und sie unter ihm erbebte.
Er raunte ihr Liebeschwüre zu, ergötzte sich an ihren geflüsterten Erwiderungen. So trieb er mit ihr auf einem seiner Sonnenstrahlen direkt ins Inferno. Immer schneller, immer heißer, bis sie gemeinsam in der Glut verbrannten.
***
Etwas später als geplant küsste Viktor seine Schwester, die ihm so ähnlich sah, vergnügt mitten auf den Mund. »Ich hab gehört, du hast Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, liebstes Schwesterchen. Wie fühlt man sich denn so mit neunzehn?«
»Ach ja, du hast ja auch Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch auch dir, liebster Bruder. Tja, wahrscheinlich fühle ich mich genauso wie du. Könnte das wohl sein? Und dabei bin ich doch ein paar Minuten älter als du.«
Beide hielten sich gegenseitig ein kleines Päckchen entgegen. Viktor musste genau wie Viktoria lachen, wussten sie doch, was drin war: die Schlüssel zu einem dritten Auto.
… Sie hatten sich dazu entschlossen, sich noch einen weiteren fahrbaren Untersatz anzuschaffen, weil in Viktors Cabrio nur zwei Personen Platz fanden und auch Viktorias Auto für manche gemeinsame Unternehmungen einfach zu klein war. Anfangs hatte es Diskussionen wegen Marke und Modell gegeben, dann hatte Viktoria sich gegen ihn durchgesetzt.
Gestern konnten sie den Wagen endlich abholen. Jetzt stand er in der geräumigen Garage: ein funkelnagelneuer weißer Multivan. …
»Tja«, kommentierte Anna mit ironischem Unterton, als sie das große Geburtstagsgeschenk beäugte. »Geldsorgen habt ihr nun wirklich keine, wenn ihr euch den Luxus eines dritten Autos leisten könnt. Hhm, der ist echt schön und vor allen Dingen praktisch. Da könnten wir auch mal mit mehreren was machen. Cool.«
»Und wenn du deinen Führerschein hast, kannst du dir eins der Autos ausleihen und damit zur Schule fahren.«
Amüsiert beobachtete er, wie sie eine vermeintlich beleidigte Schnute zog.
»Schade, mein Prinz, ich hatte angenommen, dann schenkst du mir ein Eigenes.«
»Wir werden sehen, Süße.«
Sie riss die Augen auf. »Bist du verrückt? Das war doch nur ein Witz! Natürlich wünsche ich mir kein Auto von dir!«
»Ein Witz also, hhm-hhm, wir werden sehen.« Viktor grinste sie frech an. Obgleich bis zu Annas achtzehnten Geburtstag noch einige Tage – naja, mehr als ein halbes Jahr – ins Land gehen sollten, fand er großen Gefallen an der Vorstellung, wie sehr sie sich über ein Auto als Geschenk aufregen würde. »Wir werden sehen«, wiederholte er deshalb zum dritten Mal und küsste sie rasch, damit sie nicht weiter protestieren konnte.
***
Oben im Esszimmer deckte Ketu derweil den Frühstückstisch. Er hatte die neue »Familienkutsche« bereits am Tag zuvor bewundert und nahm sich nun Zeit, um Viktoria ein wenig zu entlasten. Vitus und Loana würden sicher bald kommen. Außerdem waren nach dem Frühstück die Vorkehrungen für das mittägliche Geburtstagsessen zu treffen.
Sie hätten besser im Schloss feiern sollen, überlegte Ketu. Viktoria hätte dann mehr von ihrem Festtag. Sie als Perfektionistin würde bestimmt die ganze Zeit über herumrennen und herumwuseln wollen. Es würde schwer werden, sie davon abzuhalten, doch er wollte es versuchen.
Schließlich hatte er es ja auch sehr erfolgreich geschafft, Viktoria in der Nacht von ihren Grübeleien zu Tischdeko und Sitzordnung