Gery Wolfsjäger

Casmilda's Gewinn durch Verlust


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Valettas Schmollmund hielt sie sich das Handy ans Ohr.

      „Hallo, Conny, was gibt’s denn?“ Sie nickte einige Male, und antwortete schließlich: „Ich weiß nicht, ob Feuchtigkeitscreme von L’Oréal mehr Pflegestoffe enthält als die von Nivea, warum fragst du nicht einfach die Verkäuferin?“

      So ging dieses Gespräch eine geschlagene Viertelstunde weiter, bis Valy Casmy das Handy brutal aus der Hand riss, und auflegte. Sie legte es auf das Nachtkästchen.

      „Hey, Moment mal!“, protestierte Casmilda, doch dann verstummte sie plötzlich, als sie zwei Finger von Valy in ihrer feuchten Vagina spürte, die sie im Kreis massierten, ihren G-Punkt stimulierten und ihre Gefühle in Wallung versetzten. Ihr Anflug von Scham war nun vollkommen verflogen. So etwas hatte Casmilda noch nie erlebt. Es war so anders, von einer Frau berührt zu werden. Sie spreizte ihre Beine mehr und mehr auseinander und legte sich ein sanftes Kissen unter den Rücken, um sich nun vollkommen in den Akt der Lust fallenlassen zu können. Mit geschlossenen Augen genoss sie jede einzelne Berührung der zärtlichen Finger. Dabei stöhnte Casmilda laut auf, und vergaß dabei die Welt um sich herum. Auch die Tatsache der dünnen Wände in den Wohngebäuden trat in den Schatten des Vergessens.

      In diesem Moment schien es nur wichtig zu sein, einander zum Orgasmus zu bringen. Dies wurde ihr bewusst, als sie die Welle von erotischen Empfindungen innerhalb und außerhalb ihres Körpers wahrnahm, wobei die eine den G -Punkt umfing, und die andere die körperliche Hitze, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Doch sie wollte noch nicht zum Höhepunkt kommen. Sie löste sich von Valettas Fingern und bedeutete ihr, sich bequem auf das Bett zu legen. Dann schob sie die Beine ihrer Freundin langsam auseinander und streichelte die Innenseiten ihrer Schenkel. Valetta keuchte und ächzte. Casmilda konnte ihre wilde Sucht nach mehr spüren. Doch sie ließ sie mit ihrer einfühlsamen Ader zappeln. Dann nahm sie den rechten Zeige – und Mittelfinger, um beide in der feuchten Vagina ihrer Partnerin versinken zu lassen. Diese stöhnte immer lauter.

      Mit einem letzten Streicheln der nassen Schamlippen zog Casmy die Finger aus Valys Scheide. Schließlich öffnete die Stylistin ihren voluminösen Mund, um mit ihrer Zungenspitze die Innenseiten der Lustgrotte ihrer Freundin zu stimulieren. Valetta zeigte ihre Erregung offen und schamlos, als sie sich ihre Lippen leckte, und ihre Augen abwechselnd schloss, und wieder weit aufriss, begleitet von ihrem heißen, stöhnenden Atem. Casmilda genoss es, so viel Bestätigung zu erlangen. Denn diese Bestätigung konnte sie lange genießen. Ein Mann hingegen nahm sich ihrer Erfahrung nach für ein Vorspiel niemals so viel Zeit, und war größtenteils am Hauptakt des vereinigenden Geschlechtsaktes und dessen Orgasmus interessiert. Aber bei diesem lesbischen Szenario der Sexualität merkte sie, wie aufregend es war, den intimsten Lustbereich des eigenen Geschlechts so lange als möglich zu verwöhnen, bevor der Orgasmus eintrat.

      Die absolute Krönung für Valy war es, als ihre Sexpartnerin ihren eigenen Vibrator mit einem Kondom überzog, um ihn langsam in die wartenden Schamlippen der völlig entspannt da liegenden Lesbierin einzuführen.

      Das Summen des Geräts ließ Valettas Herz höher schlagen. Sie ließ sich vollkommen gehen, als Casmilda mit anfangs sanften, und schließlich immer schnelleren Bewegungen in sie eindrang. Ein Rinnsal von Schweiß ihrer Stirn begleitete sie bei einem heftigen Orgasmus, der einen großen Schwall an Scheidensekret freisetzte. Das Laken auf dem IKEA – Bett ließ sich bequem in der Waschmaschine reinigen. Das wichtigste war der Genuss. Sie lag vollkommen erschöpft da, keuchte und stöhnte, als der Orgasmus schon vorüber war, um die nachhaltige, befreiende Wirkung seiner Natur vollkommen auszukosten. Casmilda verspürte einen gewissen Stolz bezüglich der Tatsache, eine Frau zum Höhepunkt gebracht zu haben. Sie blickte in Valettas Richtung, die die Augen immer noch geschlossen hielt. Ich lasse sie noch ein wenig in Ruhe, dachte Casmy bei sich. Die Sinnlichkeit des sexuellen Genusses kannte sie von einem Mann nach seinem Höhepunkt nicht, doch sie wusste genau, was sie normalerweise tat, nachdem der Verkehr zu Ende war – sie zündete sich eine Zigarette an. Somit hob sie ihre Tasche vom Boden auf und nahm sich eine Zigarette aus der Packung. Sie inhalierte den Rauch tief und genüsslich. Erst jetzt wurde ihr so richtig bewusst, wie sehr sie sich selbst nach einem Orgasmus sehnte, aber auch, dass sie ohnehin schon viel zu weit über ihre gewohnten sexuellen Verhältnisse hinausgegangen war, indem sie eine Frau befriedigt hatte.

