Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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      Weich und linde, klein und schlank

      Und wie ein Hermelin so blank;

      Mit diesen rührt' und schlug er schöne

      Grund- und schnelle Wandeltöne,

      Seltsame, süße, reine.

      Da dacht er auch an seine

      Lieder aus der Briten Land;

      Den Hammer setzt' er ein gewandt,

      Zog diese Saite nieder,

      Die andre höher wieder

      Bis sie standen wie sie sollten stehn.

      Nun, das war alsbald geschehn:

      Der neue Harfenist, Tristan,

      Fieng seines neuen Amtes an

      Zu warten klug und weise.

      Seine Noten zu der Weise,

      Seine seltsamen Grüße,

      Die harft' er also süße,

      Und begleitete so schön

      Sich selbst mit Saitengetön,

      Daß Alles zu der Stelle lief,

      Dieser Jenen näher rief.

      Eilends lief die Höflingsschar

      Herbei, die in den Kammern war

      Und wähnten doch zu spät zu kommen.

      Herr Mark hatt Alles wohl vernommen:

      Er saß, des Spieles achtend,

      Seinen Freund Tristan betrachtend,

      Und verwunderte sich sehr,

      Daß so höfsche Gabe der,

      Und gute Kunst in seiner Brust

      (Er war sich ihrer doch bewust)

      Verhehlen mochte bisheran.

      Nun, weiter spielte Tristan

      Und wob den Leich hinein mit Sinn

      Von der stolzen Freundin

      Graland des Schönen:

      Den ließ er süß ertönen

      Und harfte so zu Preise

      Die britunische Weise,

      Daß da Mancher stund und saß,

      Der seines Namens schier vergaß.

      Da begannen Herz und Ohren

      Als würden sie zu Thoren

      Aus ihrer Pflicht zu wanken;

      Da wurden Gedanken,

      Seltsame, zu Tag gebracht;

      Da ward zu manchem Mal gedacht:

      »Ach, selig sei der Kaufmann,

      Der so höfschen Sohn gewann!«

      Seine Finger, ach, die weißen,

      Wie sah man die sich fleißen

      Und wühlen in den Saiten;

      Sie konnten Töne spreiten,

      Daß der Pallas wurde voll.

      Da zahlten Augen wohl den Zoll:

      Sie gaben alle Acht darauf

      Und folgten seiner Hände Lauf.

      Nun wars mit diesem Leich geschehn:

      Einen Boten ließ der König gehn,

      Der sprach, es wünschten Viele,

      Daß er noch einen spiele.

      »Mu voluntiers«, sprach Tristan;

      Herrlich hub er wieder an

      Einen Liebesleich wie eh

      Von der curtoisen Thisbe

      Aus dem alten Babylon:

      Den harft' er in so schönem Ton

      Und wandelte den Grundton auch

      Nach so meisterlichem Brauch,

      Daß es den Harfner Wunder nahm.

      Als die Gelegenheit dann kam

      Flocht der tugendliche Knabe

      Zu aller Ohren Labe

      Seine Chanzonen mit hinein:

      Er sang die Leichnötelein,

      Britunische, galoisische,

      Lateinische, französische,

      So süß mit seinem Munde:

      Sie wusten in der Runde

      Nicht, welches süßer wäre

      Oder würdiger der Ehre,

      Ob sein Harfen oder Singen.

      Sich hub von diesen Dingen,

      Von seinem Spiel, von seinem Sang

      Gerede viel, Gerede lang,

      Indem sie All gestanden

      Sie hätten in den Landen

      Das nie gehört, gesehen nie.

      Der sprach dort und dieser hie.

      Ach, was ist das für ein Kind!

      Was ist er uns ein Ingesind!

      Alle Kinder, die nun leben,

      Möchte man zu Tausche geben

      Für den Einen Tristan gleich.«

      Als nun Tristan seinen Leich

      Zu Ende brachte nach Begehr,

      Herr Marke sprach: »Tristan, geh her.

      Der dich das hat gelehret,

      Der sei vor Gott geehret

      Und du mit ihm: das hat wohl Grund.

      Ich hörte gerne deinen Mund

      Lieder singen vor der Nacht,

      Wenn doch dein Auge gern noch wacht.

      Nicht wahr, das thust du mir und dir?« –

      Ja, gerne, Herr. – »Nun sage mir,

      Kannst du noch ander Saitenspiel?« –

      Nein, sprach er, Herr. »Zier dich nicht viel;

      So lieb als ich dir bin, Tristan,

      Die rechte Wahrheit sag mir an.«

      Die Wahrheit sprach er da getreuer:

      »Ihr braucht mich nicht so hoch und theuer

      Zu mahnen, Herr: ich hätt es wohl

      Schon so gesagt, da ich es soll,

      Und ihr es wollet wißen.

      Herr, ich war beflißen

      Zu lernen jedes Saitenspiel;

      Und kann von Keinem doch so viel,

      Ich wüste gern davon noch mehr.

      Auch hab ich es nur nebenher

      Und nicht jeden Tag getrieben;

      Und bin dabei geblieben

      Kaum in das siebente Jahr

      Oder wenig drüber, das ist wahr.

      Man lehrte mich in Parmenie

      Fiedelspiel und Symphonie;

      Harfen und Rotten

      Lehrten mich Galiotten,

      Zwei Meister galoise;