Im laufenden Vollzug kann darüber hinaus der Finanzminister in besonders begründeten Einzelfällen die Übertragbarkeit von Ausgaben zulassen, soweit Ausgaben für bereits bewilligte Maßnahmen noch im nächsten Haushaltsjahr zu leisten sind, beispielsweise weil sich die Verwaltung bereits außenwirksam gebunden hat (§ 27 Abs. 3 HGrG; § 45 Abs. 4 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Nicht in Anspruch genommene Verpflichtungsermächtigungen gelten über das Ende des Haushaltsjahres hinaus, solange das Haushaltsgesetz für das neue Haushaltsjahr noch nicht verkündet ist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 HGrG; § 45 Abs. 1 Satz 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 HGrG, § 45 Abs. 2 Satz 1 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht) können bei übertragbaren Ausgaben Ausgabenreste gebildet werden, die für die jeweilige Zweckbestimmung über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Ende des auf die Bewilligung folgenden zweitnächsten Haushaltsjahres verfügbar bleiben. Schließlich erlaubt § 37 Abs. 4 BHO (entsprechend die meisten Landeshaushaltsordnungen), bei übertragbaren Ausgaben im Vorgriff auf die – noch nicht ergangene – Bewilligung für das nächste Jahr Ausgaben zu tätigen (Mehrausgaben), die dann auf die nächstjährige Bewilligung für den gleichen Zweck angerechnet werden; dies ist insbesondere bei größeren Investitionsvorhaben von Bedeutung.
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Bei doppischem Rechnungswesen gelten die Grundsätze der sachlichen und zeitlichen Spezialität, auch der Flexibilisierung, entsprechend (§ 15 Abs. 2 Satz 1 HGrG). Darüber hinaus erlaubt § 15 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGrG bei doppisch basierten Haushalten, auf Grundlage einer haushaltsrechtlichen Ermächtigung Rücklagen zu bilden[355]. Nach § 27 Abs. 4 HGrG bedürfen die Bildung und die Inanspruchnahme doppischer Rücklagen der Einwilligung des Finanzministers. Bei Produkthaushalten bezieht sich die Spezialität auf die Leistungszwecke (§ 1a Abs. 3 Satz 1 HGrG).
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Auf eine noch weitergehende sachliche und zeitliche Flexibilisierung der Haushaltsbewirtschaftung zielen die Ansätze der neuen Haushaltssteuerung zur Budgetierung ab. So erlaubt § 6a Abs. 1 HGrG die Veranschlagung von Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen eines Systems der dezentralen Verantwortung einer Organisationseinheit. Dabei soll die Finanzverantwortung auf der Grundlage der Haushaltsermächtigung auf die Organisationseinheiten übertragen werden, die die Fach- und Sachverantwortung haben. Voraussetzung sind geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente, mit denen insbesondere sichergestellt wird, dass das jeweils verfügbare Ausgabevolumen nicht überschritten wird. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan festzulegen. Nach § 6a Abs. 2 HGrG sollen insoweit durch Gesetz oder Haushaltsplan für die jeweilige Organisationseinheit Regelungen zur Zweckbindung, Übertragbarkeit und Deckungsfähigkeit getroffen werden.
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Gerade auch derart weitreichende globale Mittelzuweisungen müssen sich allerdings als Abweichungen vom verfassungsrechtlich, namentlich im parlamentarischen Budgetrecht verankerten Spezialitätsgrundsatz im Einzelnen rechtfertigen. In Betracht kommt dabei in erster Linie der seinerseits verfassungskräftige Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Rn. 155 ff.), dem die Globalisierung der Mittelzuweisung dienen kann[356]. Ungeachtet der ökonomischen Effizienz der Budgetierung darf die Bedeutung der parlamentarischen Mittelbewilligung im parlamentarischen Regierungssystem, also die Bedeutung für die demokratische und rechtsstaatliche Rückbindung der Verausgabung der (im Wesentlichen Steuer-)Mittel nicht aus dem Blick geraten. Bei der Zuweisung von Globalhaushalten an Selbstverwaltungseinrichtungen wie die Universitäten ist freilich ergänzend deren eigene demokratische Legitimation mit zu berücksichtigen. Zudem ist wiederum daran zu erinnern, dass eine übermäßige, detaillastige Spezialisierung der Haushaltsansätze der wirksamen Ausübung des Budgetrechts durch das Parlament zuwiderlaufen kann; denn in der Praxis ist es vor allem die Informationsfülle des Planentwurfs, die das Parlament an einer substantiierten Willensbildung über den Haushaltsplan hindert. Entscheidend kommt es im Ergebnis darauf an, dass das Verwaltungshandeln weiterhin wirksam parlamentarisch gesteuert und kontrolliert wird[357].
