eingefasst in einem zarten Reif. In der Mitte des Sterns war ein recht großer Stein in intensiv blauer Farbe eingelassen. Diese Farbe glich haargenau der von Viktors Augen, erkannte Vitus gerührt.
»Das ist ein stilisierter Elfenstern.« Anna räusperte sich. »Also, in der Menschenwelt denkt man, so etwas sei ein Elfenstern. Der Stein ist ein blauer Turmalin, aber er hat mich an einen Tansanit erinnert. Na ja, den konnte ich mir natürlich nicht leisten. Aber ich hab bei dem Stern sowieso weniger an Edelsteine gedacht, sondern mehr an Viktor, seine Augen und seine Sonne. Ich fand ihn einfach hübsch und …«
»… passend.« Vitus nahm den Anhänger in die Hand, um ihn eingehend zu betrachten. »Er ist wunderschön, Anna. Wirklich wunderschön.«
Ihm war klar, wie tief Anna für ihre Verhältnisse hatte in die Tasche greifen müssen, um Viktor dieses wunderbare Geschenk zu machen. Er sah sie an und freute sich über die Liebe, die in ihren Augen brannte, nur für seinen Sohn.
»Das Buch und das Bild würde ich mir später gerne ansehen.«
Nun wandte er sich Viktoria zu. Natürlich war ihm ihr neuer Schmuck bereits aufgefallen. »Auch dein Geschenk ist wunderschön.« Er bedachte Ketu mit einem undurchschaubaren Blick. »Du scheinst als Wachmann ja sehr gut zu verdienen.« Eine Spur Ironie konnten seine Worte nicht verhehlen.
»Also, Vitus, du bist wirklich manchmal ein roh… nein, hhm, ein grober Klotz. Die Geschenke sind zauberhaft«, sagte Loana, während sie aufstand. »Ich muss mal kurz, nun ja … Ihr wisst schon.« Vitus sah ihr nachdenklich hinterher, als sie in Richtung Gästetoilette verschwand.
Ketus Mundwinkel zuckten. Vitus’ Kommentar hatte ihn wohl belustigt. »Stimmt, mein König, ich bin durchaus zufrieden mit meinem Gehalt. Aber der Schmuck ist tatsächlich ein klein wenig zu kostspielig dafür. Es handelt sich um Erbstücke. Sie gehörten der Mutter meines Vaters. Meine Eltern und ich wollten gerne, dass Viktoria sie bekommt. Ich habe allerdings noch zusätzlich die Rubine einarbeiten lassen.«
Ein knapper Einblick in Ketus Kopf zeigte Vitus, dass sein Wachmann zurzeit nicht in der Lage war, seinen Geist erfolgreich zu verschließen. So wurde ihm zuteil, dass Ketu in den feurigen Rubinen das Feuer in den Augen seiner Freundin sah.
Allerdings konnte nicht nur er Ketus Gedanken problemlos lesen. Auch Sentran nahm sie augenscheinlich wahr, bemerkte Vitus. Und so, wie Ketu jetzt gerade dreinschaute, wusste der wiederum darüber Bescheid, dass sowohl König als auch Wachkollege sein Denken belauschten. Deshalb machte Ketu insbesondere gegenüber Sentran ein bitterböses Gesicht.
»Ich habe deine Gedanken genauso erkennen können wie Sentran und wohl auch die anderen, Ketu«, gab Vitus ihm süffisant grinsend zu bedenken. »Übrigens, wenn du dir Loanas Verlobungsring näher anschaust, dann siehst du, dass ich deine Vorliebe für Rubine und Diamanten auf der Haut einer temperamentvollen Frau durchaus teile. Und jetzt guck nicht mehr so düster. Ich habe im Moment selbst Schwierigkeiten, mich immer völlig zu verschließen. Estra hatte letztens großen Spaß daran, meinen ständig zu weit offengelegten Geist zu durchforsten.« Er begegnete Ketus fragendem Blick mit nun todernstem Gesicht und erklärte: »Das sind die Frauen. Sie machen uns schwach und wir sind vollkommen machtlos dagegen.«
Loana, die gerade zurückkam, schnaubte bei Vitus’ Worten mit Anna und Viktoria um die Wette. Alle drei fingen daraufhin schallend an zu lachen. Es dauerte nicht lange und die Männer, selbst Sentran, fielen in das Gelächter ein.
