klares Übergewicht bei der Steuerverwaltungshoheit[343]. Die Verteilung der Verwaltungskompetenzen ähnelt derjenigen der Ertragskompetenzen nach Art. 106 GG, mit dem Unterschied, dass die Länder die Gemeinschaftssteuern als Ganzes verwalten, obwohl sie ihnen nur teilweise zufließen, während der Bund die nicht örtlichen Verbrauchsteuern in Gänze verwaltet, obwohl der Ertrag der Biersteuer den Ländern zusteht.
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Die klare Struktur der Art. 108 Abs. 1–3 GG wird durch Art. 108 Abs. 4 GG aufgebrochen: Dieser räumt dem Bund die Möglichkeit ein, durch zustimmungsbedürftiges Gesetz die Aufteilung der Verwaltungskompetenzen – allerdings nur punktuell und unter der Voraussetzung der erheblichen Verbesserung oder Vereinfachung der Steuerverwaltung – zu verschieben. Dabei führt Satz 1 die bestehenden Optionen auf: Dies sind neben der verfassungsrechtlich ungewöhnlichen Mischverwaltung durch Bund und Länder gemeinsam („Zusammenwirken“) die Übertragung von Bundes-Verwaltungskompetenzen auf die Länder und die Übertragung von Länder-Verwaltungskompetenzen auf den Bund.
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Das Verfahren der Steuererhebung wird durch die Abgabenordnung geregelt, welche kompetenziell – neben Art. 105 GG – auf Art. 108 Abs. 5 GG beruht[344].
V. Steuerarten und Steuersystem
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Das geltende Steuerrecht basiert auf einer Mehrzahl von Steuergesetzen, es bildet ein sog. Vielsteuersystem[345]. Jede einzelne Steuer ist daher zunächst Element eines gewachsenen Steuersystems im historisch empirischen Sinn[346]. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Steuern ermöglichen es jedoch darüber hinausgehend eine Typologie einzelner Steuerarten zu entwickeln. Die möglichen Anknüpfungspunkte, um die verschiedenen Steuern zu klassifizieren, sind vielfältig; entsprechend groß ist daher die Anzahl der von der Steuerrechts- und der Finanzwissenschaft entwickelten Systematisierungen[347]. Die Wahl einer spezifischen Oberkategorie zur Klassifizierung der verschiedenen Steuern ist entscheidend geprägt durch die mit der Aufteilung verbundene Zielsetzung; Systematisierung ist dementsprechend kein Selbstzweck[348]. Im Hinblick auf diese speziellen Zielvorstellungen wird im Folgenden zwischen den Systementscheidungen der Verfassung, der Einteilung nach Art der Vermögensbewegung, den Auswirkungen beim Steuerschuldner sowie sonstigen Klassifizierungen unterschieden[349].
1. Steuerarten im Grundgesetz
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Das Grundgesetz enthält in Art. 106 GG[350] einen Steuerkatalog, der die Steuerertragshoheit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufteilt[351]. Die dort verwandten (Einzel-)Steuerbegriffe sind indes keine originär verfassungsrechtlichen Begriffe, sondern das Grundgesetz knüpft an die Begriffe des einfachgesetzlichen Steuerrechts zum Zwecke der Kompetenzverteilung sowie zur Vermeidung nationaler Doppelbesteuerung[352] an[353]. Die Kompetenzvorschriften der Art. 105 ff. GG zählen daher die real existierenden Steuern auf, ohne dass hieraus eine spezifische Systematik ableitbar wäre[354]. Daneben enthalten Art. 105 und Art. 106 GG Typusbegriffe, um die verschiedenen Steuern nach einheitlichen Merkmalen zu bündeln, wie Verbrauchsteuern, Verkehrsteuern und Aufwandsteuern[355].
