Peter Peppler

Samui und zurück


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Stilllegung, zuletzt sah die Anlage einfach nur noch elend aus. Alles erstrahlte in neuem Glanz und die Anlage hiess jetzt Anantara Resort & Spa. Auf dem Rückweg beobachtete ich die Lichter von Pha Ngan und die der Fischer draussen auf dem Meer, blieb ein paar Minuten versonnen auf der Straße stehen und suchte mir dann schliesslich doch einen Weg zwischen den Palmen, Gestrüpp und angeschwemmtem Treibholz die Böschung hinunter zum Strand. Ich saß im feinen, warmen Sand an der Bophut Beach und dachte nach. Und kam immer wieder zu dem gleichen Schluss, dass die Reise nach Samui eine total bescheuerte Idee war.

      Im Bungalow legte ich mich aufs Bett, schaltete den Fernseher ein, sah mir auf CNN die Nachrichten an, zappte durch die 36 Satellitenkanäle, verweilte bei einigen für ein paar Minuten und drückte um kurz vor elf wieder auf die ‘OFF’-Taste auf der Fernbedienung. Im Badezimmer putzte ich mir die Zähne, zog Jeans und T-Shirt aus, legte mich wieder ins Bett und konnte nicht aufhören, an diese Marie Michalski zu denken. Morgen Mittag bist du wieder glücklich, dachte ich. Als ich mich im Halbschlaf noch einmal im Bett umdrehte, war es halb zwei auf den giftgrün flouresziierenden Uhrzeigern des Weckers.

      Zweiter Tag - Blue Lagoon

       Samstag, 23. Februar

      Es war schon hell draussen, als ich kurz nach sechs aufwachte. Ich war zu faul, aufzustehen und die Kaffeemaschine einzuschalten und döste noch eine halbe Stunde im Bett vor mich hin. Mit der rasch steigenden Sonne wurde es auch im Bungalow entsprechend heiss, ich stand auf, schaltete den großen Padlom, den Deckenlüfter, auf Stufe drei, die Aircondition ebenfalls und endlich die Kaffeemaschine ein, huschte unter die Dusche und machte mich fertig. Maries Pass und die Karte vom Blue Lagoon aus der Stofftasche steckte ich zu meinen Papieren ins Seitenfach der Kameratasche, trank den Rest Kaffee und spülte den Filter der Maschine aus.

      Beim ersten Blick ins grelle Sonnenlicht fiel mir sofort der glitzernde blaue Badeanzug von einem der Mädels am Pool gestern ins Auge, der über dem Verandageländer des gegenüber liegenden Bungalows S3 hing. Als ich meine Tür abschloss und das Verandatreppchen hinunter ging, sah ich Paks Frau Sudah von ihrem Haus her kommen. Sie begrüßte mich, ich nahm ihr die offensichtlich nicht gerade leichte Tasche ab, wir gingen nebeneinander zum Restaurant und unterhielten uns auf Englisch. Zuerst die übliche Konversation: Du warst schon lange nicht mehr hier, wann bist Du angekommen, ach, gestern, wie lange bleibst Du, und so weiter. Und dann natürlich doch die Frage nach Meou. Alles bestens, sagte ich, wir sehen uns oft, sie weiss, dass ich hier bin und ich soll euch grüßen, sie komme im November wieder hierher. Im Restaurant stellte ich ihre Tasche ab und sie bedankte sich höflich mit “Kop kun ka, Pita“.

      Beinahe hätte ich den Briefumschlag vergessen, drehte mich wieder um und fragte: “Sudah, hast du einen großen Briefumschlag für mich?”, und deutete mit beiden Zeigefingern ein entsprechendes Rechteck an. “Sicher“, sagte sie, zog um die Ecke an der Rezeption eine Schublade auf und reichte mir ein braunes Kuvert. Ich bedankte mich und nahm bei der Gelegenheit die Bangkok Post vom Tresen mit.

      An der Bar bestellte ich mir ein Käseomelett und nahm eine Tasse Kaffee gleich mit. Eins der Mädchen vom Pool von gestern, Leo, fiel mir wieder ein, saß allein an einem Tisch am Geländer an der Strandseite und frühstückte, wie ich im Vorübergehen sah, Toast mit Marmelade. Sie lächelte mich an und sagte mit halbvollem Mund “Morgen“. Ich lächelte zurück, “Morgen, und guten Appetit“, schlenderte an ihr vorbei und setzte mich drei Tische weiter mit Blickrichtung zu ihr.

      Langsam blätterte ich durch die Zeitung, Katai brachte mein Omelett, ich bestellte noch einen zweiten Kaffee, drückte meine Zigarette aus und begann zu essen, wobei ich mich weiter mit der Bangkok Post beschäftigte. Gelegentlich blickte ich auf zu Leos Tisch. Sie rauchte und grinste mich unentwegt an. Vertieft in eine Nachricht über einen schweren Busunfall in Kota Kinabalu bemerkte ich gar nicht, dass sie auf einmal an meinem Tisch stand, bis sie mich fragte: “Störe ich?”, und sich anschliessend auf dem Stuhl mir gegenüber niederliess. Eine Tasse Kaffee hatte sie sich mitgebracht. “Bis jetzt noch nicht“, antwortete ich und grinste sie ebenfalls an. “Tja, wenn du nicht zu mir kommst, dann komme ich eben zu Dir. Geht’s dir wieder gut heute? Gestern sahst du echt müde aus,” meinte sie und zündete sich eine Marlboro light an.

