Gery Wolfsjäger

Casmilda's Gewinn durch Verlust


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bei der Erinnerung an die Person, die sie als primitiv und asozial empfand, und dennoch ihre Ex-Freundin verkörperte.

      „Ach so, die meinst du, dieses Drogenwrack. Sie heißt Tatjana, wir waren kurz zusammen, das ist aber schon ein halbes Jahr her. In ihrem Delirium redet sie ständig von irgendwelchem Kauderwelsch, den sie wohl nicht einmal selbst versteht. Wer drogenabhängig ist, kann sich aus seiner Sucht nur schwer befreien. In der Zeit, als wir eine Beziehung führten, habe ich auch ab und zu ein paar Pillen eingeworfen. Aber ich bin froh, diese Phase hinter mich gebracht zu haben.“

      „Du meinst, die ,Tatjana-Phase'?“, witzelte Casmilda und grinste.

      „Ja genau, wenn du so willst!“

      Sie lachten. Dann wurde Valetta wieder ernst.

      „Es ist wirklich schlimm, was passiert ist, aber ich muss damit leben, Tag für Tag. Doch die Frage, ob ich aus tiefster Überzeugung an Frauen interessiert bin, kann ich mir nicht beantworten. Ich lernte Tatti kennen, als ich kurz nach der Vergewaltigung neue Wege für mich finden wollte, die mich leider zu der abtrünnigen Persönlichkeit führten, die sie darstellt. Sie ist ein schlechter Umgang für mich. Aber jetzt empfinde ich nichts mehr für sie, außer vielleicht ein wenig Ekel und trotz ihrem provokanten Charakter und Auftreten ein Quäntchen Mitleid.“

      Casmilda nickte stumm. Der Themenwechsel schien keine goldenen Früchte zu tragen, sodass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Also zündete sie sich mit flinken Handbewegungen eine Zigarette an, um zumindest irgendetwas zu tun, das ihr ein bisschen Sicherheit vermittelte.

      Kapitel 2 Sexuelle Neigungen

      Die Sonnenstrahlen verzogen sich langsam.

      „Casmy, ich möchte noch ein bisschen Zeit mit dir verbringen. Lass' uns zu dir nach oben gehen, ja?“

      Casmilda konnte ein warmherziges Lächeln, unterstrichen von aufrichtig meinenden Augen im Gesicht ihres Gegenübers erkennen. Ohne zu fragen, warum Valy den Ortswechsel als wichtig empfand, nickte die junge Friseuse. Es erschien ihr zwar seltsam, plötzlich von einer Sekunde auf die andere in ihre Wohnung zu gehen, weil sie dafür keinen für sie ersichtlichen Grund finden konnte, aber sie wollte, dass es Valy wieder richtig gut ging. Casmilda warf noch einen letzten Blick auf die Rosenhecke, dachte kurz an Marco und ging schließlich mit Valy zum Lift. Sie fuhren nach oben. Casmy sperrte die Tür auf und sie setzten sich auf ihr Bett. In diesem Moment fiel es Casmilda wie Schuppen von den Augen. Ein Hauch von Sex lag in der Luft. Ihre weibliche Intuition würde sie nicht täuschen.

      „Möchtest du einen Drink?“ fragte Casmy betont unwissend in Bezug auf die sexuelle Aura, was Valetta dazu veranlasste, ihr einen feurigen Blick zuzuwerfen.

      „Nein danke, trinken möchte ich nichts“, entgegnete sie, während sie sich auf dem Bett ein wenig aalte. Casmy war nicht entgangen, dass die Betonung auf dem Wort „trinken“ ihr klarmachen sollte, was sie tatsächlich mit ihr vorhatte. Aber das ist doch absurd!, dachte sie bei sich. Ich kann nicht ihre Seelentrösterin sein und mich anschließend auf ein sexuelles Abenteuer mit ihr einlassen. Das passt einfach nicht zusammen. Plötzlich fiel ihr die Selbstverständlichkeit ihrer Einstellung Valetta gegenüber auf, mit der sie automatisch davon ausging, sexuelle Impulse von Valy wahrzunehmen, denn vielleicht täuschte sie sich ja. Sie blickte aus dem Fenster, die Arme starr mit den Handflächen nach unten auf die Matratze gepresst. Die innere Anspannung, sowie die Angst vor Zurückweisung ihres Körpers trieben ihr Schweißperlen auf die Stirn. Beim Geschlechtsverkehr mit einem Mann war sie kurz vor seinem Geschehen noch nie so nervös gewesen, auch nicht bei ihrem ersten sexuellen Akt.

      Schließlich gestand sie sich auch ein, an Valettas Körper interessiert zu sein, und dieses ungewöhnliche, noch niemals gefühlte Phänomen mischte ein wenig Scham in ihre nervöse Geisteshaltung. Falls sie sich tatsächlich getäuscht hatte, und Valetta gar nicht mit ihr schlafen wollte, hatte ihr ihre Fantasie einen Streich gespielt – und zumindest ihr eigenes sexuelles Interesse geweckt. Valetta ließ Casmilda in ihrer eigenen Welt umherschweifen, massierte sich einstweilen geduldig die Schläfen. Wenige Sekunden später fiel es Casmilda wie Schuppen von den Augen: sie wusste von Anfang an, sobald Valetta die Worte bezüglich des Ortswechsels ausgesprochen hatte, warum diese ihn vorgeschlagen hatte, sie wollte es nur nicht richtig wahrhaben. Langsam drehte sie ihren Kopf in Valettas Richtung. Sie lag da, mit geschlossenen Augen, massierte ihre Schläfen, als würde sie sich gedanklich auf ein wundervolles Ritual vorbereiten wollen.