2. Einteilung nach Art der Vermögensbewegung
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Die Einteilung nach Art der Vermögensbewegung knüpft an das Prinzip der Lastengerechtigkeit an, wonach jeder entsprechend seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit[356] zu den öffentlichen Lasten beitragen soll[357]. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zeigt sich hierbei in den Grundformen des Einkommenszuwachses, des Vermögensbestandes oder der Einkommensverwendung[358].
a) Steuern auf den Vermögenszugang
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Steuern auf den Vermögenszugang schöpfen diejenige Leistungsfähigkeit ab, die der Steuerpflichtige am Markt erzielt oder erwirtschaftet hat. Unter die Steuern auf erwirtschaftetes Einkommen fallen zunächst die Einkommen- und die Körperschaftsteuer, die Kirchensteuer[359] sowie der als Ergänzungsabgabe erhobene Solidaritätszuschlag[360]. Die Gewerbesteuer betrifft davon abweichend erwirtschaftete Erträge. Die Gewerbesteuer ist Real- bzw. Objektsteuer, da sie die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen unberücksichtigt lässt. Erbschaft- und Schenkungsteuern erfassen demgegenüber nicht erwirtschaftetes Einkommen, sondern die reine Vermögensmehrung beim Erben oder Beschenkten.
b) Steuern auf den Vermögensbestand
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An den Vermögensbestand knüpft derzeit nur noch die kommunale Grundsteuer an[361]. Die Grundsteuer soll in der Regel aus dem Grundstücksertrag aufgebracht werden. Hierbei wird jedoch nicht an den tatsächlich erwirtschafteten Ertrag angeknüpft, sondern der über den Einheitswert ermittelte Sollertrag zu Grunde gelegt. Anders als die Grundsteuer bezieht sich die Vermögensteuer nicht auf einzelne Vermögensgüter, sondern erfasst das Vermögen als Ganzes. Bemessungsgrundlage der Vermögensteuer war der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte Wert des Gesamtvermögens[362]. Das Vermögensteuergesetz ist zwar noch in Kraft, die Vermögensteuer kann jedoch aufgrund Verfassungswidrigkeit der Tarifnorm (§ 10 VStG) derzeit nicht erhoben werden[363].
c) Steuern auf den Eigentumsgebrauch
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Steuern auf die Verwendung von Einkommen und Vermögen werden zusammenfassend als Einkommensverwendungssteuern[364] bezeichnet. Unter diese Gruppe fallen die Verbrauch-, Aufwand- sowie Verkehrsteuern.
Verbrauchsteuern sind Steuern, die den Verbrauch oder Verzehr von verbrauchsfähigen Wirtschaftsgütern belasten, wobei der Zeitpunkt der Besteuerung auf die dem Verbrauch vorhergehenden Verkehrsakte vorverlagert wird. Verbrauchsteuern sind in der Regel darauf angelegt, auf den Verbraucher überwälzt zu werden[365]. Charakteristisch für Verbrauchsteuern ist daher, dass sich ihre Erhebung in der Regel an den Übergang einer Sache aus der steuerlichen Verknüpfung in den nicht gebundenen Verkehr anschließt[366]. Spezielle Verbrauchsteuern sind die Biersteuer, die Mineralölsteuer und die Tabaksteuer. Die Umsatzsteuer bildet demgegenüber eine allgemeine Verbrauchsteuer[367].
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Aufwandsteuern zielen darauf ab, den Einsatz finanzieller Mittel für die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustandes zu belasten. Anknüpfungspunkte sind etwa das Halten von Tieren oder das Innehaben einer Zweitwohnung. Einzige bundesgesetzlich geregelte Aufwandsteuer ist die Kraftfahrzeugsteuer, die übrigen Aufwandsteuern sind Gemeindesteuern.
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Verkehrsteuern unterscheiden sich von den Verbrauchsteuern dadurch, dass sie nicht an einen tatsächlichen Vorgang, sondern an einen Akt des Rechtsverkehrs anknüpfen und daher den Aufwand treffen wollen, der beim Abschluss eines bestimmten Rechtgeschäftes entsteht und dadurch eine spezifische Leistungsfähigkeit indiziert[368]. Klassische Verkehrssteuern sind die Grunderwerbsteuer und die Versicherungsteuer.
3. Einteilung nach der Auswirkung beim Steuerschuldner
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Die Aufteilung in indirekte und direkte Steuern gilt als älteste Systematisierung und betrifft die Auswirkung der Steuer beim Steuerschuldner[369]. Die Unterscheidung ist insbesondere auf europäischer Ebene zur Bestimmung der Harmonisierungsvorschriften von Bedeutung (vgl. Art. 113 AEUV)[370].