Büchmann Georg

Geflügelte Worte: Der Citatenschatz des deutschen Volkes


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fast buchstäblich die beiden letzten Verse in einem Sonett (1829) mit dem Zusatz: "come dice un poeta da Mugello" "wie's ein Poet Mugellos ausgedrückt". Wir aber citieren die Schlusssentenz in der französischen Fassung des Grafen Saint-Simon ("Catéchisme des industriels". Paris 1823, s. "Oeuvres" Paris 1875. Vol. VIII, p. 53):

      ôte-toi de là, que je m'y mette!—

      Ein Himmel, wie ein Sack

      sagen wir nach Jesaias 50, 3: "Ich kleide den Himmel mit Dunkel und mache seine Decke als einen Sack".—

      Wer geduldig, still und willig anderen nachgiebt, von dem sagen wir, nach Jesaias 53, 7 und Apostelg. 8, 32, er sei

      wie ein Lamm.—

      Wer da schweigt, wo er reden sollte, von dem sagen wir, er sei

      Ein stummer Hund

      nach Jesaias 56, 10: "Alle ihre Wächter sind blind, sie wissen alle nichts: stumme Hunde sind sie, die nicht strafen; sind faul, liegen und schlafen gerne".—

      Kopfhänger und Kopfhängerei

      bilden wir nach Jesaias 58, 5: "Sollte das ein Fasten sein, das ich erwählen soll, dass ein Mensch seinem Leibe des Tages über Leid thue oder seinen Kopf hänge wie ein Schilf . . .", aus Jeremias 48, 39: "Wie heulen sie! Wie schändlich hängen sie die Köpfe!" und aus Sirach 19, 23: "Derselbige Schalk kann den Kopf hängen und ernstlich sehen und ist doch eitel Betrug".—

      Von Leuten, die Böses sinnen, sagen wir, dass sie

       Basiliskeneier ausbrüten

      nach Jesaias 59, 5: "Sie brüten Basiliskeneier und wirken Spinnwebe. Isset man von ihren Eiern, so muss man sterben, zertritt man sie aber, so fährt eine Otter heraus", (vrgl. Plinius: "Basiliskenblick".)—

      

      Nach Jeremias 4, 20 und 11, 16 reden wir von einem

      Mordgeschrei,

      nach Jeremias 12, 6 von

      Zeter schreien,

      und nach Amos 3, 9 und Judith 14, 16 von

      Zetergeschrei,

      woraus wir gebildet haben

      Mord und Zeter schreien und Zeter Mordio.—

      Das übliche Bild vom

      Lockvogel

      findet sich zuerst bei Jeremias 5, 27: "ihre Häuser sind voller Tücke, wie ein Vogelbauer voller Lockvögel ist"; und bei Sirach 11, 81: "Ein falsch Herz ist wie ein Lockvogel auf dem Kloben und lauert, wie er dich fangen möge", (vrgl. auch: Lockspitzel.)—

      Jeremias 7, 11: "Haltet ihr denn dies Haus, das nach meinem Namen genannt ist, für eine Mördergrube?" citiert Matth. 21, 13 (vrgl. Luk. 19, 46) in der Form: "Mein Haus soll ein Bethaus heissen. Ihr aber habt eine Mördergrube daraus gemacht", und wir citieren danach ganz ungenau, wenn wir statt "aus jemandes Hause . . ." sagen:

      Aus seinem Herzen eine Mördergrube machen.—

      Jeremias 12, 13 (vrgl. Sirach 11, 11) heisst es von den Gottlosen: "sie lassen es ihnen [= sich] sauer werden, aber sie werden es nicht geniessen", daher wir sagen:

      Es sich oder Sich's sauer werden lassen.—

      Auf Jeremias 13, 23: "Kann auch ein Mohr seine Haut wandeln, oder ein Parder seine Flecken?" beruht:

      Mohrenwäsche, einen Mohren weiss waschen.

