wirtschaftliche Tätigkeiten nicht ebenso gut oder besser erbringen können (Interessenbekundungsverfahren). Nach den Verwaltungsvorschriften kommt es in diesem Verfahren zu einer „Erkundung des Marktes nach wettbewerblichen Grundsätzen“; das Ergebnis der Markterkundung ist sodann „mit den sich bietenden staatlichen Lösungsmöglichkeiten zu vergleichen“; ergibt das Interessenbekundungsverfahren, „dass eine private Lösung voraussichtlich wirtschaftlich ist, ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge durchzuführen“[391].
161
Während das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einfachrechtlich für alle Phasen des Haushaltskreislaufs verankert ist, ist der verfassungsrechtliche Gehalt des Wirtschaftlichkeitsgebots streitig. Anknüpfungspunkt ist Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung prüft. Der Wortlaut der Norm verhält sich nicht zu der Frage, ob sich aus der Norm auch ein Wirtschaftlichkeitsgebot ableiten lässt, das sich an die Haushaltsexekutive richtet. Ebenso wenig gibt der Wortlaut Auskunft darüber, ob auch die Planaufstellung und -feststellung dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen. Soll die Wirtschaftlichkeit nach Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG Prüfungsmaßstab des Rechnungshofs sein, wird man diesen Maßstab zugleich als Gebot verstehen müssen, dem die Haushalts- und Wirtschaftsführung und noch vorgelagert die Planaufstellung und -feststellung, auf denen die Haushalts- und Wirtschaftsführung beruhen, unterliegen[392]. Auch insoweit greift allerdings der gewichtige Einwand, dass sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot selbst keine inhaltlichen Aufgabenprioritäten ableiten lassen. So konzentriert sich auch der verfassungsrechtliche Gehalt des Wirtschaftlichkeitsgebots als Vorgabe an die Haushaltsaufstellung und den Haushaltsvollzug darauf, eine möglichst sparsame Zielerreichung zu verlangen[393].
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In diesem Licht sind auch die zusätzlichen, auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zielenden Vorgaben für die leistungsorientierte Planaufstellung und -bewirtschaftung zu sehen. So schreibt § 1a Abs. 3 Satz 3 HGrG vor, dass in den Bereichen, für die ein Produkthaushalt aufgestellt wird, grundsätzlich eine Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen ist. Für den Fall der Budgetierung verlangt § 6a Abs. 1 Satz 3 HGrG geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente, mit denen insbesondere sichergestellt wird, dass das jeweils verfügbare Ausgabevolumen nicht überschritten wird.
XIII. Europäische Haushaltsdisziplin und gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht
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Art. 109 Abs. 2 GG verpflichtet Bund und Länder mit Verfassungskraft auf die Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts (Art. 109 Abs. 2 HS 1 GG) wie auch darauf, den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen (Art. 109 Abs. 2 HS 2 GG). Einfachrechtlichen Niederschlag hat die auf die Haushaltsrechtsreform 1967/69 zurückreichende Bestimmung des Art. 109 Abs. 2 HS 1 GG in den §§ 1 und 16 StWG, in § 2 Satz 3 HGrG und in § 2 Satz 3 BHO (entsprechend in den Landeshaushaltsordnungen und den Vorschriften über die kommunale Haushaltswirtschaft) gefunden. Wenngleich die Maßgabe des Art. 109 Abs. 2 GG in der Literatur nur teilweise als Haushaltsgrundsatz genannt wird, steht in der Sache außer Frage, dass Art. 109 Abs. 2 GG von hoher Bedeutung für die öffentliche Haushalts- und Wirtschaftsführung ist[394].