      „Valy, ich kann das nicht“, brachte sie schließlich kleinlaut hervor. „Du bist meine platonische Freundin und...“

      „Beruhige dich.“ Valy öffnete ihre Augen. Ihre Stimme war ein erotisches Flüstern, zumindest empfand Casmilda es so. „Ich bin froh, mit dir über dasselbe Thema zu sprechen, ohne genau zu betonen was es ist. Wir wissen beide, was Sache ist. Und ich spüre dein gewisses Interesse, das dich mit meinem Körper verbindet.“

      Casmilda war durch diese Worte nicht überzeugt. Sie setzte sich ein bisschen weiter weg von Valetta, was diese jedoch nur anzuspornen schien, ihr näher zu kommen, als sie einander jemals waren.

      Sie folgte Casmy bis an den Rand des Bettes. „In der Mitte hätten wir es viel kuscheliger“, flüsterte sie Casmy lächelnd ins Ohr. Diese keuchte leiste auf, als Valettas Atem die Innenseiten ihrer Ohrmuschel streichelte. Das war Valettas symbolisches Stichwort. Sie zog Casmilda fest an ihren prallen, geschmeidigen Busen, und begann sie zu küssen. Sie erwiderte den Kuss für den Bruchteil einer Sekunde, zuckte jedoch anschließend erschrocken zurück. Trotz ihrer weiblichen Intuition, die sie dazu veranlasst hatte, Valettas sexuelles Signal von Anfang an wahrzunehmen, übernahm die Schüchternheit in ihr wieder das Kommando. Als Valetta traurige Blicke durch den Raum schweifen ließ, weil sie sich zurückgewiesen fühlte, wurde sie zu ihrer Überraschung heftig von Casmilda geküsst, und das nicht, weil sie ihr leid tat, sondern weil die Lust in ihr mehr und mehr aufkeimte. Ihre Schüchternheit war mit einem Male verflogen.

      Sie fassten sich gegenseitig unter die Bluse, kneteten darunter ihre Brüste, bis ihre Brustwarzen hart waren, und ehe sie sich’s versahen, waren beide nackt ausgezogen.

      Ihre Küsse wurden immer heftiger, die Umklammerungen ihrer Arme an ihre Körper immer gieriger, sie kosteten jede Körperstelle, sprich Hals, Nacken, und Schenkel mit ihren Zungen, und ließen sich fallen, tiefer und tiefer. Erst jetzt wurde Casmilda bewusst, wie sehr es sie interessierte, mit dem gleichen Geschlecht sexuell zu verkehren. In ihrem Lustspiel baute sich sehr viel Zärtlichkeit auf, aber auch eine gewisse Gier, die die „Anfängerin“ ein wenig erschreckte. Dennoch nahm sie auch diesen Schrecken hin und überwand ihre Angst mehr und mehr vor dem Neuen, Unbekannten, das sie in einen tiefen Rausch des Genusses zog.

      Beide Frauen wussten genau, wie sie einander anfassen mussten. Natürlich lag das wohl daran, dass sie demselben Geschlecht entsprangen. Durch ihre Freundschaft war zusätzlich ein gewisses Vertrauen aufgebaut worden, das zu einer tiefen Intensität der Gefühle führte, die sie während ihres Austausches empfanden. Für einen Moment lang wurde ihr Liebesspiel jedoch unterbrochen.

      Als Valetta Casmilda mit ihrer Zunge zwischen den Beinen streicheln wollte, überkam letztere erneut eine Welle von Scham.

      „Nein!“, entfuhr es Casmilda lauter, als sie beabsichtigt hatte. Erschrocken über die immense Lautstärke ihres Gefühlsausbruchs blickte sie in das Gesicht ihrer ebenso erschrockenen Sexualpartnerin.

      Plötzlich klingelte Valy’s Handy. In diesem Moment wurde Casmilda bewusst, was sie mit ihrer platonischen Freundin gerade anstellte. Der Klingelton des Mobiltelefons hatte sie aus ihren sexuell erregenden Praktiken gerissen. Sie hörte die Stimme ihres Verstandes, der ihr riet, sich anzuziehen, während Valetta telefonierte. Doch ihre sexuelle Erregung wiederum entzog sich schließlich aller Scham und jeglichem Verstand. Sie starrte unverhohlen auf Valettas Brüste, während diese den Anruf entgegennahm.

      „Hallo, hier ist Conny, ist Casmy bei dir?“ Valetta drückte Casmilda das Gerät in die Hand, wobei Casmy ein entnervtes Augenrollen ihrer Freundin nicht verborgen blieb. Cornelia und Valetta konnten einander nicht sonderlich gut leiden, trotzdem hatte die eine die Telefonnummer