Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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thu ichs, zweifelt nicht daran.

      Ich geh sogleich zu ihm hernieder;

      Seh ihn und kehre eilends wieder.

      Ich erspäh auch die Gelegenheit,

      Da wo er liegt, und Ort und Zeit,

      Und erkundge nach den Leuten mich.«

      Da gieng sie hin und stellte sich

      Als käme sie ihn zu beklagen,

      Und sah die Zeit ab, ihm zu sagen,

      Ihr Fräulein woll ihn gerne sehn,

      Könn es anders geschehn

      Mit Fug und in Ehren.

      Sie kam mit diesen Mären

      Zu ihrem Fräulein von dem Mann.

      Sie nahm die Magd und legt' ihr an

      Eines armen Bettelweibes Kleid.

      Ihres Angesichtes Schönheit

      Mit dichten Tüchern sie verband,

      Und nahm ihr Fräulein bei der Hand

      Und kam zu Riwalinen so.

      Der hatte, des Besuches froh,

      Die Seinen ausgetrieben

      Und war allein geblieben.

      Er sprach: »Es ist mein Wille:

      Ich brauche Ruh und Stille.«

      Zu den Leuten sprach die Meisterin,

      Sie brächt ihm eine Ärztin,

      Und erwarb, daß man sie zu ihm ließ.

      Den Riegel vor die Thür sie stieß:

      »Nun« sprach sie, »Fräulein, sehet ihn.«

      Und sie, die Schöne, eilte hin,

      Und als sie ihm ins Auge sah,

      »O weh mir immer!« sprach sie da;

      »Weh, daß ich jemals ward geboren!

      Meine Hoffnung, wie ist die verloren!«

      Da nickt' ihr Riwalin nur kaum:

      Die Kräfte ließen ihm nicht Raum

      Als einem todsiechen Mann.

      Das sah sie aber wenig an

      Und verdacht es nicht, nein, liebeblind

      Saß zu ihm das schöne Kind

      Und legte ihrem Riwalin

      Die Wang an seine Wange hin.

      Bis ihr da zu gleicher Zeit

      Von Freud und auch von Herzeleid

      Gar des Leibes Kraft entwich;

      Ihr rosenfarbner Mund erblich,

      Die lichten Lebensfarben

      Erloschen und erstarben,

      Die sie geziert bis diesen Tag.

      Ihren klaren Augen ward der Tag

      Trüb und finster wie die Nacht.

      So lag sie in der Ohnmacht

      Und ohne Sinne lange,

      Ihre Wang an seine Wange

      Sanft gelehnt, als wär sie todt.

      Als sie darauf aus dieser Noth

      Zu Kraft ein wenig wieder kam,

      Ihr Lieb sie in die Arme nahm,

      Legt' ihren Mund an seinen

      Und küsst' in einer kleinen

      Weil' ihn hunderttausendmal,

      Bis sich aus ihrem Munde stahl

      In ihn die Glut der Minne;

      Denn Minne war darinne.

      So gab ihr Mund ihm Freude kund

      Und lieh ihm solche Kraft ihr Mund,

      Daß er das kaiserliche Weib

      An seinen halbtodten Leib

      Nahe zwang und inniglich.

      Nicht lange mehr verzog es sich

      Bis da Beider Wunsch ergieng

      Und das süße Weib empfieng

      Von des Mannes Heimlichkeit.

      Auch war er von der süßen Maid

      Beinah, und von der Minne todt.

      Half ihm Gott nicht aus der Noth,

      So konnt er nimmermehr gedeihn;

      So genas er, denn es sollte sein.

      So kam, daß Riwalin genas

      Und Blanscheflur die schöne saß

      Von ihm beladen und entladen

      Mit zwei verschiednen Herzensschaden:

      Sie ließ groß Leid wohl bei dem Mann,

      Doch trug sie größeres hindann.

      Sie ließ sehnliche Herzensnoth

      Und trug mit sich hinweg den Tod.

      Die Noth ließ sie mit Minnen dort;

      Den Tod im Kinde trug sie fort.

      Und gleichwohl, wie ihr auch geschah,

      In welcher Weise sie sich sah

      Von ihm entladen und beladen

      So mit Frommen als mit Schaden,

      Ihr Herz sah doch nichts andres an

      Als die süße Lieb und lieben Mann.

      Ihr war das bittre Todeslooß,

      Das Kind nicht kund in ihrem Schooß;

      Doch Mann und Minne war es wohl.

      Sie that wie der Lebendge soll

      Und gern der Minnende thut:

      Ihr Herz lag, all ihr Wunsch, ihr Muth

      An Riwalin alleine.

      Hinwieder lag der seine

      An ihr und ihrer Minne.

      So trugen sie im Sinne

      Eine Liebe nur, und Ein Begehr.

      So war er sie und sie war er,

      Er war für sie und sie für ihn,

      Hier Blanscheflur, da Riwalin,

      Hier Riwalin, da Blanscheflur,

      In Beiden Eine Liebe nur.

      Ihr Leben war Ein Leben so,

      Sie waren miteinander froh

      Und erhöhten ihr Gemüthe

      Durch Liebe sich und Güte.

      Und konnten sie beisammen sein,

      Diese Beiden ganz allein,

      So war ihr Glück vollkommen,

      Ihnen alles Leid benommen:

      Sie hätten nimmermehr ihr Leben

      Um alle Reiche hingegeben.

      Doch währte das nicht lange:

      Kaum war ihr Glück im Gange,

      Daß sie am Besten lebten,

      In den höchsten Freuden schwebten,

      Da empfieng die Kunde Riwalin,

      Morgan, sein Feind, woll überziehn