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Art. 109 Abs. 2 GG bindet unmittelbar nur die Organe des Bundes und der Länder einschließlich deren rechtlich unselbstständiger Sondervermögen[395]. Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind, wie auch im Rahmen von Art. 109 Abs. 1 GG, entsprechend dem grundsätzlich zweigliedrigen finanzverfassungsrechtlichen Aufbau des Bundesstaates nur als Teil der Länder durch Art. 109 Abs. 2 GG erfasst[396]. So sind die Länder gehalten, ihre Kommunalaufsicht und auch den kommunalen Finanzausgleich unter Berücksichtigung von Art. 109 Abs. 2 GG auszugestalten[397]. § 16 Abs. 2 StWG stellt dies einfachrechtlich klar. Eine verfassungsunmittelbare Verpflichtung der Kommunen auf die Maßgaben des Art. 109 Abs. 2 GG besteht demgegenüber nicht[398]. Die Regelung des § 16 Abs. 1 StWG, nach der die Gemeinden und Gemeindeverbände bei ihrer Haushaltswirtschaft den Zielen des § 1 StWG Rechnung zu tragen haben, wirkt deshalb konstitutiv; verfassungsrechtlich ist diese einfachgesetzlich unmittelbare Verpflichtung der Kommunen in ihrer Begründung auf Art. 109 Abs. 4 GG zulässig und auch mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar[399]. Entsprechendes gilt für alle anderen Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung auf Bundes- und Landesebene. Sie sind zwar nicht selbst, verfassungsunmittelbar, durch Art. 109 Abs. 2 GG gebunden. Wohl aber besteht im Rahmen der verfassungs- und einfachrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen eine diesbezügliche Einwirkungsverpflichtung seitens des Bundes bzw. des betreffenden Landes[400]. Dies gilt auch für die Deutsche Bundesbank als Anstalt des öffentlichen Rechts[401], deren Handeln allerdings ohnehin primär durch andere Maßgaben bestimmt wird, insbesondere gemäß Art. 88 GG und im Rahmen der Einbindung in das Europäische System der Zentralbanken. Auch für privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand gelten die Maßgaben des Art. 109 Abs. 2 GG nur indirekt über entsprechende Einwirkungsverpflichtungen der unmittelbar verfassungsrechtlich gebundenen, an den Unternehmen beteiligten Gebietskörperschaften[402]. Für sonstige Privatrechtssubjekte, namentlich die Privatwirtschaft, gelten die Verpflichtungen des Art. 109 Abs. 2 GG freilich nicht[403]. Ebenso wenig begründet Art. 109 Abs. 2 GG allerdings auch individuelle Rechte des Bürgers auf Einhaltung der objektiv verfassungsrechtlichen Anforderungen.
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In der Sache verlangt der im Rahmen der Föderalismusreform 2006 als Art. 109 Abs. 5 Satz 1 GG a.F. erlassene, durch die Föderalismusreform II des Jahres 2009 in Art. 109 Abs. 2 GG überführte erste Halbsatz des Art. 109 Abs. 2 GG, dass Bund und Länder „gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin“ erfüllen. Die Verweisung auf Art. 104 EGV und auch auf die Europäische Gemeinschaft als Rechtsträgerin ist dynamisch zu verstehen, so dass infolge des Lissabon-Vertrages Art. 126 AEUV und die Europäische Union als Urheberin von Rechtsakten im Sinne der Vorschrift in Bezug genommen werden. Im Ergebnis enthält die Regelung damit ein an Bund und Länder – je für sich – adressiertes, verbindliches, nicht abwägungsfähiges Gebot[404], die Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Im Einzelnen sind dies im Wesentlichen die Begrenzung des Haushaltsdefizits auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Begrenzung des Gesamtschuldenstandes auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Hinzu tritt die Zielvorgabe nahezu ausgeglichener Haushalte oder von Haushaltsüberschüssen (Mittelfristziel)[405].
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Die Verantwortung für einzelne Defizite und Schuldenstände bestimmt sich dabei nach dem Rechtsträgerprinzip und der Kompetenzordnung, hilfsweise nach anderen Formen der Zuordnung zum Bereich des Bundes oder der Länder. So sind Bund und Länder für Defizite in ihren jeweiligen Sondervermögen verantwortlich[406]. Dies schließt die Verantwortlichkeit des Bundes für die Defizite der dem Bund zugeordneten Sozialversicherungsträger ein[407]. Die Länder haben für die Defizite der Gemeinden und Gemeindeverbände einzustehen[408].
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Bei einem Verstoß gegen die europarechtlichen Vorgaben hat der jeweils Verantwortliche nach Maßgabe der europarechtlichen Verpflichtungen auf der Sekundärebene für eine Haushaltssanierung zu sorgen[409]. Soweit den Bund Mitteilungspflichten treffen (Art. 126 Abs. 9 UAbs. 2 und Abs. 11 UAbs. 1 Spiegelst. 1 AEUV), müssen gegebenenfalls die Länder dem Bund die erforderlichen Daten zur Verfügung stellen[410]. Kommt es zu Sanktionsmaßnahmen der Union, gelten die Lastenzuordnungen nach Art. 109 Abs. 5 GG.
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Zu der entscheidenden Frage, in welchem genauen Umfang Bund und Länder die durch Art. 126 AEUV definierten Defizit- und Gesamtverschuldungsspielräume