Gerd Lange

Radpilgern Extrem


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Utensilien, also die Geldbörse und das Handy mitnehmen muss. Diese Dinge kann ich leider nicht alleine zurücklassen. Daran werde ich mich erst gewöhnen müssen und das gelang zwangsläufig dann ja auch.

      Leider sind noch alle Sachen, wie ich nach dem Duschen feststelle, nass. Das Zelt von innen sowieso, aber auch die ganze Kleidung, die ich mit unter die Dusche genommen hatte, um sie direkt mit zu waschen. Ich hatte ein schönes Stillleben auf meinem Rad am Abend geschaffen. Was ich in der Dunkelheit nicht sehen konnte, stellt sich ungewollt von mir als schön drapiert heraus.

      Bevor es gleich wieder losgeht, erst einmal Tagebuch schreiben.

      Gestern ganze 146,6 km gefahren und dabei 8393 Kalorien verbrannt und um die 8 Liter Flüssigkeit zu mir genommen. Ich möchte spätestens um 8:30 Uhr wieder losfahren und als erstes Mal mindestens zwei Kaffee zu mir nehmen.

      Ich packe also notgedrungen das nasse Zelt in meine wasserdichte Motorradpackrolle, denn bis das Zelt trocken sein wird, ist es Mittag. Das nasse Handtuch und meine ebenfalls noch nassen Klamotten zurre ich unter meine Spanngummis fest und werde sie während der Weiterfahrt trocknen lassen. Am Anfang ist das Verstauen meiner Utensilien noch nicht optimiert. Daran muss ich arbeiten, denn da muss unbedingt System rein. Ich habe ja noch gut vier Wochen Zeit, das zu bewerkstelligen. Ich schaffe es tatsächlich und bin um 8:30 Uhr wieder auf dem Sattel. Leider ist der nette „Campingplatz Mensch“ noch nicht da. Er kommt laut Öffnungszeitenaushang heute erst um 10:00 Uhr, was mir definitiv zu spät ist.

      >> Ich werde dann später von Zuhause die Bankdaten erfragen und den Betrag überweisen. <<, spreche ich zu mir. >> Bitte erinnere mich daran Liebes Tagebuch! <<

      In unmittelbarer Nähe des Campingplatzes gibt es einen Discounter. Erst mal rein und meine Tagesration an Obst gekauft und frisches Trinkwasser dazu. Angrenzend an diesen Laden befindet sich ein Bäcker. Hier gönne ich mir zwei belegte Brötchen und, was ganz wichtig ist, den ersten guten Kaffee. Auch wenn die Atmosphäre des Sitzplatzes nicht die ist, die ich mir gewünscht habe. Ich sitze nämlich fast mitten auf dem Kundenparkplatz vom Discounter. Aber dieser Maschinenkaffee weckt meine Lebensgeister und ich bin jetzt wieder fit. Dann ein weiterer Kaffee und jetzt bin ich bereit für die Weiterfahrt. Ich befinde mich auch direkt auf der richtigen Seite, denn von hier aus geht es dann der Mosel entlang Richtung Trier.

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      Noch einige Blicke der Koblenzer Skyline zugewandt und kurz denke ich an die Skyline von New York. Dort war ich mit Grit und Vincent in diesem Jahr in den Osterferien. Ich erinnere mich an Brooklyn, denn von dort aus hatten wir eine hervorragende Aussicht auf New York. Der neue Freedom Tower dominiert in seiner imposanten Größe und ragt, fast fertig gestellt, über alle Gebäude. Weil es in aller Munde ist, denke ich noch an die Lichtverschmutzung auf dem “Time Square“.

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      >>Was für ein Quantensprung. <<

      Auch wenn hier fundamentale Widersprüche in der Baukunst, der Bauphysik und den geographischen Gegebenheiten den Unterschied zwischen New York und Koblenz machen, aber für mich ist die Diskretion der hiesigen Gebäude das Non plus Ultra.

      Mein kurzes Fazit: „ICH LIEBE DEUTSCHELAND!“

      >> Tschüss Vater Rhein und guten Tag Mosel! <<

      Von jetzt an geht es die Moselweinstraße entlang. Es wird laut Wettervorhersage wieder ein sehr schöner Sommertag werden. Sofort fällt mir Folgendes auf:

      >>Was ist das denn hier für ein drastischer Farbunterschied im Wasser? <<

      Das Bundesamt für Gewässerkunde schreibt dazu:

      „Oftmals sind deutliche Unterschiede in der Färbung des Wassers sichtbar, besonders bei sich ändernden Wasserständen in den beiden Flüssen. Grund für die unterschiedliche Farbe sind die wechselnden Schwebstoffanteile. Die beiden Gütemessstationen der Bundesanstalt für Gewässerkunde an Rhein und Mosel liegen jeweils ca. zwei Kilometer flussaufwärts vom Deutschen Eck entfernt. An den Stationen wird neben anderen Daten die Trübung als Indikator für den Schwebstoffgehalt gemessen.“

      Wenn mir dieser Umstand nicht aufgefallen wäre, hätte ich hierzu keinen Satz geschrieben. Nur da, wo Rhein und Mosel zusammentreffen fällt das besonders auf.

