Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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erfunden.«

      Da sprach der gute Tristan:

      »Nehmt nun diese Haut hindann,

      Denn meine Kunst ist hier am Ziel.

      Und wißet, hätt ich bei dem Spiel

      Euch beßer dienen können,

      Das möcht ich euch wohl gönnen.

      Nun schneide Jeder seine Wied

      Und führe Jeder heim ein Glied;

      Nehmt das Haupt in die Hand

      Und bringet euer Prisant

      Zu Hof nach höfischem Brauch:

      So höfischt ihr euch selber auch.

      Ohne Zweifel wißt ihr selber wohl

      Wie man den Hirsch prisanten soll:

      Prisantet ihn denn nach dem Rechte.«

      Der Meister und all die Knechte

      Hörten mit Verwundern an,

      Wie der kindische Mann

      So viel von Jagdgebrauch verstand

      Und stäts die rechten Worte fand

      Ihnen Kunde beizubringen

      Von diesen fremden Dingen.

      »Sieh«, sprachen sie, »vieledles Kind,

      Diese Sachen, die so seltsam sind,

      Die du uns lehrst und hast gelehrt,

      Sie dünken uns so lernenswerth,

      Wir lernten gern davon noch viel.

      Was dir uns kund zu thun gefiel,

      Das schlagen wir für nichts noch an.«

      Da zogen sie dem jungen Mann

      Ein Pferd herbei und baten ihn,

      Daß er doch mit ihnen hin

      Nach seiner Kunst zu Hofe ritte,

      Und seines Landes Brauch und Sitte

      Sie zu Ende ließe sehn.

      Tristan sprach: »Das soll geschehn.

      Nehmt den Hirsch und laßt uns ziehn.«

      Da saß er auf und ritt dahin.

      Da sie also ritten durch den Raum,

      Gewarten mochten jene kaum

      Der Stund und der Gelegenheit:

      Jeder wollte vor der Zeit

      Errathen seine Märe,

      Von welchem Land er wäre

      Und wie er wär ins Land gekommen

      Sie hätten alle gern vernommen

      Seinen Namen, seinen Stand.

      Das hatte Alles bald erkannt

      Der sinnreiche Tristan,

      Der sinnig wiederum begann

      Sein Märlein zu ersinnen.

      Kindischem Beginnen

      War seine Rede wenig gleich.

      Er sprach an gutem Sinne reich:

      »Jenseit Britannien liegt ein Land,

      Das Parmenîe wird genannt.

      Mein Vater ist da ein Kaufmann,

      Der mit der Welt wohl leben kann

      In seiner Weise schön und wohl;

      Ich meine, wie ein Kaufmann soll.

      Doch muß ich wohl bekennen,

      Er ist nicht so reich zu nennen

      Der Habe noch des Gutes

      Als tugendlichen Muthes.

      Der ließ mich lehren was ich kann.

      Nun kam manch fremder Kaufmann,

      Der aus fernen Reichen war:

      Da nahm ich ihres Wesens wahr

      Merkt ihre Sprach und Sitte gut

      Bis mich zu ziehn begann mein Muth

      Und täglich anzutreiben,

      Nicht lang daheim zu bleiben;

      Und weil ich gern das ferne Land

      Und fremde Leute hätt erkannt,

      Lebt ich vom Abend bis zum Morgen,

      In den Gedanken nur und Sorgen

      Bis meinem Vater ich entrann

      Und mit Kaufleuten fuhr hindann;

      So bin ich in dieß Land gekommen.

      Ihr habt nun all mein Ding vernommen

      Wie es euch nun gefalle.«

      »Ach, trautes Kind«, so sprachen Alle,

      »Es war an dir ein edler Muth.

      Die Fremd' ist manchem Herzen gut.

      Sie lernen von ihr manche Tugend.

      Trauter Knabe, süße Jugend,

      Gebenedeit sei doch das Land

      Von Gott, wo eines Kaufmanns Hand

      Zog ein so tugendreiches Kind:

      Alle Könge, die da sind,

      Hättens nicht so wohl erzogen.

      Nun, Lieber, sag uns ungelogen,

      Wie hieß dein höfscher Vater dich?«

      »Tristan«, sprach er, »heiß ich.«

      »Dê us adjut«, sprach Einer drauf,

      »Bei Gott, den Namen gieb doch auf:

      Viel besser wärest du genannt

      Juvente belle et la riant:

      Jugend, heißt das, schön und lachend.«

      So ritten sie, sich Kurzweil machend:

      Dem fiel dieß, dem jenes ein;

      Doch ihre Kurzweil war allein

      Mit diesem fremden Kinde.

      So fragt' ihn dieß Gesinde

      Ein Jeder was ihm wohlgefiel.

      Nun geschahs nach kurzer Stunde Ziel,

      Daß Tristan die Burg ersah.

      Von einer Linde brach er da

      Sich zwei Kränzlein wohlbelaubt:

      Eins setzt' er selber sich aufs Haupt;

      Das andere, das weiter war,

      Bot er dem Jägermeister dar.

      »Ei«, sprach er, » lieber Meister mein,

      Wem mag die schöne Burg wohl sein?

      Es ist ein königlich Castel.«

      Der Meister sprach: »Tintajoel.«

      »Tintajoel! ach welch Castel!

      Dê te sal, Tintajoel,

      Und all dein Ingesinde.«

      »Nun wohl dir süßem Kinde.«

      Die Gefährten sprachen so:

      »Sei immer selig und froh,

      Und möge dir so wohl geschehn

      Als wir es Alle gern sehn.«

      So kamen sie zum äußern Thor;

      Tristan