M.H. Murray

Tod am Lagerhaus


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normalerweise bekommen Sie innerhalb von zwei Tagen Bescheid, ob Ihre Bewerbung angenommen wurde, oder nicht.“

      „Aber?“, fragte sie vorsichtig nach.

      „Aber da übermorgen Samstag ist, machen wir es anders. Sie kommen am Montag wieder hier her, pünktlich um 9.30 Uhr. Dann haben wir noch eine halbe Stunde Zeit.“

      „Was? Wofür?“

      „Um den Vertrag zu unterschreiben und die wichtigsten Dinge zu klären, damit Sie auf die Minute genau um 10.00 Uhr Ihren neuen Job als meine Assistentin antreten können.“

      Sarahs Augen wurden groß.

      „Das heißt, ich habe den Job? Wirklich?“

      Er nickte.

      „Ja, herzlichen Glückwunsch. Ich denke, Sie werden gut zu uns passen.“

      „Danke, vielen Dank!“, rief sie begeistert aus und hatte in diesem Moment vor echter Freude sogar vergessen, dass alles nur ein Undercover-Auftrag war.

      David Graham sah sie erneut fasziniert an und lächelte über ihren Gefühlsausbruch.

      „Nichts zu danken“, entgegnete er und schüttelte ihr die Hand, wobei ein erneuter Stromschlag sich unvermeidlich in Sarahs Nervenbahnen ausbreitete.

      „Es tut mir sehr leid. Ich habe gleich noch einen wichtigen Termin. Ich hätte mich noch sehr gern weiter mit Ihnen unterhalten“, bedauerte er. „Aber ab Montag haben wir ja ausreichend Zeit dazu.“

      Sie nickte zustimmend.

      „Dann auf Wiedersehen, Sarah.“

       „Auf Wiedersehen, Mister … Auf Wiedersehen, David“, verbesserte sie schnell. Er schmunzelte und schaute ihr hinterher, bis sie seinem Blick entschwunden war.

      Kapitel 4

      Als Sarah die Galerie verlassen hatte, ging sie über die Straße, direkt in das kleine Café. Sie setzte sich draußen unter einem Sonnenschirm an einen freien Tisch und bestellte sich einen Espresso. Sie musste jetzt unbedingt etwas Starkes trinken, um ihre Nerven wieder unter Kontrolle zu bekommen. Was genau war dort eigentlich in der Galerie passiert? Noch nie hatte jemand so eine Wirkung auf sie gehabt wie David Graham. Jeder Blick, jede noch so kleine Berührung von ihm hatten ihre Gefühle Achterbahn fahren lassen wie bei einem fünfzehnjährigen Schulmädchen.

      Der Kellner brachte ihr den Espresso. Sarah bedankte sich, nippte vorsichtig daran und widmete sich weiter ihren Gedanken. Vielleicht lag es ja einfach nur daran, dass sie schon zu lange allein war. Sie hatte zwar Roger, aber das war keine wirkliche Beziehung. Sie gingen ein paarmal im Jahr zusammen aus, tranken etwas und verbrachten dann die Nacht miteinander. Es war nett, unkompliziert, bequem und erinnerte sie ab und zu daran, dass sie nicht nur Polizistin, sondern auch eine Frau war.

      Aber das alles konnte nicht annähernd erklären, warum sie so extrem auf ihren Hauptverdächtigen reagiert hatte. Nur die Gedanken an seine dunklen Augen, sein feines Lächeln und die Muskeln, die sich durch den dunklen Stoff seines Hemdes abgezeichnet hatten, erzeugten gerade erneut eine größere Wärme in ihrem Bauch als der dampfend heiße Espresso. Sie musste ihre Empfindungen unbedingt bis Montag in den Griff bekommen. Was würden der Captain und gar Chief Grant davon halten, wenn sie davon erfuhren?

      „Oh verdammt, ich sollte mich ja sofort beim Captain melden“, fiel ihr dabei ein.

      Sie griff in ihre Handtasche, holte das Mobiltelefon heraus und wählte die Nummer, die unter dem Namen „Reinigung“ eingespeichert war. Nach dreimaligem Klingeln war die brummige Stimme von Mancini zu vernehmen.

      „Joe's Reinigung, worum geht es?“

      „Ich bin allein, wir können reden“, informierte sie ihn.

