Kathy B.

Tusnelda


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haben Sie dann so einen Haufen Gläser? Champignons dritte Wahl kosten neunundvierzig Cent bei Lidl. Aber die sind eben in der Dose. Draußen stehen gelbe Tonnen. Haben Sie es doch viel einfacher. … Apropos Tonne. Kommen Sie mal bitte mit.“ Treppensteigen war zwar nicht mein Ding. Das fehlte mir dann wieder auf anderer Seite an Kraft. Aber irgendwo musste sie es ja mal raffen.

      „Wir haben doch alle Sorten an Tonnen. Und so schwer dürfte es nun auch nicht sein. … Was ist denn das hier? Gehört das in die blaue Tonne?“ „Ist nicht von mir.“ „Frau Herfurth. Ich weiß, wer hier was isst. Also wir sind es schon mal nicht gewesen.“ „Ileen macht keine Hausordnung.“ Sie sollte nicht ablenken. „Die macht trotzdem keine Treppe. Ich sehe doch nicht ein, dass ich die immer machen muss.“ „Dann müssen Sie es ihr eben sagen.“ „Ist doch Ihre Aufgabe. Müssen Sie eben einen Plan schreiben.“ Ich dachte, ich stehe im Wald. „Wenn Sie nun bei der Wohnungsbaugesellschaft angemietet hätten. Denken Sie, dass die das interessieren würde. Die würden gar nicht fertigwerden, wenn sie für jeden Treppenabsatz in so einen Zehngeschosser einen Reinigungsplan erstellen sollten. Da müssen sich schon die zwei Parteien einigen, die dort wohnen.“ Und was wurde jetzt aus dem Müll? Ich erklärte ihr, dass sie Kinder hätte. Und eine Mutter eigentlich nichts anderes wöllte, als dass die noch bis zu ihrem seligen Ende auf diesem Planeten leben könnten. Aber, wenn wir alle noch eine Weile so weiter machten, würde eher damit Schluss sein. Daraufhin fing sie an, auszusortieren. „Sally hat bestimmt auch noch nie Müll runtergebracht.“, sprach ich. „Wann denn? Sie muss halb sieben in die Schule.“ „Da kann sie ihn doch mit runternehmen.“ Das war vielleicht eine Erzieherin. Hilfe. Ich konnte kaum hingucken. „Frau Herfurth. Ist denn das so schwer? … Das ist Verpackungsmittel. …. Ich schicke Sie vierzehn Tage in die Müllsortierung. Das habe ich schon anderen angeboten.“ „Nein.“ „Na dann. … Das ist Biomüll. Aber nicht im Plastikbeutel. … Sie hatten doch mal einen Garten.“ Jetzt jammerte sie wieder rum. Wie schön es dort gewesen wäre. Und was sie alles gehabt hätten. Dann kam noch der Dicke. Das ging mir derart auf dem Keks. Ich unterbrach sie. „Hätten Sie das in einem Plastikbeutel auf Ihren Kompost getan?“ „Nein.“ „Und wieso dann hier?“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ich kriegte gleich einen zu viel. Das war nämlich alles meine Zeit. Und wenn wir schon einmal so schön dabei waren. „Ich bin hier nicht das Mädchen für alles. Ich schaffe die Tonnen raus, hole sie rein.“ „Ich weiß doch gar nicht, wann welche dran sind.“ „Weil Sie auch keinen Plan kriegen. Den Abfallkalender hatte jeder im Kasten. … Also wir machen hier schon alles Mögliche. Sie können doch wenigstens mal die von draußen mit reinnehmen. Oder brechen Sie sich da einen Zacken aus der Krone?“ „Nein.“ „Na also. … Ich meine, ich mache schon. Aber es wäre auch ganz nett, wenn ein anderer mal bisschen mit dazu tun würde.“ „Ileen macht gar nichts.“ „Mein Vater hat mir ein was beigebracht. Und zwar, dass man sich nicht an Schlechteren orientiert. Sie kommen mal nie zu was.“ Und ich war das jetzt auch leid. „Was ist denn mit den zwanzig Euro für Ihren Umzug?“ Sie sah mich an, als hätte ich ihr irgendwas vom Pferd erzählt. „Na fürs Essen und die Getränke. Und den Stopfer hatte ich Ihnen auch bloß geborgt.“ Im Moment wäre es ganz ungünstig. Aber sie hätte sich das aufgeschrieben, meinte sie. „Frau Herfurth. Wann sind Sie eingezogen?“ „Jaaah. Das wird noch.“ „Wir brauchen auch unser Geld. Oder denken Sie, dass ich so viel Rente kriege?“ „Ihr Mann verdient doch. Ich habe keinen.“ Die Frau hätte man gleich in die Tonne stopfen müssen. „Was denken Sie denn, was er verdient?“ „Woher soll ich denn das wissen?“ „Dann erlauben Sie sich kein Urteil. … Ich habe oben zu tun.“ „Ich auch.“ Das glaubte sie doch selber nicht. „Ich muss Fenster putzen.“, sprach ich. Das sollte eine kleine Gedankenstütze sein. Auf ihre konnte man nämlich Sau schreiben. Na bald sah ich es für eine Weile nicht.

