Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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      In der ich alle meine Tage

      Ersterbe mit lebendgem Leib.

      Herr, helft ihr nicht dem armen Weib

      Und fügt es nicht der Himmel so,

      Ich werde nimmer wieder froh.«

      »Traute Frau«, sprach er zu ihr,

      »Da ihr viel Leides habt von mir,

      Will ichs euch büßen, wo ich kann,

      Und Sorge tragen, daß fortan

      Euch Schande nicht und Wehe

      Durch meine Schuld entstehe.

      Was in Zukunft auch geschehen mag,

      Ich hab an euch so lieben Tag

      Erlebt, daß es unbillig wär,

      Wenn ihr irgendwie Beschwer

      Mit meinem Willen solltet tragen.

      Frau, ich will euch gänzlich sagen

      Mein Herz und allen meinen Muth.

      Es gescheh euch übel oder gut,

      Lieb oder Leid, des habt Bericht,

      Davon geschieden werd ich nicht,

      Da will ich immer sein dabei,

      Wie kümmerlich es anders sei.

      Ich biet euch zweier Dinge Kür,

      Die leget euerm Herzen für:

      Ich reise oder bleibe hier;

      Nun wählet und gebietet mir.

      Wollt ihr, daß ich hier bestehe

      Und erwarte, wie es euch ergehe,

      Das sei. Geruhet ihr jedoch

      Mit mir heimzufahren heute noch,

      Ich selbst und was ich je gewann,

      Das ist euch Alles unterthan.

      Ihr erbotet Liebes mir so viel,

      Daß ich es euch gedenken will

      Mit Leben und mit Gute.

      Wie euch nun sei zu Muthe,

      Herrin, des bescheidet mich:

      Was ihr wollt, das will auch ich.«

      »Herr, ich dank euch«, sprach sie froh,

      »Ihr sprecht und bietet mir es so,

      Daß Gott euch lohnen müße

      Und daß ich eure Füße

      Immer gern umfaßen soll.

      Freund und Herr, ihr wißet wohl,

      Meines Bleibens kann hier unlang sein.

      Die Angst um mein Kindelein,

      Die mag ich leider nicht verhehlen:

      Wüst ich mich hinweg zu stehlen,

      Das wäre mir der beste Rath,

      Da es sich so gewendet hat.

      Gebieter, dazu rathet ihr.« –

      »Nun Herrin«, sprach er, »folget mir.

      Wenn ich zu Schiffe geh die Nacht,

      So fügt es also, daß ihr sacht

      Und unbemerkt dahin mögt kommen;

      Wenn ich Urlaub genommen,

      Daß ich euch dann da finde

      Bei meinem Ingesinde.

      So fügt es, denn so muß es sein.«

      Hiemit gieng Riwalin hinein

      Zu Mark und sagt' ihm Märe

      Was ihm entboten wäre

      Von seinem Volk und seinem Land.

      Urlaub nahm er zuhand

      Von ihm und seinem ganzen Bann.

      Die klagten um den werthen Mann,

      Daß er nie größre Klage sah

      Als die da um ihn geschah.

      Viel Segen ward ihm mitgegeben,

      Daß ihm Gott doch Ehr und Leben

      Beschirme heut und immerdar.

      Als nun die Nacht gesunken war

      Und er zu seinem Schiffe kam

      Und sein Geräth all an sich nahm,

      Da fand er seine Herrin dort,

      Die schöne Blanscheflur am Ort.

      Da fuhr er an das Schiff heran

      Und mit dem Schiff alsbald hindann.

      Als Riwalin zu Lande kam

      Und die große Noth vernahm,

      Die Morgan über ihn gebracht

      Durch seines Heeres Übermacht,

      Alsbald nach seinem Marschall sandte

      Riwalin, des Treu er kannte,

      An dem sein gröster Trost noch lag,

      Der aller seiner Ehren pflag

      In seinem Volk und in dem Land:

      Das war Rual li foitenant,

      Der Ehr und Treue fester Haft,

      An Treue niemals wankelhaft;

      Der sagt' ihm Alles aus dem Grund,

      Wie er es wust und wohl verstund,

      Wie bittre Noth erstanden

      Dem Volk wär und den Landen;

      Doch sprach er: »Da ihr noch beizeit

      Zum Trost uns All gekommen seid,

      Und Gott euch heimgesendet hat,

      So wird des wohl noch Alles Rath,

      Wir mögen noch gar wohl gedeihn:

      Wir wollen hohes Muthes sein

      Und Angst und Sorge fahre hin.«

      Inzwischen sagt' ihm Riwalin

      Was all ihm Liebes widerfuhr

      Mit seiner schönen Blanscheflur:

      Des freute sich der treue Mann.

      »Ich seh wohl«, sprach er, »Herr, hieran,

      Eure Ehre wächst in aller Weis,

      Eure Würdigkeit und euer Preis,

      Eure Freud und eure Wonne,

      Die steigen wie die Sonne.

      Ihr könntet auf der Erden

      Von keinem Weibe werden

      So hohes Namens als mit ihr.

      Drum, lieber Herre, folget mir:

      Hat sie wohl an euch gethan,

      Laßt sie dafür auch Lohn empfahn.

      Wenn wir unser Ding beenden

      Und diese Noth all von uns wenden,

      Die uns so schwer liegt auf dem Rücken,

      So richtet, Herr, von freien Stücken

      Eine schöne Hochzeit an.

      Vor Verwandten und dem ganzen Bann

      Empfangt sie öffentlich zur Ehe.

      Und noch zuvor, eh das geschehe,

      Nehmt in der