      „Gott sei Dank“, murmelte der Captain erleichtert. „Es gibt schon viel zu viele Schauspieler in dieser Stadt. Also, ich höre.“

      „Ich war in der Galerie und hatte das Vorstellungsgespräch bei Graham. Es lief alles rund. Ich habe den Job. Er hat sofort zugesagt.“

      „Sie haben ihn? Und schon sicher?“

      „Ja, am Montag fange ich an.“

      „Gute Arbeit, Williams“, lobte er sie. „Was brauchen Sie noch alles bis dahin?“

      „Nun ja, die Wohnung und ein Auto wäre ganz gut. Ich habe Graham erzählt, dass meines gerade in der Werkstatt ist. Ach ja und er hat, wie befürchtet, auch etwas von Geschäftsreisen erwähnt, also werde ich auch noch den Pass brauchen.“

      „Okay, dann werde ich denen mal kräftig in den A … Ich meine, den Marsch blasen, damit Sie alles rechtzeitig bekommen. Was ist mit einer Waffe?“

      „Ich habe meine Dienstwaffe. Vielleicht wäre noch eine kleine Pistole hilfreich, die sich gut verstecken lässt. Ach ja und etwas Geld … Ich muss mir etwas zum Anziehen kaufen, nur für den Anfang. Ich kann nicht mit Jeans und T-Shirt in einer Galerie arbeiten und ich habe kaum andere Sachen.“

      „Na schön, aber nicht, dass Sie in Zukunft zu Fuß zum Tatort müssen, weil das Geld für einen neuen Dienstwagen in Ihrem Kleiderschrank hängt.“

      Sarah musste lachen.

      „Ganz sicher nicht, versprochen, Sir.“

      „Noch was?“

      „Nein, ich habe mich heute nur darauf konzentriert, den Job zu bekommen. Alle weiteren Ermittlungen beginne ich dann am Montag.“

      „Das war richtig so. Passen Sie auf! Sie gehen um 15.00 Uhr zur Pazzo Pizzeria am Olympic Boulevard. Ich werde Officer Wilkins dort hin schicken. Er wird Ihnen die Wohnungsschlüssel, die Pistole und das Geld da lassen. Danach können Sie noch alles aus Ihrer eigenen Wohnung holen, was Sie brauchen. Alles andere bekommen Sie nächste Woche. Verstanden?“

      „Alles klar, Sir.“

      „Und sobald es Neuigkeiten gibt, melden Sie sich wieder. Ansonsten sprechen wir uns am Montag nach Ihrem ersten Arbeitstag.“

      „Wird gemacht, Sir.“

      Sie hörte ihn noch etwas Unverständliches brummen und dann hatte er auch schon wieder aufgelegt. Kopfschüttelnd steckte sie das Telefon ein und trank ihren Espresso aus. Sie hatte noch rund zwei Stunden Zeit, bis sie in der Pizzeria sein musste und beschloss, den Weg dorthin zu Fuß zurückzulegen. Vielleicht würde ihr die Bewegung dabei helfen, ihre Gefühle weiter zu entwirren.

      Sarah gab dem Kellner einen Wink, bezahlte ihren Espresso und machte sich dann auf den Weg. Da die Pizzeria keine zwei Stunden Fußweg von dem Café entfernt war, lief Sarah einen Umweg und blieb unterwegs ab und zu vor einigen Schaufenstern stehen. So betrat sie erst wenige Minuten nach 15.00 Uhr die Pazzo Pizzeria und ließ ihren Blick über die zahlreichen Tische schweifen. In ihren Augen leuchtete es kurz auf, als sie Officer Wilkins entdeckte.

      „Hallo“, grüßte sie ihn, als sie ihm gegenüber Platz nahm.

      Der Mann lächelte.

      „Hallo Detective Williams. Ich habe Sie fast nicht erkannt.“

      „Das freut mich“, entgegnete Sarah schmunzelnd. „So sollte es ja auch sein. Und Sie haben etwas für mich?“

      Er nickte und schob ihr eine Tüte zu, in der sie einen Karton erkennen konnte.

      „Danke. Ist alles drin?“

      Bevor Officer Wilkins antworten konnte, wurden sie von einem Kellner unterbrochen.

      „Guten Tag, Signorina. Möchten Sie etwas bestellen?“

      „Oh, ja“, erwiderte sie und stellte fest, dass sie tatsächlich ziemlich hungrig war. „Bringen Sie mir bitte eine Cola light und eine große Pizza mit Mozzarella und Sardellen. Ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.“

      „Sehr gern, Signorina.“

      Der Kellner verschwand eifrig in Richtung