maßgeblichen Beweggründe eine sachgerechte Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss zu ermöglichen.[278] Dies gilt insbesondere für Minderheitsaktionäre, die durch die Verwässerung ihres Anteils am Aktienkapital der Gesellschaft weiter an Einfluss verlieren. Gerade sie sollen vor der Beschlussfassung und zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die formellen, insbesondere jedoch über die materiellen Gründe für den Bezugsrechtsausschluss informiert werden.[279]
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Der Inhalt des Berichts muss den Aktionären bereits mit der Einberufung der HV zugänglich gemacht werden.[280] Der Vorstandsbericht ist von der Einberufung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht auszulegen.[281] Zudem ist er in entsprechender Anwendung des § 124a AktG auf der unternehmenseigenen Internetseite zu veröffentlichen, wenn die Gesellschaft börsennotiert ist.[282] Ob weiterhin eine Zusendung von Abschriften des Berichts an Aktionäre, die dies verlangen, erforderlich ist oder insoweit ein Versand via E-Mail genügt, ist zweifelhaft.[283] Die Zusendung von Abschriften ist aus Rechtssicherheitsgründen jedoch zu empfehlen. Nach umstrittener Ansicht entfällt die Pflicht zur Auslage und Zusendung des Berichts, wenn er freiwillig oder aufgrund entsprechender Anwendung des § 124a AktG auf der unternehmenseigenen Internetseite veröffentlicht wird.[284] Nach h.M. ist zusätzlich mit der Bekanntmachung der Einberufung der HV eine Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts des Vorstandsberichts in entsprechender Anwendung des § 124 Abs. 2 S. 3, 2. Alt. AktG erforderlich.[285] Eine Vorlage des schriftlichen Berichts während der HV ist aufgrund der geänderten Fassung des § 186 Abs. 4 S. 2 AktG dagegen nicht mehr erforderlich, aber ausreichend.[286] Anstelle der Vorlage ist eine Information der an der HV teilnehmenden Aktionäre in elektronischer Form, beispielsweise durch aufgestellte Monitore, ebenfalls zulässig.[287]
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Zum Inhalt des Berichts macht § 186 Abs. 4 S. 2 AktG nur wenige Angaben. Da der Bericht seinem Sinn und Zweck nach eine Entscheidungshilfe für die Aktionäre darstellen soll, muss er die für die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss wesentlichen Tatsachen enthalten.[288] Konkret sollte begründet werden, warum ein gesteigertes Interesse der AG an einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts besteht, welche Alternativen der Gesellschaft zu einer solchen Kapitalbeschaffungsmaßnahme bestehen und welche konkreten Nachteile die ausgeschlossenen Aktionäre durch die Kapitalmaßnahme erleiden.[289] Der Vorstand muss eine eigene Bewertung der Gründe für den Bezugsrechtsausschluss vorlegen und darf nur zu solchen Themen schweigen, über die er gem. § 131 Abs. 3 AktG im Interesse der Gesellschaft keine Auskunft geben muss.[290]
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Maßgeblich für die Bewertung der den Aktionären entstehenden Nachteile ist die Angabe des Ausgabebetrages, welcher vom Vorstand zu begründen ist (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG). Dabei hat der Vorstand konkrete Angaben zu den Berechnungsgrundlagen und den Bewertungskriterien zu machen,[291] ohne jedoch verpflichtet zu sein, im Rahmen des Bezugsrechtsausschlusses einen bestimmten Ausgabebetrag zu nennen.[292] Insoweit reicht auch hier die Angabe eines Höchst- oder Mindestbetrages. Ist der Ausgabebetrag unangemessen, so steht den Aktionären gem. § 255 Abs. 2 AktG ein besonderes Anfechtungsrecht zu. Bei einer Ausgabe der Aktien zum Nennbetrag oder zum niedrigsten anteiligen Ausgabebetrag ist zu begründen, warum der Vorstand einen höheren Mindestbetrag für unangemessen hält.[293]
1.7.6.2 Materielle Voraussetzungen
1.7.6.2.1 Erfordernis sachlicher Rechtfertigung