      “Alles bestens, habe gut geschlafen und jetzt gut gefrühstückt. Wie geht’s dir nach der Geburtstagsparty?”, fragte ich und nahm mir auch eine Zigarette. “Jetzt geht’s wieder, aber gestern Abend war mir nach fünf doppelten Maekong kurz hintereinander auf einmal saumäßig schlecht, ich bin zum Bungalow gerannt und habe gekotzt wie verrückt. Ich glaube, die Jungs wollten mich regelrecht abfüllen. Eine ganze Flasche Wasser habe ich getrunken innerhalb von fünf Minuten, mich ins Bett gelegt und um elf schon geschlafen“. “Hmm, wie unangenehm. Und jetzt, bist du wieder OK?”. “Ja, klar”, lächelte sie, “sonst wäre ich noch nicht so früh hier”.

      Katai brachte endlich meinen Kaffee und mir fiel ein, was ich sie vorhin schon fragen wollte. “Katai, wer ist ausser dir sonst noch hier von den alten Bekannten?”. “Nur noch Chai mit seiner Frau, aber die sind übers Wochenende bei seinen Eltern in Thong Sala. Nini kommt ab und zu vorbei und hilft uns mit unserem Computer, sie arbeitet immer noch im Poppies. Bihr hat wieder geheiratet und arbeitet jetzt im Green Mango in Chaweng“, informierte sie mich und nahm meinen leeren Teller mit.

      Leo schaute mich neugierig an. “Sag mal, gehörst du hier zur Familie?”. “Nein“, lachte ich, “jedenfalls nicht direkt, warum?”. “Ich habe gestern Nachmittag schon gesehen, wie Pak dich begrüßt hat, jeder hier kennt dich und Thai sprichst du auch, cool. Ich dachte, du bist zum ersten Mal hier“. “Nur, weil Captain Bavaria es in seiner Überheblichkeit so vorausgesetzt hat? Hör mal, wenn er sooo stolz darauf ist, schon zum fünften Mal in Samui zu sein, dann kann ich ihm nicht vor seinen Kumpels erzählen, dass ich schon um einiges öfter hier war, das wäre ausgesprochen unhöflich“.

      Leo wollte es genau wissen. “Wieso, wie oft warst du denn hier?”. “Keine Ahnung, ich habe nicht mitgezählt. Aber du kannst ja mal nachrechnen. Vor zwanzig Jahren habe ich hier die Frau kennen gelernt, mit der ich dann siebzehn Jahre verheiratet war, und wir waren jedes Jahr mindestens zwei Mal hier, also müssen es wohl mit Sicherheit über 40 Mal gewesen sein“. “Wow, du warst mit einer Thailänderin aus Ko Samui verheiratet?”. “Es heisst ‘Thai’ und nicht ‘Thailänderin’“, korrigierte ich sie freundlich. “Man sagt ja auch nicht ‘Deutschländerin’, sondern ‘Deutsche’, oder?”. “Ja, klingt logisch“, sinnierte sie, “also bist du seit drei Jahren geschieden?”. “Genau genommen seit zwei Jahren, davor haben wir schon ein Jahr lang getrennt gelebt”.

      “Ich war auch schon mal hier“, wechselte Leo endlich das Thema, “aber nur für drei Tage, vor zwei Jahren, als Abschluss einer Rundreise. Bangkok, Chiang Mai, Ayudhaya, Hua Hin, alles mit dem Bus, zusammen mit meinem damaligen Freund und noch zwei Bekannten. Jetzt bin ich alleine hier, hatte dringend eine Abwechslung nötig”. Gelangweilt faltete ich die Bangkok Post zusammen, schob sie zur Seite und nahm mir eine Roth-Händle. “Wenn du so oft hier warst, kennst du dich doch super aus. Ich bin allein, du bist allein, wollen wir nicht mal etwas zusammen unternehmen? Du könntest mir doch bestimmt ein paar versteckte Schönheiten der Insel zeigen”, schlug sie zuckersüß lächelnd vor.

      “Ach, Leo, ich bin eigentlich ganz glücklich allein und will erst mal ein paar Tage überhaupt nichts unternehmen. Nachher habe ich noch etwas zu erledigen und fahre mal zwei oder drei Stunden weg, danach will ich einfach nur in Ruhe in den Tag hinein leben, ohne jede Planung, Verabredung, Verpflichtung oder was auch immer“. “Aber essen musst du doch etwas”, sagte sie nach kurzem Überlegen und liess nicht locker. “Was sagst du, wenn ich dich heute Abend zum Essen einlade?”. Irgendwie fühlte ich mich ein wenig in die Enge getrieben, dachte mir aber, warum eigentlich nicht? “Na gut, du hast gewonnen. Oder besser, ich habe gewonnen, eine Einladung zum Abendessen, mal was Neues! Vielen Dank, womit habe ich das verdient?”. Leo schmunzelte hinterhältig. “Verdient hast du’s noch gar nicht, aber du gefällst mir”, machte eine Pause und ihr Schmunzeln wich einem eher fragenden Blick. “Ich bin nicht so ganz dein Typ, stimmt’s?”. “Stimmt,