ich das Thema, “ich muss jetzt los. So gegen zwei oder drei bin ich wieder zurück. Bist du wie gestern am Pool?”. “Am Pool, am Strand, an der Bar oder im Liegestuhl auf meiner Veranda, allzu viele Möglichkeiten gibt es ja nicht.” “Gut, ich habe schon bemerkt, dass du im S3 genau gegenüber von mir wohnst, dann sehe ich dich ja, also, bis später“. Ich nahm meine Tasche, brachte die Zeitung zurück, fingerte den Pass und die Karte aus der Tasche und lehnte mich an die Bartheke. “Katai, kannst du bitte mal im Blue Lagoon anrufen, und fragen, ob sie einen Gast mit dem Namen ‘Dr. Marie Michalski’ aus Deutschland haben”, und zeigte ihr den geöffneten Pass. “Sie hat ihre Tasche verloren und ich habe sie gestern Abend vorne am Tempel gefunden. Falls ja,..“. “Pita“, unterbrach sie mich, “sorry, ich habe jetzt wirklich keine Zeit, Saowan am Empfang macht das für dich“, und rief nach vorne: “Saowan, hilfst du mal Pita?”.
Ich kannte sie nicht, hatte sie gestern bei meiner Ankunft nur kurz begrüßt und trug ihr nun mein Anliegen vor. “Weisst du”, erklärte ich ihr, “wenn ich selbst anrufe, dürfen sie mir als Tourist vermutlich keine Auskunft geben.” “No ploblem“, lächelte sie, rief an, redete, las holprig den Namen aus dem Pass vor, den ich ihr gegeben hatte und nickte mir bejahend zu, während sie ununterbrochen weiter redete. “Sag, ich bringe die Tasche heute Mittag ins Blue Lagoon”, flüsterte ich ihr zu. Endlich legte sie auf und sagte: “Ha, das war Sopah, eine alte Freundin von mir, wir haben mal zusammen im Mondien in Chaweng gearbeitet. Ja, diese Frau ist am Mittwoch angekommen, hat vorgestern ihre Tasche verloren und ist völlig verzweifelt, Sopah sagt ihr sofort Bescheid.”
Ich bedankte mich und war heilfroh, dass Marie tatsächlich dort wohnte, ging zurück zur Bar und fragte Katai, die noch immer mit einem Klemmbrett voller Zettel und einem Taschenrechner beschäftigt war, ob sie mir für zwei, drei Stunden ihren kleinen roten Motorroller leihen würde. “Ich gebe dir zweihundert Baht, OK?”. Sie nickte, reichte mir den Schlüssel und ermahnte mich, vorsichtig zu fahren. “Du weisst ja, wie ich an meinem Isawan hänge! Und komm bis spätestens um drei zurück, dann habe ich Feierabend und muss nach Nathon“. “Na klar, solange wird es nicht dauern, ich fahre gleich los, ganz vorsichtig, danke, Katai”, beruhigte ich sie und beeilte mich, im Bungalow Maries Tasche wieder mit Pass und Karte zu vervollständigen und zusammen mit meiner gestern Abend verfassten Nachricht in dem braunen Kuvert zu verpacken. Auf die Vorderseite kritzelte ich nur ‘Dr. Marie Michalski’.
Um kurz vor elf startete ich Katais Roller auf dem Pool-Parkplatz und nahm die Straße am Airport und Big Buddha vorbei über Ban Rak und Ban Plai Laem, da ich wusste, das Blue Lagoon lag oben im Norden von Chaweng und sparte mir so die Fahrt von Süden her durch die ganze Stadt. Der Roller, irgendein einheimisches Fabrikat mit Honda Motor, machte locker an die 60 Stundenkilometer und wurde selbst in den zum Teil schon recht steilen Bergen kurz vor Chaweng kaum langsamer. Die Hauptstraße, die hinter der abschüssigen, scharfen S-Kurve begann, war mittlerweile offensichtlich erheblich verbreitert und neu betoniert worden, verstopft war sie trotzdem. Ich fuhr durch das breite Portal des Blue Lagoon den Berg hinunter, stellte den Roller auf dem Besucherparkplatz ab, nahm den Umschlag und meine Tasche aus dem Gepäckkorb vor dem Lenker und ging zur Rezeption.
Eine hübsche junge Thai in goldfarbenem Sarong und weisser Bluse stand am Counter und telefonierte. “Kah, kah, kah, kop kun kah,” hörte ich sie noch sagen, dann legte sie auf und kam mit einem freundlichen ‘Sawadee kah’ auf mich zu. “Sawadee krap“, begann ich und reichte ihr den braunen Umschlag, “ich bin Peter, das hier ist die Tasche von Frau Michalski, die ich in Bophut gefunden habe. Würden Sie ihr bitte das Päckchen bringen?”. “Oh, vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind, Marie ist schon ganz aufgeregt, sie wartet in ihrem Bungalow, kommen Sie, ich bringe Sie hin“. “Neinneinnein“, wehrte ich ab, “geben Sie es ihr bitte, und richten Sie Ihr schöne Grüße von mir aus, danke, sawadee krap“. Freundlich winkend drehte ich mich um spazierte zum Roller zurück, winkte noch einmal kurz, während sie vor der Rezeption stand und mir, mit dem Umschlag in der Hand, sprachlos hinterher starrte.
