Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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war der Hirsch entbästet,

      Und seiner Haut entlästet;

      Die Bugen, Seiten, Beine,

      Die hatt allzumal der Kleine

      Beiseit gelegt und wohl gefügt.

      Hiemit so war dem Bast genügt.

      Tristan der heimatlose Gast,

      Sprach: »Meister, seht, dieß ist der Bast.

      So ists um diese Kunst bestellt.

      Nun tretet näher, wenns gefällt,

      Mit eurer Massenîe

      Und machet die Furkîe.« –

      »Lieb Kind, Furkîe, was ist das?

      Du sagst mir vor, ich weiß nicht was.

      Du hast uns diesen Jägerbrauch,

      Der fremd ist und zu loben auch,

      So meisterlich nun laßen sehn:

      So laß ihn vollends vor sich gehn,

      Vollführe deine Meisterschaft;

      Wir dienen dir nach unsrer Kraft.«

      Alsbald sprang ins Gebüsch der Knab

      Und hieb sich eine Gabel ab,

      Was Die da Furke nennen

      Die die Furkîe kennen;

      Doch ist der Unterschied gering,

      Denn Furk und Gabel ist Ein Ding.

      Nun kam er mit dem Zwieselstab,

      Und schnitt die Leber weg vorab,

      Worauf er Netz und Lummer schied,

      Und auch den Ziemer von dem Glied

      Sonderte, woran er saß.

      Dann setzt' er dort sich auf das Gras,

      Nahm die drei Stücke in die Hand,

      Die er an die Furke band,

      Daß sie das Netz umfaßte;

      Mit einem grünen Baste

      Ward es so und so verstrickt.

      »Nun seht, ihr Herrn«, sprach er geschickt,

      »Dieß heißen sie Furkîe

      In unsrer Jägerîe,

      Und weil ichs an die Furke band,

      So wird der Brauch Furkîe genannt.

      Dieß, dünkt mich, stimmt wohl überein,

      Denn an der Furke muß es sein.

      Dieß nehm in seine Hand ein Knecht.

      Nun aber laßt nach Jägerrecht

      Auch folgen die Curîe.«

      »Curîe? Dê benîe!«

      Riefen Alle: »Was ist das?

      Wir verstünden Sarazenisch baß.

      Was ist Curîe, lieber Sohn?

      Schweig, und sag uns nichts davon:

      Was es sei, das laß geschehn,

      Daß wir es selbst mit Augen sehn.

      Dieß thu bei deiner Höfischheit.«

      Nun, Tristan war alsbald bereit.

      Den Herzrick sucht' er, jenes Ding,

      Woran das Herz des Hirschen hieng;

      Und schob die Hüllen dran zurück.

      Vom Herzen ab das halbe Stück

      Schnitt er nach dem spitzen Ende,

      Nahm es dann in seine Hände

      Auf daß er es halbiere,

      Dann kreuzweis theil' in viere;

      Warf auf die Haut die Theile nieder

      Und kam zu seinem Ricke wieder.

      Milz und Lungen löst' er gar,

      Daß nichts mehr an dem Ricke war,

      Denn auf der Haut lag Alles dort.

      Dann schnitt er Rick und Gurgel fort

      Von der Brust am obern Ende,

      Und sonderte das Haupt behende

      Mit dem Gehörne von dem Kragen;

      Er befahl es zu der Brust zu tragen.

      »Wohl her geschwinde!« hub er an:

      »Nehmet diesen Rick hindann:

      Wenn etwa arme Leute kämen,

      Die ihn gerne von euch nähmen,

      Gebt ihnen diesen Rick dann hin;

      Sonst thut damit nach euerm Sinn.

      Nun komm ich zur Curîe.«

      Hin gieng die Compagnîe

      Und sah wie seiner Kunst gelinge.

      Erst heischte Tristan alle Dinge,

      Die er zuvor bereiten laßen.

      Nun lag dieß Alles solchermaßen

      Gerüstet und bereitet,

      Wie Er sie angeleitet.

      Es lagen der Quartiere

      Von dem Herzen viere

      Nach jägerlichen Sitten

      Auf der Haut zerschnitten

      Alle vier einander nah;

      Milz und Lunge schnitt er da,

      Dann Magen und Gescheide gar,

      Und was der Hunde Weide war,

      In Stücke, so kurz und klein

      Wie es füglich mochte sein.

      Das Alles streut' er auf die Haut.

      Darauf begann er überlaut

      Und rief den Hunden: »Sa sa sa!«

      Alsbald sah man sie alle da

      Stehn über ihrer Speise.

      »Seht«, sprach der Wortweise,

      »Dieß heißen sie Curîe

      Daheim in Parmenîe.

      Ich will euch sagen auch warum:

      Curîe heißt der Brauch darum,

      Weil man auf die Cuire legt

      Was den Hunden man zu geben pflegt.

      So hat die Jägerîe

      Diesen Namen Curîe

      Von der Cuire hergenommen:

      Von Cuire ist Curîe gekommen.

      Und fürwahr, es ward den Hunden

      Zum Frommen erfunden

      Dieser Brauch, der sie erfreut;

      Denn was man auf die Cuire streut

      Schmeckt ihnen süß, des Blutes wegen,

      Und reizt sie noch, der Jagd zu pflegen.

      Schaut nun diese Bastkunst an,

      Es ist kein andrer Witz daran:

      Seht, wie sie euch gefalle.«

      »Ach Herre«, riefen Alle,

      »Was sagst du, seliges Kind?

      Wir sehn wohl, diese Künste sind

      Den