      Gegen Mittag klingelte sie. Das Gerät wäre gekommen, meinte sie. „Was? So schnell.“ „Ob mir das Ihr Mann mal anschließen könnte?“ „Ich frage ihn, wenn er kommt.“ „Und könnte ich bitte das Telefon haben?“ „Von mir aus.“ Sie wusste ja, wo sie es hinzulegen hatte. Und heute sollte sie mich möglichst nicht mehr stören. Ich hatte nämlich noch ein Haufen zu tun. „Fahre doch wieder zu meiner Schulfreundin.“ „Kommt Timmy mit?“ „Rico hat gemeint, dass er das schaffen würde. Außerdem wollte er ihn mit auf Nachtschicht nehmen.“ „Ich bin ja auch noch da.“ „Danke. Aber jetzt möchte ich wirklich.“

      Abends stand sie wie so ein Häufchen Elend vor meiner Tür. „Kann ich Timmy bitte mit hochnehmen?“ „Ich sage mal, ja. … Sollte mein Mann anders entscheiden. Das werden Sie ja merken.

      Rico wunderte sich, weil ihn niemand begrüßte. Also unser Hund nicht. Ich schon. „Ist oben.“, sprach ich. „Vielleicht will ich auch mal was von ihm haben.“ „Dann musst du ihn dir eben holen.“ „Mache ich jetzt auch.“ „Das Gerät ist da.“, rief ich ihm hinterher.

      Er kam ohne Timmy wieder. „Hoi?“ „Na bevor sie wieder einen Depri schiebt.“, entgegnete er. „Und was ist mit dem Gerät?“ Er griff sich an den Kopf. „Vielleicht schließe ich das an. Gehe ich ja in Gewährleistung. Und was ist, wenn es kaputt ist? Darf ich ein neues kaufen oder wie. Da kommt doch einer. Kostet nicht mal was.“ „Hast du ihr das gesagt?“ „Ja. … Hat ihn aber abbestellt.“ Ich schüttelte nur mit dem Kopf. „Und nun?“ „Kann sie bloß anrufen und fragen, ob sie noch mal einen schicken.“ „Die macht aber auch nur Mist.“ „Das habe ich auch gesagt.“ „Na dann gute Luft.“ Es war aber ruhig obendrüber.

      Am nächsten Morgen auch. Gut. Wir waren erst um sieben aufgestanden. Sie konnte auch gerade Gassi sein. Trotzdem machte mich das nervös. Auf einmal klingelte einer. „Wäh. … Wäh, wäh.“ Ich rannte zur Tür. Tusnelda war noch am Treppe hochsteigen und schniefte was zusammen. „Haben wir auch schon mal schneller gesehen.“ Sie hätte es im Kreuz, meinte sie. „Wenn es hinten weh tut, sollte man vorne …“ „Ja, ja. … Ich dachte, er kommt mit hoch.“ „Frau Herfurth. Sie hatten ihn doch schon die ganze Nacht. Und wenn Sie sich nicht betun können, hat es doch auch keinen Sinn. … Hauen Sie sich erst mal in die Wanne. Vielleicht hilft das ja.“ Sie hätte Wäsche zu machen. Dann tat sie eben das.

      Jetzt hätte sie glattweg mal zu Lidl latschen können. Das Tomatenmark war alle. Und ich musste doch noch Bolognese kochen. Mein Mann brauchte schließlich was zu essen, wenn ich nicht da war. „Ach.“ Dann machte ich das erst mal soweit fertig. Liefen wir mittags dort vorbei. Vielleicht fiel mir ja bis dahin noch mehr ein.

      Mein Mann rief von unterwegs aus an und fragte, ob ich was bräuchte. Da konnten wir gleich mal zusammen. Insofern er Zeit hatte. Am Freitag bekamen wir doch Besuch aus der Heimat. „Siehst du.“ Kuchen backen musste ich auch noch.

      Ich wusste wiedermal nicht, wo ich zuerst anfangen sollte. Aber jedes Ding hatte nun mal seine zwei Seiten. So konnte Jana schon bisschen was zu meiner Schulfreundin mitnehmen. Die musste ich überhaupt anrufen und fragen, ob sie Sonntagnachmittag daheim waren.

      Ausgerechnet an dem Tag hatte mein Mann Security Dienst. Von früh bis Nachmittag. Jana und Justin drängelte nichts. „Können wir uns wenigstens verabschieden. … Und noch schön Kaffee trinken.“, meinte sie. Da ich mir vorstellen konnte, dass Rico ausgehungert war, hob ich ihm was vom Mittag auf. Und wollte er lieber Kuchen essen, war es auch okay.

      Halb vier fingen wir mit Kaffee an. Länger wollte ich nicht warten. Die beiden hatten immerhin noch zwei Stunden Fahrt vor sich. Und Justin musste zeitig ins Bett, weil er früh um drei auf Montage fuhr. Wir waren kaum fertig, klingelte Tusnelda. Sie müsste mal telefonieren. Die Station stand im Flur. Ich drückte ihr den Hörer in die Hand. Jeder andere wäre damit verschwunden. Weil er ungestört sein wollte. Sie lief mir hinterher.

      Wahrscheinlich hatte sie gerade mal einen Gedankenblitz, ging zwei Meter zurück und quatschte im Flur. Danach hätte sich eigentlich gehört, dass sie sich bedankt und geht. Stattdessen machte sie es sich in der Küche gemütlich. Vor allem, wie sie auf dem Stuhl saß. Sie konnte nicht dafür, dass ihr der liebe Gott zu viel Testosteron mitgegeben hatte. Aber da zog man kein Minikleid an. Die Beine. Hilfe. Wie bei so einem Affen. Und dann hatte sie eins davon auch noch auf die Verstrebung gestellt. Damit man es auch ja richtig sah. Im Gesicht hatte sie sich auch nicht rasiert. Das war ja so was von