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Die materiellen Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss sind in § 186 Abs. 3 und 4 AktG nicht ausdrücklich geregelt. Es besteht dennoch Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, dass der Bezugsrechtsausschluss aufgrund der Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.[294] Eine sachliche Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss ist gegeben, wenn der Bezugsrechtsausschluss einen Zweck hat, der im Interesse der Gesellschaft liegt und der Bezugsrechtsausschluss zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich ist.[295] Darüber hinaus müssen die für die Gesellschaft aufgrund des Ausschlusses erreichten Vorteile in einem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen der betroffenen Aktionäre stehen.[296] An die sachliche Begründung für den Bezugsrechtsausschluss sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je schwerer der Eingriff in die mitgliedschaftlichen Rechte und in die vermögensrechtliche Stellung der ausgeschlossenen Aktionäre wiegt.[297]
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Die Beurteilung der vorgenannten Kriterien durch den Vorstand der AG ist typischerweise eine Prognoseentscheidung, welche auf den Zeitpunkt ex ante[298] abstellt und naturgemäß unternehmerischen Ermessensspielraum lässt.[299] Dies ist bei einer gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung stets zu berücksichtigen, sodass den zuständigen Gremien der AG letztendlich ein Kernbereich nicht nachprüfbaren Ermessensspielraums im Sinne der „business judgement rule“ zugebilligt werden muss.[300]
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Eine sachliche Rechtfertigung ist hingegen nicht erforderlich, wenn alle betroffenen Aktionäre dem Bezugsrechtsausschluss zustimmen.[301]
1.7.6.2.2 Gesellschaftsinteresse
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Ein sachlicher Grund für den Bezugsrechtsschluss ist nur gegeben, wenn ein besonderes Interesse der Gesellschaft an der Kapitalerhöhung und dem Bezugsrechtsausschluss besteht.[302] Ein Zurücktreten des Gesellschafterinteresses kann auch aus der Treubindung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft abgeleitet werden.[303]
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Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Bezugsrechtsausschluss im Rahmen des Unternehmensgegenstands den Gesellschaftszweck fördert.[304] Dabei ist es nicht erforderlich, dass überragende Interessen der Gesellschaft berührt sind oder gar die Gesellschaft ohne die Maßnahme in ihrer Existenz bedroht ist.[305] Ausreichend ist jedes berechtigte Interesse der Gesellschaft,[306] z.B. an der Wahrnehmung oder Förderung ihrer Chancen und ihrer Stellung am Markt.[307]
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Nicht identisch mit dem Gesellschaftsinteresse sind hingegen die Interessen des Gesamtkonzerns,[308] deren Teil die Gesellschaft ist, von einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen[309] sowie die Interessen des Vorstands und des Aufsichtsrats an der Stärkung ihrer Position innerhalb der Gesellschaft.[310]
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Ein im Gesellschaftsinteresse liegender Grund zum Ausschluss des Bezugsrechts ist anzunehmen, wenn Arbeitnehmeraktien ausgegeben werden.[311] Ein im Gesellschaftsinteresse liegender sachlicher Grund liegt weiterhin vor, wenn der Bezugsrechtsausschluss zu Sanierungszwecken erfolgt oder ohne den Bezugsrechtsrechtsausschluss der Fortbestand der AG nicht gesichert wäre.[312]
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Nicht im Gesellschaftsinteresse wäre es hingegen, den Bezugsrechtsausschluss zur Verdrängung einzelner, unter Umständen unliebsamer Aktionäre aus der Gesellschaft einzusetzen.[313]
1.7.6.2.3 Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit
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Weitere Voraussetzung für einen sachlichen Grund ist, dass der Bezugsrechtsausschluss geeignet ist, den zur Förderung des Gesellschaftsinteresses angestrebten Zweck zu erreichen.[314] Darüber hinaus muss die Maßnahme erforderlich sein. Erforderlichkeit liegt nicht vor, wenn gleichwertige Alternativen zum Bezugsrechtsausschluss bestehen oder sogar bessere Möglichkeiten zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft existieren.[315] Der Ausschluss muss also das einzige oder jedenfalls das deutlich bessere Mittel zur Erreichung des Gesellschaftsinteresses sein.[316] Dies ist nicht der Fall im Rahmen der normalen Barkapitalerhöhung, bei der es für die Gesellschaft in der Regel unerheblich ist, von wem die neuen Einlagen stammen. Es ist somit nicht erforderlich,