      >> Ok, das ist nun auch geklärt. <<

      Ich hätte mir gerne in Koblenz einen Stempel für mein Pilgerbuch geholt, da aber die Pfarrämter so früh nicht auf sind, beschließe ich, nur noch die Kirchen und Pfarrämter anzufahren, die direkt auf dem Weg liegen.

      In „Güls“ noch einen Kaffee und dann weiter nach „Winningen“.

      Auch hier leichte Erinnerungen an Winningen und dem kurz dahinterliegenden Kobern Gondorf.

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      In beiden Dörfern verbrachte ich mit meinem damaligen Skat-Club ein Wochenende. Das war auch eine schöne Zeit, denn aus Nachbarn wurden Freunde.

      Wie war das denn noch? Bei einem Grillabend der Hausgemeinschaft wurden wir als Neuankömmlinge dazu einbestellt. Das ist die richtige Formulierung, denn der Herbert Wöhrmann hatte eine einfache aber bestimmende Art einen davon zu überzeugen, dass man sich nicht auszugrenzen hat.

      >> Das ist hier eine super Hausgemeinschaft und wir sollen uns bloß nicht einbilden NICHT dazu zugehören! <<, so der Seebär.

      Die Grillorgien fanden vorzugsweise immer bei den „Wöhrmanns“ statt. Sie hatten die Erdgeschoßwohnung und eine Terrasse die 35 Quadratmeter groß war.

      Während der sehr netten feuchtfröhlichen Abende wurde das Thema Bootsurlaub angesprochen. Herbert, Heinz und Jochen schwärmten von ihren Touren durch die Niederlande. Leider ist der Skipper abgesprungen und seitdem haben sie keinen neuen Kapitän gefunden.

      >> Doch habt Ihr, denn ich habe den nötigen Schein, um Boote zu chartern! <<, machte ich klar.

      Da ich jahrelang ein eigenes Bötchen hatte, habe ich eigens, um auf dem Rhein fahren zu können, bei der Sportbootschule Hötzer in Leverkusen-Hitdorf mit meinem Bruder Issak den Binnenschein gemacht. Schön, dass ich diesen Binnenschein mal wieder einsetzten kann.

      >> Das wäre wunderbar, wenn wir wieder auf Bootstour gehen würden. >>, so Herbert.

      Herbert war schon über 60 Jahre und mit seinem Vollbart und seinen 195 cm und ca. 120 Kg ein echter Seebär, der es liebte, auf Bootsreisen zu gehen.

      Da die Frauen Rita, also die Mutter einer meiner besten Freunde „Miki“, Marianne, Tina und meine Frau einen Kartenclub gründeten, waren die Damen bestens versorgt und wir hatten grünes Licht, um Lustiges zu planen.

      Übrigens, über Rita habe ich „Miki“ kennen gelernt und bin wenig später dem Tupperclub beigetreten. Miki der 140 Kg Diätkoch, bei dem Diät und Koch wie FC Bayern und Campino (der Frontmann der Toten Hosen) disharmonieren.

      Oder wenn Barac Obama behauptet, „Wenn ich was von Frau Merkel wissen möchte, dann rufe ich Sie einfach an!“.

      Diese Tupperclub Interessengemeinschaft hat bis heute bestand. Hier werde ich später noch einige Anekdötchen, wie „Schwulio auf Ibiza“ oder „Die müssen ihre Bananen selbst schälen“, zu berichten haben.

      Unsere Bootstouren führten immerzu nach Holland auf dem „Princes Margret Kanal“. Wir waren ausschließlich in der Friesischen Provinz unterwegs in Sneek dem Sneeker Meer in Leeuwarden. Die ausgebauten Schifffahrtsstraßen waren eine wirkliche Augenweide. Nicht nur landschaftlich, denn die Wasserwege führen auch durch dicht besiedelte Wohngebiete und erlauben dem gemeinen Bootsreisenden Einblicke sogar bis auf dem Tellerrand. Eigentlich bin ich der Typ, der so etwas