Erleichtert und sauwohl fühlte ich mich, als ich wieder den Berg zur Hauptstraße hinauf fuhr. Oben hielt ich an, warf einen Blick auf meine Uhr in der Tasche und entschloss mich, entgegen meinem Plan, nach der Rückgabe-Aktion sofort wieder zurückzufahren, doch zu einem kurzen Einkaufsbummel in Chaweng. Nach etwa 300 Meter die Main Road hinunter entdeckte ich den Laden, der bisher immer die größte Auswahl an Audio und Video CDs und DVDs gehabt hatte und parkte den Roller zwischen zwei verrosteten und verbeulten Oldtimer Trucks. Ich erreichte die andere Straßenseite unverletzt durch den Stop-and Go-Verkehr in beide Fahrtrichtungen und schlenderte an den riesigen Kisten voller Musik CDs vorbei, die auf dem Bürgersteig standen.
Es war eigentlich weniger ein Laden, sondern eher eine zirka 20 Meter lange Einfahrt zu einem überdachten Hinterhof zwischen zwei vier- oder fünfgeschossigen Geschäftshäusern. Die Seitenwände der Einfahrt waren von vorne bis hinten wie tapeziert mit Video DVDs, davor standen noch Tische mit Bergen davon. Leise stöhnend ging ich Schritt für Schritt an der linken Wand vorbei, fand aber, wonach ich suchte: ‘Piraten der Karibik, Teil 3, und Quentin Tarantinos Deathproof.
Bestens gelaunt flanierte ich ein Stück weiter entlang der Boutiquen, Restaurants und Reisebüros, bis mir in der Auslage eines Straßenhändlers ein T-Shirt ins Auge fiel. Weiss, auf der Brust in einem großen, grünen Kreis die drei mindestens fünfzehn Zentimeter hohen Buchstaben ‘LEO’ in rot, darunter in gelb der Kopf einer Löwin und etwas kleiner der Schriftzug: ‘LEO. Specially brewed beer.’ Die Marke war mir völlig unbekannt, aber ich nahm gleich zwei, handelte damit den Preis von 150 auf 120 Baht pro Shirt herunter und war glücklich, wie ein deutscher Schnäppchenjäger nur sein kann. Ein originelleres Dankeschön für Leos Einladung konnte ich wohl kaum finden. Was für ein Tag, dachte ich, Marie hat ihre Tasche wieder, ich habe meine DVDs, Leo bekommt coole T-Shirts, ich bin zum Dinner eingeladen und unser Zentralgestirn lacht!
Den wild hupenden Autofahrern lächelte ich liebenswürdig zu, als ich lässig die Straße überquerte, um auf der anderen Seite wieder zurück zum Roller zu schlendern. An einem qualmenden Straßengrill roch es so verlockend, dass ich für 60 Baht einen genial gewürzten und höllisch scharfen Hähnchenspiess erstand und ihn im Weitergehen vernaschte. Ich verliess Chaweng in südlicher Richtung, entlang der ewig langen und drei oder vier Meter hohen, grottenhässlichen grauen Betonmauer des Grand Central Beach Resort, vorbei am Poppies und dem ehemaligen Munchies Resort, der jetzt Samui Paradise hiess, aber dadurch auch nicht besser aussah. Auf der Insel-Ringstraße rollerte ich zurück nach Bophut, stellte um kurz vor halb zwei Katais Isawan auf dem Parkplatz ab und brachte ihr den Schlüssel an die Bar. “Kop kun krap, fährt super, dein Rollerchen“, bedankte ich mich bei ihr, griff in meine Hemdtasche und blätterte ihr 300 Baht auf den Tisch. Sie freute sich über die Zugabe und ich war mir sicher, dass ich sie mir ihren Roller gerne noch einmal leihen würde, falls ich ihn brauchte.
Mein Bungalow war sauber und aufgeräumt, die Zimmermädchen längst verschwunden und meine erste Aktion war das Einschalten der Kaffeemaschine. Ich holte mein trockenes Hemd von der Veranda, setzte mich mit Kaffee und Zigarette in den Rattansessel, tagträumte eine Weile vor mich hin, fand aber nicht die Ruhe, die ich zu finden erhofft hatte. Ständig musste ich an diese Marie Michalski denken. Da ich mich heute noch nicht nennenswert bewegt hatte, zog ich mich um, schnappte mir Handtuch und Tasche und marschierte zum Pool. Zwei Liegen unter den Sonnenschirmen waren belegt, der Harley Club war offensichtlich auf Tour, Lena und Tina hatte ich irgendwo in Bophut zugewinkt, als ich mit dem Roller zurückkam, wahrscheinlich saßen sie noch irgendwo beim Lunch und von Leo keine Spur.
Ich schwamm eine Bahn längs durch den Pool, setzte mich ein paar Minuten auf den Beckenrand, liess die Beine im Wasser baumeln und bemühte mich, nicht an Meou zu denken. Aber beharrlich sah ich sie vor mir, wie sie mir ihrer kleinen Taucherbrille aus der Sportartikel-Abteilung des Robinson Department Store an der Sukhumvit Road in Bangkok im Wasser planschte und spritzte und sich freute wie ein Kind.
Gerade sah ich noch einen Schatten auf den Steinplatten neben mir auftauchen, da strampelte ich auch schon im Wasser. Leo hatte sich angeschlichen und mich mit sichtlichem Vergnügen hineingeschubst. Ich prustete und ruderte mit den Armen, schaute zu ihr hoch und fragte: “Na, hast du es dir anders überlegt mit dem