***
Als es um Punkt zwölf läutete, öffnete Anna den restlichen vier Wachen die Haustür. Sie wusste, dass die Männer die königlichen Tagesgeschäfte den Beratern und rangniedrigeren Wachleuten im Schloss übergeben hatten, um auf Vitus’ Geheiß bei dessen Kindern zu erscheinen. Nun standen sie dort draußen vor der Tür. Allesamt riesengroß, dunkelhaarig, mit beeindruckend muskulösem Körperbau: Voltran, Annam, Timmun und Essem.
Der Blumenstrauß sah in Essems Hand trotz seiner gewaltigen Größe winzig und irgendwie fehl am Platze aus. Auch bei Voltran wirkte das in buntes Papier eingewickelte Päckchen unter seinem Arm völlig deplatziert. Vielleicht lag das an auch der düsteren Kleidung, überlegte Anna.
Die Männer traten ein, begrüßten natürlich zuerst Vitus mit einem Kopfnicken sowie dem obligatorischen »Mein König!« und nickten danach allen anderen zu.
Ketu und Sentran gesellten sich hinzu, ehe Voltran sich an die Zwillinge wandte: »Wir bedanken uns für die Einladung und gratulieren euch beiden ganz herzlich.«
Anna verkniff sich ein Kichern ob der Kürze der »Ansprache«. Voltran überreichte Viktor das Päckchen. Essem gab Viktoria die Blumen. Dankend nahm diese den Strauß an und suchte nach einer Vase, während Viktor wieder einmal ungeduldig am bunten Papier seines Geschenkes riss.
»Die neue Version vom Drachenjäger!« Viktor grinste Ketu an. »Das war bestimmt deine Idee, stimmt’s? Und so uneigennützig. Playstation spielen macht dir ganz schön viel Spaß, nicht wahr?«
Ketu nickte. »Sicher, ich hoffe, du lässt mich mal dran. Es war übrigens eine schwierige Suche nach dem richtigen Spiel, denn in dieser Sache hatten Viktoria und Anna mir nicht helfen können, aber das Internet und Jens.« Er warf Annas Bruder einen dankbaren Blick zu.
»Na, das ist ja schön, dass die Herren nun auch endlich mal erscheinen!«
Alle miteinander drehten sich zu der schrillen Stimme um, die messerscharf aus der Küche zu ihnen herübersauste. Mit hochrotem Kopf und Schweißperlen auf der Stirn stand der Koch Wonu leise vor sich hin schimpfend in der Küchentür.
Seine schwarzen Käferaugen blitzten die Wachmänner böse an, bevor er seine Meckerei fortsetzte: »Los, los, ihr Burschen! Heute stellt ihr mal unter Beweis, dass ihr nicht nur mit euren Muskeln spielen und noch mehr wie euer König essen könnt, sondern dass ihr auch in der Lage seid, den Tisch zu decken und nachher die Speisen aufzutragen. Also, auf geht’s! Hopp, hopp!«
Es gab schon ein drolliges Bild ab, wie der für Elfenverhältnisse ziemlich kleine Wonu die Meute von sechs Riesenelfen hin und her scheuchte, sie noch dazu ständig wie ein Rohrspatz beschimpfte. Die aber ließen das Ganze mit stoischer Ruhe über sich ergehen. Sie halfen dem Koch, so gut sie es mit ihren ungelenken großen Händen eben konnten. Höchstwahrscheinlich wollten die es sich mit dem Koch nicht verscherzen, amüsierte