      Wenige Minuten später richtete sich Valy auf.

      Ihr Gegenüber blickte sie verträumt und gleichzeitig ein wenig frech an. Valetta wich ihrem Blick aus. Ihre Gesten waren hektisch und unbeherrscht, als sie sich ebenfalls eine Zigarette anzündete. Dann überrumpelte sie Casmilda mit einer Aussage, die sich mit ihrem sexuellen, friedlichen Genuss vor noch wenigen Minuten eindeutig widersprach.

      „Und damit das klar ist“, fuhr Valy sie streng an, „das bleibt unter uns, und unterlasse jedwede Hoffnungen wegen einer festen Beziehung zwischen uns Beiden! Ich möchte mein Sexualleben frei und offen gestalten, wie ich will, und habe schon öfters mit heterosexuellen Frauen geschlafen!“

      „Okay“, antwortete ihre Freundin verdutzt. Sie schwiegen beide. Casmilda hielt diesen Zustand nicht mehr aus. An diesem Tag war es für sie immerhin schon das zweite Mal, dass sie heftige Emotionen über sich ergehen ließ, und anschließend diese unerträgliche Stille zwischen den Beiden herrschte.

      „Warum bist du plötzlich so aggressiv?“, wollte sie daher wissen, um die Stille zu brechen, und sich Klarheit über die Situation zu verschaffen. Casmildas Stimme wirkte ein wenig gereizt.

      Valy bedachte sie mit einem kühlen, undurchdringbaren Blick.

      „Ich bin nicht aggressiv, meine Liebe. Ich sage nur klipp und klar, was Sache ist. Ich will diesen Akt auch nicht hinterfragen oder mit dir besprechen, oder darüber diskutieren, ob es wieder geschehen wird. Falls du eine Heftigkeit in meiner Stimme gehört hast, rührt sie sicher nur daher, nicht missverstanden werden zu wollen, so wie es manche Heterofrauen eben tun, die nach dem sexuellen Lustspiel glauben, ich wolle mehr. Sex ist eben Sex. Außerdem wende ich diesen Tonfall ständig in unserer Kommunikation an, er erscheint dir nur derart brutal, weil du wohl dein Herz bei unserem Sexualakt ein wenig geöffnet hast. Keine Erwartungen, bitte, versprich es mir! Ich bin nicht böse auf dich, ich will nur für Klarheit sorgen.“

      Casmilda bemühte sich, diese Worte zur Kenntnis zu nehmen und nickte, auch wenn sie für sie einen Widerspruch darstellten – zuerst dieser leidenschaftliche, zärtliche Sex, dann diese Aussage, die sie als gefühlskalt empfand. Scheinbar hatte Valetta eine enorme Bindungsangst, was Casmilda seit der Lüftung ihres Geheimnisses gut verstehen konnte. Dennoch war da dieses Unverständnis über die zeitliche Abfolge eines netten Verkehrs, und der Behauptung, das sei alles nur Sex gewesen.

      Sie wollte mit ihr keine Beziehung eingehen, nein. Sie stellte sich jedoch eine interessante Frage: wie würden sich jetzt ihre weiteren Treffen gestalten? Würden sie wieder Sex miteinander haben, oder so tun, als wäre dieser Sex niemals geschehen? Was war eigentlich an dem Wort Beziehung großartig zu rütteln, das die Gesellschaft mit aller Heftigkeit plattzutreten schien? Bedeutete dieses Wort in seiner ursprünglichsten Form nicht, dass man zu jemandem oder etwas einen Bezug, sprich eine Verbindung hergestellt hatte? Sie ließ diese Fragen offen, um ihrem bereits überforderten Gehirn eine Denkpause zu gönnen. Nach einer kurzen Verabschiedung ging Valy. Ein knappes „ciao, bis bald“ ertönte im Raum, als sie sich mit schnellen Schritten in Richtung Tür bewegte. Casmy erschien es, als hätte sie in Valys Augen etwas Falsches getan. Als sie die Türe im Schloss zufallen hörte, bemühte sie sich, ruhig zu bleiben und tief durchzuatmen. Wenige Minuten später zog sie sich aus.

      Sie putzte sich die Zähne, dachte bei der Masturbation mithilfe ihres Vibrators an ihre erste Erfahrung mit einer Frau, und schlief nach einem bald darauf folgenden Höhepunkt ein.

      Die Welt überraschte Casmy in ihrer Seltsamkeit. Sie hatte sich immer für Männer interessiert, sexuell und auch emotional, was ihre Partnerschaften anbelangte. Diese Beziehungskonflikte waren schon schwierig genug. Und vor wenigen Stunden hatte sie mit einer Frau geschlafen.

      Mit einem Mal wachte sie plötzlich mit jenem Gedanken auf, der sie irgendwo in einem Traum verfolgt haben mochte. Ihre Hirngespinste überschlugen sich: Sie hatte mit Valetta Sex gehabt. War sie nun etwa lesbisch oder bisexuell? Die