Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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all ihr Trost, all ihre Kraft,

      Ihr Kampf und ihre Ritterschaft,

      Ihre Würdigkeit und Ehre all

      Dahin war mit des Herren Fall.

      Doch Er war schönen Tod gestorben;

      Sie gar zu jämmerlich verdorben.

      Mit wie großem Schaden

      Auch Leut und Land beladen

      Waren durch den Tod des Herrn,

      So kläglich wars doch nicht von fern,

      Als da man diese scharfe Noth

      Und den erbarmenswerthen Tod

      An dem süßen Weibe sah.

      Das Ungemach, das ihr geschah,

      Beklag ein jeder werthe Mann,

      Und wer je von Frauen Heil gewann

      Oder künftig will gewinnen,

      Der erwäg in seinen Sinnen

      Wie es an solchen Dingen

      So leichtlich mag misslingen

      Der besten Frau, dem besten Mann,

      Wie leicht das Glück sie pfänden kann

      Am Leben, am Leibe,

      Und soll dem reinen Weibe

      Gnade wünschen und erflehn,

      Daß Gott geruh ihr beizustehn,

      Ihr Helfer und ihr Trost zu sein;

      So sag ich von dem Kindelein,

      Das Mutter hat noch Vater,

      Wie Gott war sein Berather.

      III. Rual li foitenant.

      Wer Trauer stäts und Treue

      Dem Freunde trägt aufs Neue,

      Dem lebt der Freund aufs Neue;

      Das ist die gröste Treue.

      Wer stäts dem Freunde Trauer trägt,

      Ihm nach dem Tode Treue hegt,

      Das ist vor allem Lohne,

      Ist aller Treue Krone.

      Mit derselben Krone waren

      Gekrönt, das hab ich wohl erfahren,

      Der Marschall und sein Weib, das gute,

      Die gleiche Treu in Einem Muthe

      Gott und der Welt bewährten

      Und durch ihr Vorbild lehrten

      Vor der Welt und Gott zumal,

      Daß sie, wie es Gott befahl,

      Nach ganzer Treue zielten

      Und sie unverbrüchlich hielten

      Ohn End und ohne Wende

      Bis an ihr Beider Ende.

      Und so Wer sollt auf Erden

      Für seine Treue werden

      König oder Königin,

      So verdienten Sie wohl den Gewinn,

      Wie ich euch von den Beiden

      In Wahrheit mag bescheiden,

      Wie Er und Sie sich treu erwies.

      Als Blanscheflur ihr Leben ließ

      Und Riwalin begraben war,

      Das verwaiste Kind, das sie gebar,

      Dem giengs nach solchen Ungenaden

      Gar wohl: es sollt ihm wenig schaden.

      Der Marschall und die Marschallin

      Nahmen das kleine Waislein hin

      Und hielten es mit Sorgen

      Vor aller Welt verborgen.

      Sie sagten oder ließen sagen,

      Ihre Herrin hätt ein Kind getragen,

      Das wäre mit und in ihr todt.

      Von dieser dreifachen Noth

      Mehrte sich des Landes Klage,

      Ihre Klage mehrte noch die Sage:

      Sie klagten, daß Riwalin erstarb,

      Klagten, daß Blanscheflur verdarb,

      Klagten um ihr Kindelein,

      Das ihr Trost doch sollte sein,

      Daß das erstorben wäre.

      Bei dieses Leides Schwere

      Gieng ihnen schier der Schrecken

      Vor Morgans Drohn, des Kecken,

      So nah als ihres Herren Tod.

      Denn das ist die gröste Noth,

      Die man auf Erden haben mag,

      Wenn Einem immer Nacht und Tag

      Der Todfeind vor den Augen steht:

      Das ist die Noth, die nahe geht,

      Das ist ein lebendger Tod.

      In dieser lebenden Noth

      Ward Blanscheflur zu Grab getragen.

      Da mochte Jammer viel und Klagen

      Ob ihrem Grab vernommen werden;

      Haarzerraufender Geberden

      Sah man da viel und allzu viel.

      Nun will ich aber ohne Ziel

      Eure Ohren nicht beschweren

      Mit allzu kläglichen Mären,

      Weil es den Ohren missbesagt,

      Wo man zu viel von Klage sagt;

      Und sagt es Einer noch so gut,

      Es steht ihm doch zuletzt nicht gut.

      So laßen wir denn langes Klagen

      Und fleißen uns dafür zu sagen

      Von dem verwaiseten Kind,

      Dem die Mären hier gewidmet sind.

      Oft kehrt das Glück vom Glücke

      Zum Ungemach zurücke

      Und wiederum zurücke

      Vom Ungemach zum Glücke.

      Der wackre Mann soll in der Noth,

      Wie schlimm es auch zu gehen droht,

      Gedenken, was ihm helfen mag.

      So lang ihm scheint des Lebens Tag

      Soll er mit den Lebendgen leben

      Und sich selbst zum Leben Hoffnung geben:

      So that der Marschall Foitenant.

      Wie übel seine Sache stand,

      Doch bedacht er mitten in der Noth

      Des Landes Fall, den eignen Tod.

      Als er keine Hülfe schaute,

      Sich mit der Wehr nicht traute

      Vor seinem Feind zu fristen,

      So wehrt' er sich mit Listen.

      Er berieth die Ritter allzumal,

      Denen einst sein Herr befahl,

      Daß sie die Waffen ließen ruhn:

      Sie sollten anders nichts mehr thun

      Als