      Die Griechen sagten sprichwörtlich: "Einen Aethiopier abreiben". (S. Aesop, Fab. 13 rec. v. Halm, Lucian "An den Ungebildeten", 28 und Zonaras 15, 4.)—

      "Gnade und Barmherzigkeit" findet sich sehr oft in der Schrift; aber

      ohne Gnade und Barmherzigkeit,

      wie wir zu sagen pflegen, beruht wohl auf Jeremias 16, 5: ". . . ich habe meinen Frieden von diesem Volk weggenommen, spricht der Herr, samt meiner Gnade und Barmherzigkeit", wobei dann noch vorschweben mag Psalm 56, 8: "Gott stosse solche Leute ohne alle Gnade hinunter" oder Psalm 59, 14: "Vertilge sie ohne alle Gnade" und 2 Macc. 5, 12: "Und hiess die Kriegsknechte erschlagen ohne alle Barmherzigkeit" oder Ebr. 10, 28: "Wenn jemand das Gesetz Mosis bricht, der muss sterben ohne Barmherzigkeit".—

      Jeremias 26, 23 lesen wir, dass Jojakim des hingerichteten Uria "Leichnam unter dem

      gemeinen Pöbel.

      begraben" liess.—

      Jeremias 31, 34 spricht der Herr: "ich will ihnen ihre Missethat vergeben und ihrer Sünde nicht mehr gedenken", danach wir sagen:

      vergeben und vergessen.—

      Jeremias 32, 7-8 steht geschrieben: "Du hast das nächste Freundrecht dazu, . . . denn du hast Erbrecht dazu und du bist der Nächste". Daraus stammt das vielcitierte Lieblingswort der Frau Pastorin in Fritz Reuters "Ut mine Stromtid" (1862-64):

      Ich bin die Nächste dazu.—

      Jeremias 32, 34 steht:

      versiegelt und verbrieft.—

      

      Nach Jeremias 33, 8: "Er hält weder Treue noch Glauben" sagen wir:

      Treue und Glauben halten.—

      Jeremias 50, 43 (s. Hesekiel 30, 16) heisst es vom Könige zu Babel: "ihm wird so

      angst und bange werden,

      wie einer Frau . . . . . . .". Nach Sirach 4, 19 sagen wir:

      angst und bange machen,

      ("bange und angst" steht 1. Maccab. 13, 2).—

      Nach Jeremias 51, 6: "Fliehet aus Babel, damit ein jeglicher seine Seele errette . . .", 51, 9: "Wir heilen Babel, aber sie will nicht heil werden . .", 51, 24: "ich will Babel vergelten alle ihre Bosheit, die sie an Zion begangen . . ." 51, 25: "Siehe, ich will an Dich, du schädlicher Berg . . ." und nach anderen Bibelstellen dient

      Babel

      uns zur Bezeichnung einer sündhaften Grossstadt. Wer bildete danach das für Paris übliche Wort:

      Seinebabel?—

      Aus Jeremias 51, 39 (s. auch 57) entnehmen wir:

      Den ewigen Schlaf schlafen,

      denn es heisst dort: "Ich will sie . . . trunken machen, dass sie fröhlich werden und einen ewigen Schlaf schlafen, von dem sie nimmermehr aufwachen sollen, spricht der Herr".—

      Nach "Klaglieder Jeremiae" bilden wir:

      Jeremiade.—

      Aus 2, 11 (vrgl. Baruch 2, 18) entnehmen wir:

      sich die Augen ausweinen.—

      

      2, 12 (vrgl. Apostelg. 5, 5 und 10; 12, 23) bringt uns die übliche Wendung für "sterben":

      Den Geist aufgeben.—

      3, 41: "Levemus corda nostra cum manibus ad Dominum in coelos" "Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel" scheint die Quelle des

      Sursum corda! empor die Herzen!

      zu sein, womit der katholische Priester die "Praefatio", den Lobgesang beginnt, welcher den "Canon missae", die Einsegnung des Brotes und Weines, einleitet. Die Gemeinde respondiert dann: "habemus ad Dominum" "wir haben sie zum Herrn (emporgerichtet)". Schon Cyprian, der Kirchenvater (3. Jahrh.), erwähnt diesen Brauch ("De dominica oratione" "Über das Gebet des Herrn", 31).—

      Hesekiel 3, 19 (vrgl. 33, 9) lautet: "Wo du aber den Gottlosen warnest und er sich nicht bekehret von seinem gottlosen Wesen und Wege: so wird er um seiner Sünde willen sterben; aber du hast eine Seele errettet". Daher rührt unser:

      dixi