I. Tame

Mika liebt …


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und Edward bist du gut aufgehoben. Und vielleicht befreit dich das von deiner – verzeih‘ mir – Obsession was Keno betrifft.“

      Mika nimmt einen Schluck von seinem Drink, während er kleine Sandberge mit seinen nackten Füßen gräbt.

      „Ja, vielleicht.“ Na, das kam aber noch ziemlich zaghaft. Das Thema ‚Keno‘ hat er bewusst verdrängt, doch ohne die hammerharte Droge von vorhin kann er das nicht auf Kommando. Wenn Keno wüsste, welche Richtung Mikas Leben gerade nimmt, würde er bestimmt dermaßen ausrasten, dass keine zehn Pferde ihn davon abhalten könnten, Mika an „seinen verdammten Zotteln“ aus diesem „Scheißkasten von Haus“ zu zerren. Ein wehmütiges Grinsen legt sich auf Mika’s Züge, als er Keno in Gedanken fluchen hört.

      Und bevor Mika darüber nachdenkt, flüstert er „Ich gehör‘ immer noch ihm!“

      Jana umarmt ihn spontan und küsst sich zärtlich an seinem Hals entlang.

      „Ich weiß“, flüstert sie zurück. „Ich denke auch noch oft an ihn …“ „trotz George’s Berichten“, denkt sie traurig. „Aber sag‘ Niemandem was davon!“

      Sie sehen sich tief in die Augen und waren sich noch nie so nah wie in diesem Moment.

      Die Weihnachtsfeiertage sind der reinste Horror für Keno. Am 23.12. ist er wieder zuhause. Was für ein Gefühl!! Während er alle Zimmer abschreitet, laufen ihm vor Freude die Tränen über die Wangen. Rosaria hat alles super in Ordnung gehalten. Kein Stäubchen ist zu finden.

      Bei dem Rundgang findet er in seinem riesigen Kleiderschrank ein Sweat-Shirt von Mika. Er hatte es wohl eilig vom Leib gerissen und nur in die Ecke des Schranks geworfen. Typisch für diesen kleinen Wirrkopf!

      Jetzt sitzt Keno in der Fernsehecke, einen fetten Wodka vor sich auf dem Tisch. Immer wieder drückt er sich das Shirt vors Gesicht und inhaliert Mikas Duft. Wie damals John mit seinem Hemd, an diesem kleinen Tümpel – vor Äonen von Jahren.

      Es ist der 24.12. nachmittags und Keno hat seit gestern rein gar nichts erreicht.

      Ralf hat seinen Laden momentan geschlossen; irgendwelche Renovierungen. Per Handy hat er ihn schließlich erreicht; nur um zu erfahren, dass Mika wohl Jana in München besucht. Das war aber auch schon alles an Information.

      Jana geht nicht ans Handy. Ihr hat er mindestens fünfmal auf den AB gesprochen.

      Edwina schippert mit Andy auf so einem Riesendampfer irgendwo in der Südsee herum; ständig ist nur ihr AB zu erreichen.

      Gordana und Nerd sind auch nicht zu Hause. Er war dreimal bei der Wohnung und hat geklingelt.

      Auch bei David öffnete niemand.

      Bei Katrin – Mika’s Mutter – ergaben seine vorsichtigen Nachfragen ebenfalls keine heiße Spur. Sie weiß wohl am allerwenigsten, was ihr Sohn so treibt.

      Und natürlich Mika selber. Immer wieder meldet sich der AB. Es scheint alles hoffnungslos zu sein.

      Keno schlürft betrübt an seinem Drink.

      Mit John hat er heute Mittag kurz gesprochen. Da war es in Texas noch früher Morgen. Er wird seinen Vater wohl abends in seinem Elternhaus treffen. Bei dem Gedanken daran wird Keno ganz anders zumute. John war sehr ruhig; fast stumm. Keno pustet sich bei dem Gedanken an das Gespräch mit seinem Liebsten nervös einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er weiß, was diese Coolness bei John zu bedeuten hat: am besten alle in Deckung gehen. John steht kurz vor der Explosion.

      Einen erneuten Zitteranfall bekämpft Keno mit einem tiefen Schluck aus seinem Glas.

