Und aller Trauer Galle war.
Wer jemals diese Märe gar
Vernimmt, erkennt wohl, daß dem Leben
Der Nam entsprechend ward gegeben:
Er war, so wie er hieß, ein Mann,
Und hieß recht wie er war, Tristan.
Wer aber gerne hätt erkannt,
Aus welchem Grunde Foitenant
Verbreiten ließ die Märe,
Seines Herren Kindlein wäre
Von der Geburtsstunde Noth
Mit seiner todten Mutter todt,
Dem geben wir den Grund wohl an:
Es ward aus Treue gethan.
Wegen Morgan that es der Getreue,
Vor seinem Haße trug er Scheue.
Er sorgte, wüst er um das Kind,
So würd er es mit List geschwind
Oder mit Gewalt verderben
Und das Land berauben seines Erben.
Deshalb nahm der treue Mann
Zum Kinde sich das Waislein an
Und erzogs zu seinem Sohne,
Wofür die Welt zum Lohne
Ihm Gottes Gnade wünschen soll:
Das verdient' er an der Waise wohl.
Als das Kind nun war getauft,
Nach Christenbrauch dem Heil erkauft,
Da nahm ihr liebes Kindlein hin
Die tugendreiche Marschallin
In ihre heimliche Pflege:
Sie wollt es alle Wege
Selbst hüten und besorgen
Den Abend wie den Morgen.
Mit so süßem Fleiße Tag und Nacht
Hielt die süße Mutter ihn bewacht,
Daß sie ihm auch nicht gönnte,
Daß er nur unsanft könnte
Den Fuß zu Boden schieben.
Als sie das mit ihm getrieben
Bis sein siebtes Jahr war voll,
Daß er Geberd und Rede wohl
Verstehen konnt und auch verstand,
Da kam der Marschall allzuhand
Und befahl ihn einem weisen Mann.
Mit diesem sandt er ihn hindann
In fremdes Land der Sprache wegen;
Da sollt er sich aufs Lernen legen,
Das Lesen und das Schreiben
Bei ihm mit Fleiß betreiben
Vor jedem andern Unterricht.
Das war der erste Verzicht,
Den er auf seine Freiheit that,
Nun er in den Bannkreiß trat
Anerzwungner Sorgen,
Die ihm zuvor verborgen
Und noch erlaßen waren.
In seines Aufblühns Jahren,
Da sein Glück erst sollt erstehn,
Der Freud er sollt entgegengehn,
In seines Lebens Beginn,
Da war sein bestes Leben hin.
Als er freudig zu erblühn begann,
Da fiel der Sorge Reif ihn an,
Der mancher Jugend Schaden thut
Und sengt' ihm seiner Freuden Bluth.
Da seine Freiheit begann
War seine Freiheit hindann.
Die Bücherweisheit und ihr Zwang
War seiner Sorgen Anfang,
Und doch, als er damit begann,
Kehrt' er seinen Sinn daran
Und sein Befleißen also sehr,
Daß er in den Büchern mehr
Erlernet hatt in kurzer Frist
Als je ein Kind, von dem ihr wißt.
Zwischen beiden Lernungen,
In den Büchern der und der der Zungen,
Verwandt er seiner Zeit noch viel
Auf jede Art von Saitenspiel.
Daran kehrt' er spät und früh
Seine Emsigkeit und Müh,
Bis er es herrlich konnte.
Zu lernen begonnte
Er heute dieß und morgen das,
Und konnt ers wohl, noch lernt' ers baß.
Ferner lernt' er nebenher
Mit dem Schild und mit dem Sper
Wohl und behende reiten,
Das Ross zu beiden Seiten
Geschickt mit Sporen rühren,
Es stolz im Sprunge führen,
Loisieren und Turnieren,
Mit den Schenkeln sambelieren
Nach Gebrauch im Ritterspiel;
So tummelt' er sich oft und viel.
Wohl schirmen, wacker ringen,
Schnell laufen, tüchtig springen,
Dazu schießen den Schaft,
Darin versucht' er oft die Kraft.
Wir hören wohl auch von ihm sagen,
Es lernte birschen und jagen
Nie ein Mann so wohl als er,
Es wäre dieser oder der.
Die man bei Hofe spielen soll,
Die Spiele konnt er alle wohl.
Er war auch so am Leibe
Beschaffen, daß vom Weibe
Nie ein schönrer Jüngling ward geboren.
An ihm war Alles auserkoren,
So der Muth wie die Geberden;
Doch leider soll durchflochten werden,
Wie ich es las, dieß Heil mit Schaden:
Er war mit Kummer stäts beladen.
Nun er zu vierzehn Jahren kam,
Der Marschall ihn nach Hause nahm
Und hieß ihn alle Zeiten
Fahren und reiten,
Zu erforschen Leut und Land
Bis er gründlich erkannt
Des Landes Sitten habe.
Das that der werthe Knabe
So löblich und behende,
Daß man nicht Höfschern fände
Wohl in dem ganzen Reiche,
Noch der sich vergleiche
Diesem Knaben Tristan.
So sah die ganze Welt ihn an
Mit