Peter Peppler

Samui und zurück


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wie sie so breitbeinig da stand, wie nackt und blau metallic angemalt.

      “Ich war am Strand und bin im Meer geschwommen”. Sie griff nach ihrer Tasche. “Ich gehe in meinen Bungalow, muss mal zur Toilette. Und meinen Badeanzug auswaschen. Die Verkäuferin in der Boutique hat gesagt, ich muss ihn immer in klarem Wasser ausspülen, wenn ich in Salzwasser war, sonst glitzert er bald nicht mehr so schön”, klärte sie mich auf und stellte sich mit ausgebreiteten Armen in Model-Positur. “Ja, sieht toll aus, steht dir gut“, bestätigte ich, “ich gehe auch gleich in meine Hütte zurück, eine Runde noch, dann bin genug geschwommen. Holst du mich später ab ? So gegen halb sechs?”. Sie hatte es sichtlich eilig, zur Toilette zu kommen und trällerte von der Treppe her nur noch ein “OK, bis nachher“.

      Eigentlich doch ganz nett, das Mädel, dachte ich mir, während ich mich mit ruhigen Armbewegungen auf der Stelle über Wasser hielt, und ziemlich offen und direkt, hörte die vier Harleys auf den Parkplatz röhren und kletterte über die Leiter an der Seite aus dem Pool. Joss kam die Treppe herauf auf mich zu, die anderen drei trabten zu ihrem Hütten. “Hi man“, begrüßte er mich winkend, “warum bist du gestern Abend nicht gekommen? Wir waren bis um drei Uhr morgens bei Franz!”. “Ich war einfach zu müde“, antwortete ich, setzte mich auf meine Liege und wischte mit dem Handtuch ein paar Wasserspritzer von der Sonnenbrille.

      “Übrigens”, fuhr er fort, ”Leo hat mir erzählt, du kommst seit 20 Jahren hierher und warst mit einer Thai verheiratet. Das konnte ich ja nicht ahnen, als ich dich gestern zu ‘ner Inselrundfahrt eingeladen habe, ich habe echt geglaubt, dass du zum ersten Mal hier bist, sorry, wenn ich dir auf die Füße getreten bin”. “Kein Problem”, beruhigte ich ihn. Joss setzte sich auf die nächste Liege und schien einen Moment ernsthaft zu überlegen. “Ehrlich gesagt, ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, mir so eine kleine Thai mit nach Deutschland zu nehmen, hier gibt’s ja traumhafte Pflänzchen“.

      Wir winkten Lena und Tina zu, die gerade am Pool vorbei zu ihrem Bungalow spazierten, vollbepackt mit bunten Papiertaschen. “Hey, wir waren Shopping in Chaweng, wir kommen gleich!”. Joss lachte und erklärte, dass täglich um vier Uhr die ‘Harley Hour’ beginne. “Das geht jetzt schon seit fünf Tagen so. Die ersten zwei Tage war es mehr oder weniger Zufall, dass wir alle so gegen vier hier zusammenhockten und Ecki hatte die Idee, wir könnten uns doch jeden Tag um vier Uhr auf ein Bier hier treffen zur Happy Hour. Und aus der Happy Hour wurde ganz schnell die Harley Hour und ist schon fast ein Ritual“, und, nach einem Blick auf seine Armbanduhr, “ist ja schon fast halb fünf!”.

      “Was? Dann wird es aber Zeit für mich“. Ich war echt überrascht, steckte meine Zigaretten ein und griff mein Handtuch. “Kommst du später zum Essen ins Restaurant? Oder an die Bar?“. fragte Joss, “ich würde mich gerne noch ein bisschen mit dir unterhalten”. “Sorry, heute Abend bin ich ausgebucht, Leo hat mich zum Dinner eingeladen. Morgen hänge ich den ganzen Tag hier irgendwo herum, da können wir reden.” “Das gibt’s doch nicht, Leo lädt dich zum Essen ein? Na, die geht aber ran! Mich lädt sie nicht ein! Gestern Abend habe ich ihr ein paar Maekong spendiert, plötzlich rennt sie weg und kommt nicht mehr wieder”. “Ihr war furchtbar übel, sie verträgt das Zeug nicht“, vertraute ich ihm an, “wir sehen uns morgen, Ciao“.

      Na, vielleicht doch ein ganz patenter Typ, dieser Joss, aber ein Macho allemal, dachte ich auf dem Weg zum S4. Mein Handtuch hängte ich über das Verandageländer, schaltete die Kaffeemaschine und das Laptop ein, stellte mich kurz unter die Dusche und saß um fünf in frischen Klamotten draussen im Rattansessel und rauchte gemütlich eine Roth-Händle. Einen ordentlichen Sonnenbrand im Gesicht und auf den Armen hatte ich mir heute unbemerkt zugelegt. Insgesamt über eine Stunde in der prallen Sonne auf dem Motorroller plus zweieinhalb Stunden im und am Pool, kein Wunder, dass meine Stirn so brannte. Aus dem Badezimmer holte ich meine Après Soleil Lotion und cremte mich noch einmal ein.