       „Ich muss Mika finden, ich muss einfach!“

      Und dann beschließt er, heute Abend in einigen Kneipen nach David zu suchen. Vielleicht hat er ja Glück?! Schließlich ist Dave Mikas bester Freund. Der sollte doch eigentlich Bescheid wissen, wo der Kleine sich rumtreibt. Viele Leute gehen Heilig Abend in ihrer Stammkneipe feiern. Mal sehen.

      *

      Keno sitzt bereits eine Stunde im ‚Mars‘ herum und hält sich mit aller Gewalt die ziemlich beschwipste Gesellschaft vom Leib. Gerade trinkt er sein Glas leer und beschließt, doch noch ein-zwei andere Kneipen aufzusuchen, als sich die Türe öffnet und David herein kommt. Keno hat sich vorher noch nie so gefreut, David zu sehen. Da ist er sich sicher. Sofort schnellt er hoch und drängelt sich zu ihm durch. Dave reißt erstaunt die Augen auf.

      „Was machst DU denn hier? Ich denke, du bist in Texas?“

      Keno winkt ab. „Bin seit gestern wieder hier. Weißt du, wo Mika ist? In München? Kann das sein?“

      David zieht ein wenig den Kopf zurück und runzelt skeptisch die Stirn.

      „Als du weg warst, hat es dich doch auch nicht interessiert!“

      Keno schließt kurz die Augen und seufzt tief. Hatte er wirklich gedacht, dass es so einfach werden würde?

      „Trinkst du was mit mir?“, fragt er eindringlich. Sein Blick ist so traurig und intensiv, dass David nicht ‚Nein‘ sagen kann.

      „Ja, komm‘, wir setzen uns da drüben in die Ecke.“

      „Danke“, murmelt Keno erleichtert und schlängelt sich hinter David durch die Menge.

      Kaum sitzen sie und haben dem vorbeieilenden Kellner ihre Bestellung zugerufen, als David auch schon loslegt.

      „Ich bin super sauer auf dich!“, poltert er.

      Keno fährt sich nervös mit beiden Händen durch die Haare.

      „Ich weiß“, gibt er kleinlaut zurück.

      „Hast du eine Vorstellung davon, was du Mika mit deinem Nacht-und-Nebel-Trip angetan hast?“ David hebt abwehrend die Hand, als Keno antworten will.

      „Deine Erklärungen sind mir völlig egal. Immer ist irgendwas anderes wichtiger als Mika. Immer gibt es Geheimnisse, Unklarheiten und immer erwartest du, dass er Verständnis und Vertrauen aufbringt. Diesmal war es zu heftig, Keno. Du kannst doch nicht einfach abhauen und dich dann mal eben aus Texas melden. Aus Texas!!! Wer soll das denn nachvollziehen können?!“ David presst die Lippen aufeinander und schüttelt leicht den Kopf.

      „Du nennst ihn immer deinen ‚Kleinen‘, aber er ist erwachsen! Mann, wann kriegst du das endlich mal in deinen Kopf?“

      Ihre Bestellung kommt und beide nehmen gierig einige Schlucke. Nicht nur Kenos Kehle ist trocken. Auch David ist aufgeregt, weil er die Möglichkeit hat, endlich einmal seine Meinung zu sagen.

      „Mika war fertig, völlig aufgelöst. Du hast ihn mitten ins Herz getroffen, du Arsch!“

      Keno räuspert sich. „David, das tut mir alles echt leid und ich werde mich ganz bestimmt ändern. Doch ich muss jetzt unbedingt wissen, wo Mika ist. Ralf meint, er wäre in München. Sagt dir das was?“

      David zieht fragend die Augenbrauen hoch und ignoriert erst einmal Kenos Frage.

      „Was ist denn los? Irgendjemand gestorben?“, lenkt er ab.

      „Bis jetzt noch nicht“, schießt es Keno durch den Kopf, weil er bei der Frage direkt an Johns Konfrontation mit dessen Vater denken muss. Er presst kurz die Lippen aufeinander.

      „Ich kann dir das nicht …“ Doch David unterbricht ihn direkt.

      „Hör auf, Keno! Du mit deinen scheiß Ausflüchten. Verschone mich bitte damit! – Ich weiß nicht genau, wo Mika ist. Er hat sich bei mir nicht gemeldet. Ich bin deswegen auch ein wenig angepisst. Von Gordana weiß ich, dass er sich mit Jana treffen will. Ich denke mal, dass er sie über Weihnachten und Neujahr besucht; aber wo genau? Keine Ahnung!“

      „Ist Gordana