Es bedarf für die Steuer abseits des Ziels der allgemeinen Staatsfinanzierung mithin keiner weiteren speziellen Belastungslegitimation. Durch die Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs unterscheidet sich die Steuer etwa von den Sonderabgaben, die der Finanzierung besonderer Aufgaben dienen. Das Merkmal der Voraussetzungslosigkeit dient insbesondere der Abgrenzung zu den Vorzugslasten in Gestalt von Gebühren oder Beiträgen, die spezifische Gegenleistungen für staatliche Leistungen darstellen.
Der Hinweis in § 3 Abs. 1 Hs. 1 AO auf das Erfordernis der Auferlegung der Steuerpflicht bei den vom Tatbestand erfassten Personen stellt dagegen kein weiteres Element des Steuerbegriffs dar. Vielmehr verbergen sich dahinter die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Tatbestandsmäßigkeit (Bestimmtheit) und Belastungsgleichheit der Steuer[304].
II. Steuergesetzgebungskompetenzen
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Art. 105 GG normiert die Gesetzgebungskompetenz für das materielle Steuerrecht. Neben der zentralen Befugnis zur Regelung der einzelnen Steuerarten durch spezielle Steuergesetze wird dort auch die Kompetenz zur Gestaltung des allgemeinen Steuerrechts verteilt, wie es in Teilen der Abgabenordnung seinen Niederschlag gefunden hat[305]; daneben ist für die verfahrensrechtlichen Teile auch Art. 108 Abs. 5 GG zu berücksichtigen.
Insgesamt kann innerhalb des Art. 105 GG (entsprechend der grundsätzlichen Regelung über Gesetzgebungskompetenzen in den Art. 70 ff. GG) zwischen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, seiner konkurrierenden Zuständigkeit sowie der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterschieden werden. In der Gesamtschau lässt sich dabei ein deutliches Übergewicht des Bundes hinsichtlich der Regelungskompetenz für steuerrechtliche Sachverhalte ausmachen.
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Auch wenn gem. Art. 105 Abs. 1 GG lediglich Zölle[306] und Finanzmonopole[307] der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfallen, stellt Art. 105 GG die Grundlage des nahezu vollständig bundesgesetzlich geregelten Steuerrechts dar. Denn die konkurrierende Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes erstreckt sich gem. Art. 105 Abs. 2 GG auch auf die „übrigen Steuern“. Davon sind alle Steuern außer den Zöllen und Finanzmonopolen aus Abs. 1 sowie mit Ausnahme der insofern spezielleren Steuern, die in der Landeszuständigkeiten begründenden Teilrückzuweisung in Abs. 2a (S. 1: örtliche Verbrauch-/Aufwandsteuern, S. 2: Bestimmung des Steuersatzes der Grunderwerbsteuer)[308] bzw. in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV (Kirchensteuern) aufgezählt sind, erfasst. Die Zollkompetenz läuft außerdem praktisch leer, da – abseits der Organisation der Zollverwaltung – alle Rechtsetzungskompetenzen in diesem Bereich auf die Unionsebene abgewandert sind, vgl. Art. 28 ff. AEUV.
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Der Bund kann diese – somit zentrale – konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 GG ausüben, sofern ihm entweder das Aufkommen der zu regelnden Steuern ganz oder zum Teil zusteht (vgl. hierzu Art. 106 Abs. 1, 3 GG) oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt sind[309]. Der zuletzt genannte Vorbehalt betrifft somit die Konstellation, dass die Steuererträge ausschließlich den Ländern zustehen, wie etwa bei der Vermögen- oder Erbschaftsteuer, eine bundeseinheitliche Regelung aber im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist. Art. 105 Abs. 2 GG umfasst auch die Befugnis für Regelungen von Steuerverschonungen sowie von Lenkungssteuern, für die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich keine zusätzliche Sachgesetzgebungskompetenz erforderlich ist[310]; fallen allerdings Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenz auseinander, darf die Rechtsordnung nicht widersprüchlich werden[311].
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Die Sperrwirkung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes tritt ein, sofern der Bund von seinem Steuergesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat[312]. Diese Gesetzgebungssperre für die Länder soll Mehrfachbelastungen sowie der Entwertung von Steuerquellen entgegenwirken. Für ihr Wirksamwerden muss zwischen der bundes- und der landesrechtlich geregelten Steuer „Gleichartigkeit“ bestehen: Die Steuern müssen in ihren wesentlichen Merkmalen vergleichbar sein. Dies erfordert eine typologische Betrachtung von Steuergegenstand, Steuermaßstab, Steuerschuldner, Art der Steuererhebung und den wirtschaftlichen Auswirkungen der Steuer[313]. Nach dem Bundesverfassungsgericht soll entscheidend sein, ob dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angezapft und belastet wird[314]. Andere Stimmen stellen primär auf die gleichen wirtschaftlichen Auswirkungen ab oder kombinieren die Merkmale[315]. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensbesteuerung nach Einheitswerten[316] blockiert etwa der niemals aufgehobene, jedoch einem Anwendungsverbot unterliegende Normtorso des (Bundes-)Vermögensteuergesetzes entsprechende Legislativakte der Länder und somit Landes-Vermögensteuergesetze.
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Eine ausschließliche Landessteuergesetzgebungskompetenz besteht nach Art. 105 Abs. 2a GG für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern[317]. Verbrauchsteuern beziehen sich auf verbrauchsfähige Güter[318], wohingegen Aufwandsteuern die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, also den Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen, betreffen[319]. Das Örtlichkeitskriterium verlangt einen örtlich bedingten Wirkungskreis und somit, dass die Besteuerung an lokale Sachverhalte im Gebiet der besteuernden Entität anknüpft und dass die steuerlichen Wirkungen im Wesentlichen hierauf begrenzt bleiben[320]. Erneut steht diese Kompetenz allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Landessteuern keinen bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sein dürfen, vgl. Art. 105 Abs. 2a S. 1 Hs. 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht versteht das Kriterium der Gleichartigkeit hier enger als im Zusammenhang mit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 105 Abs. 2 GG[321]. Es soll erfüllt sein, sofern die örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer an denselben Belastungsgrund wie die zu vergleichende Bundessteuer anknüpft, mithin hinsichtlich Gegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftlicher Auswirkung der Bundessteuer entspricht[322].
Ferner besitzen die Länder seit der Föderalismusreform I zur Stärkung der regionalen Steuerautonomie gemäß Art. 105 Abs. 2a S. 2 GG die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer, die als Verkehrsteuer gem. Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG auch den Ländern zufließt[323].
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Schließlich kommt ihnen gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Kirchensteuer zu.
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Zuletzt enthält Art. 105 Abs. 3 GG eine bedeutsame Regelung zur Zustimmungspflichtigkeit von Steuergesetzen des Bundes: Demnach bedürfen Bundessteuergesetze der Zustimmung durch den Bundesrat, sofern das Aufkommen der Steuer ganz oder teilweise den Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden zusteht. Hierin lässt sich ein der steuerrechtlichen Dominanz des Bundes entgegenwirkendes Element zur Absicherung der hinreichenden Wahrung von Länderinteressen ausmachen[324]. Freilich kann damit ein Proprium des Föderalismus, die Möglichkeit unterschiedlicher Regelungen, gerade