      Zwischen zwei hohen Kokospalmen hindurch war der Blick auf Leos Bungalow S3 direkt gegenüber auf der anderen Gartenseite unverstellt. Auf der Wäscheleine unter dem Verandadach von hingen frisch gewaschene Shirts, String-Tangas und der blaue Badeanzug zum Trocknen und die Tür war geöffnet. Etwa eine viertel Stunde beschäftigte ich mit meinem Laptop, schreib ein paar Zeilen und bearbeitete ein paar Fotos von den drei Tagen in Bangkok, insbesondere die von Ben, bis Leo auf einmal neben mir stand und auf das Display schielte. “Na, was machst du?”. “Nichts besonderes, ich checke die Fotos von den vergangenen drei Tagen“.

      Ich klappte ds Laptop zu, ging hinein und stellte den Rechner auf den Schreibtisch. Leo war mir gefolgt, saß an dem kleinen Tisch vor dem Fenster und schaute mir zu, wie ich das Netzteil wieder anschloss. “Was machst du, wenn du nicht gerade in Thailand bist?”. “Ich schlage mich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben”, antwortete ich gelassen. Erstaunt schaute sie mich mit großen Augen an. “Wie, was heisst ‘Gelegenheitsjobs’?”. Leicht schmunzelnd beruhigte ich sie. “Ich arbeite selbstständig als Grafiker, und gelegentlich bekomme ich einen Auftrag für ein Prospekt, ein paar Fotos, eine Homepage oder irgend so etwas, deshalb Gelegenheitsjobs”.

      “Komische Berufsauffasung“, meinte sie kopfschüttelnd und strahlte auf einmal übers ganze Gesicht. “Hey, kann ich mir auf deinem Laptop die Bilder von meiner Digitalkamera ansehen, ist das möglich? Ich habe überall rumgeknipst wie ein Weltmeister, aber erfahrungsgemäß ist die Hälfte davon Schrott, wenn man die Bilder erst mal auf einem großen Monitor sieht. Meine Karte ist schon fast voll und ich habe schon überlegt, mir hier noch eine Zweite zu besorgen. Aber wenn ich alle Fotos, die nichts geworden sind, rausschmeisse, hätte ich ja wieder Speicherplatz“. “Ja, sicher, ein USB-Kabel habe ich”.

      Leo stand auf und ging zum Bett, wo sie beim Hereinkommen achtlos ihre Tasche abgestellt hatte, wollte sie gerade öffnen, als ihr Blick auf die beiden LEO-T-Shirts fiel, die zusammengefaltet mit dem Logo nach oben hinter der Tasche lagen. “Hey, was ist das denn?”, rief sie freudestrahlend, nahm eins und hielt es ausgebreitet vor sich. “Wahnsinn, wo hast du die denn her?”. “Habe ich heute zufällig in Chaweng gefunden und wollte mich damit für deine Einladung bedanken”. “Phantastisch, danke, und auch noch gleich zwei! Oder ist eins für dich?”. “Nein, zwei sind billiger als eins. Gibst du mir mal deine Kamera?”. Sie konnte sich gar nicht von dem Hemdchen trennen, hielt es sich vor die Brust, bewunderte sich im Spiegel und wollte sich nicht beruhigen. “Geil! Auf die werde ich gut aufpassen. Und nur bei besonderen Anlässen tragen”.

      Endlich reichte sie mir ihre kleine Nikon Kamera, ich öffnete ihre Dateien und sie klickte sich durch ihre Fotos, nachdem sie wieder auf dem Stuhl Platz genommen hatte. “Siehst du, was ich meine”, sagte sie und deutete auf den Monitor, “das da ist viel zu dunkel, das zu unscharf, das verwackelt, das auch,...”. und löschte sie. Nach zehn Minuten hatte sie tatsächlich fast die Hälfte der Aufnahmen eliminiert und ihr Kameradisplay zeigte wieder Platz für 226 Fotos.

      “Danke”, seufzte sie erleichtert, “du hast mir sehr geholfen, mit über 200 Bildern müsste ich doch auskommen”. Sie hatte ihre Nikon schon beinahe zurück in die Tasche gesteckt, nahm sie wieder heraus, visierte mich an, drückte auf den Auslöser und der Blitz traf mich völlig unerwartet. Ich blinzelte halb blind und rieb mir die Augen. “Oh, tut mir leid“, sagte sie mitfühlend, und, zufrieden lächelnd “Ach, bin ich froh, dass ich dich heute morgen angequatscht habe. Hat sich doch schon voll gelohnt, oder? Gehen wir jetzt was Essen, und vor allem, wohin?”. “OK, ich bin fertig. Was hältst du vom Chang Noi?”. “Kenne ich nicht, wo ist das?”. “Kennst du, der Happy Elephant vorne an der Straße“. “Ja, natürlich, einverstanden“. Sie hatte schon die Tür geöffnet, drehte sich noch einmal um und rempelte mich an. “Sorry, jetzt hätte ich fast die T-Shirts vergessen! Ich bring sie schnell rüber“.

      Um kurz vor halb sieben verschloss ich den Bungalow, wir gingen nebeneinander geradeaus über den Rasen und, nachdem sie die Shirts in Sicherheit gebracht hatte, auf der anderen Poolseite den Weg hinunter und quer über Straße. Vor dem Chang Noi stand wie gewohnt einer der jungen Thais und wendete die riesigen, in Aluminiumfolie eingewickelten Kartoffeln auf dem Holzkohlegrill. Wir traten in das konsequent im Thai Style gehaltene Restaurant und gingen langsam durch den Innenraum eine Stufe hoch hinaus auf die überdachte Veranda. Ich