VI. Vorherigkeit
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Gemäß Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1 Satz 1 BHO und den entsprechenden Bestimmungen in den Verfassungen und Haushaltsordnungen der meisten Bundesländer[358] muss der Haushaltsplan vor Beginn der Haushaltsperiode festgestellt werden. Auch dieser Grundsatz der Vorherigkeit dient der wirksamen haushaltsrechtlichen Steuerung der Exekutive durch das Parlament und damit dem parlamentarischen Budgetrecht. Alle am Budgetkreislauf beteiligten Organe sind nach dem Vorherigkeitsgrundsatz verpflichtet, „daran mitzuwirken“, dass der Haushaltsplan rechtzeitig verabschiedet wird[359].
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In der Praxis kommt es auf Bundes- wie auch Landesebene oftmals zu Verstößen gegen den Vorherigkeitsgrundsatz[360]. Das Haushaltsrecht antizipiert dies in den Ermächtigungen des Nothaushaltsrechts, auf Bundesebene gemäß Art. 111 GG. Der Ermächtigungsrahmen des Nothaushaltsrechts greift, bis das Haushaltsgesetz für die betreffende Periode erlassen wird. Die bereits getätigten Verausgabungen werden sodann auf die Ermächtigungen des festgestellten Haushaltsplans angerechnet. Dies zeigt, dass das nachträglich erlassene Haushaltsgesetz trotz Verstoßes gegen den Vorherigkeitsgrundsatz nicht nichtig ist[361].
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Durch das Instrument des Nachtragshaushalts wird der Vorherigkeitsgrundsatz demgegenüber nicht berührt[362]. Vielmehr wird ein rechtzeitig angestoßenes Nachtragshaushaltsverfahren dem Vorherigkeitsgrundsatz gerade gerecht, dies im Angesicht der sich erst nachträglich manifestierenden Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts.
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Im Kommunalhaushaltsrecht ist der Vorherigkeitsgrundsatz überwiegend als Sollbestimmung ausgestaltet[363]. Dies gilt freilich auch für die Aufstellung doppischer Erfolgs- und Finanzpläne ebenso wie bei produktbezogener Darstellung.
VII. Periodizität
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In der historischen Entwicklung des parlamentarischen Budgetrechts hatte der Grundsatz der Periodizität des Haushalts große Bedeutung. Denn die Möglichkeit stetiger Einflussnahme auf die Staatsfinanzen hing und hängt für die Parlamente davon ab, dass sie in regelmäßigen Abständen über den regierungsseitig vorgelegten Haushaltsplan abstimmen können. So ist auch der Periodizitätsgrundsatz verfassungsrechtlich – im parlamentarischen Budgetrecht – begründet.
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In der Praxis setzte sich, seit der Zeit des Konstitutionalismus, auf allen Ebenen das Jährlichkeitsprinzip durch. So ist die jährliche Planaufstellung vor allem dadurch begründet, dass längerfristige Schätzungen der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben oftmals schwierig sind und die Gefahr begründen, dass durch Nachtragshaushalte nachgesteuert werden muss. § 11 Abs. 1 BHO und die entsprechenden Regelungen in den Landeshaushaltsordnungen und im kommunalen Haushaltsrecht sehen deshalb vor, dass für jedes Haushaltsjahr ein Haushaltsplan aufzustellen ist. Das Haushaltsjahr bzw. Rechnungsjahr ist dabei das Kalenderjahr (§ 4 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht).
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Gleichwohl verlangt Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG (ebenso schon Art. 85 Abs. 3 WRV) und das entsprechende Landesverfassungsrecht zwar den Grundsatz der Periodizität, nicht aber die Jährlichkeit. Nach Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG (und dem entsprechenden Landesrecht) kann der Haushaltsplan