Herrn«, sprach er sie an mit Sinn,
»Ich weiß nicht, da ich fremde bin,
Wie eines Jeden Name sei;
Paart euch aber zwei und zwei
Und reiht euch ganz so wie ihr wißt,
Daß der Hirsch beschaffen ist:
Erst jene, die die Stangen tragen,
Dann folgen Brust und Kragen,
Die Rippen nach den Bügen:
So sucht es stäts zu fügen,
Daß das folgende Glied
Hinter seinem vordern zieht;
Nur Eines nehmt dabei in Acht:
Der Schluß des Zuges wird gemacht
Von Cuire und von Furkîe;
So wills die Jägerîe.
Und sei euch nicht dabei zu jach:
Reitet schön einander nach.
Mein Meister hier und ich sein Knecht
Reiten zusammen, dünkts euch recht;
Sonst thut was euch gefalle.«
»Ja, Lieber«, sprachen Alle,
»Wie du willst, so wollen wir.«
Er sprach: »Seis denn und leihet mir
Ein Horn, das mir zu Maße sei,
Und seid auch des gemahnt dabei:
Heb ich an, so horchet mir,
Und wie ich blase, blaset ihr.«
Da sprach der Meister ihm zu:
»Lieber Freund, nun blas und thu
Wie es dir gefalle:
Wir folgen dir Alle,
Ich und die hier mit dir sind.«
»A la bonne heure«, sprach das Kind,
»Laßt es nach eurer Güte sein.«
Ein kleines helles Hörnelein
Gaben sie ihm in die Hand.
»Nun hin!« sprach er, »allez avant.«
So ritten sie rottieret ein
Zu zweien, wie es sollte sein;
Und als durchs Thor die Rotte kam,
Sein helles Hörnlein Tristan nahm
Und blies darauf so schöne,
So liebliches Getöne,
Daß die Gesellen alle
Kaum erharrten bei dem Schalle
Bis sie ihm zu Hülfe kamen
Und auch ihre Hörner nahmen
Und bliesen auf dem Horne
Wie er vorblies davorne.
Vor blies er wohl zu Preise;
Sie nach in seiner Weise:
Also gieng es wie es soll;
Die Burg war des Getönes voll.
Der König und des Hofgesindes
Schar, als innen sie des Kindes
Neues Jägerlied vernahmen,
Da erschraken sie und kamen
In Sorge von dem Schalle,
Denn sie hatten es Alle
Zu Hofe nie vernommen.
Nun war die Schar gekommen
Vor des großen Saales Thür;
Viel Ingesindes hatt hinfür
Gezogen all der Hörner Schall,
Denn groß Wunder nahm sie all
Wie es so laut ertönte.
Nun war der ruhmgekrönte
Marke selbst hinausgegangen,
Der Sache Kunde zu empfangen,
Und mit ihm mancher höfsche Mann.
Als den König sah Tristan,
Er begann ihm zu gefallen:
Vor den Andern allen
Erlas sein Herz ihn aus der Schar,
Weil er von seinem Blute war;
Die Natur zog ihn dahin.
Er wandte seinen Blick auf ihn
Und begann ihn schön zu grüßen,
In fremdem Ton und süßen.
Eine andre Weise hub er an
Und blies so laut, der junge Mann,
Daß keiner der Gesellen
Sein Horn so mocht erschällen.
So lange hielt die Lust nicht an,
Der wohlgezogne Tristan
Ließ bald sein Hörnlein schweigen.
Zu dem König mit Verneigen
Sprach er jetzt aus süßem Mund,
Süß wie er es wohl verstund:
»De us sal roi et sa mehnîe.«
»Den König und die Messenîe
Erhalte Gott der Gute.«
Herr Mark der wohlgemuthe
Und all sein Ingesinde,
Die dankten dem Kinde
So höfisch und also wohl
Wie man dem Höfischen soll.
»Ah«, sprachen sie all insgemein,
Sie waren groß oder klein:
»Dê duin dûße aventüre
Si dûße creatüre.«
»Gott gebe süße Aventüre
So süßer Creatüre.«
Der König nahm des Kindes wahr,
Und zu Dem, der Jägermeister war,
Sprach er: »Sag an, wer ist dieß Kind,
Des Worte so erlesen sind?«
»Ach Herr, es ist ein Parmenois
Und ist so wundervoll curtois
Und in aller Tugend so geschickt
Wie ich noch nie ein Kind erblickt.
Er sagt, er heiße Tristan,
Sein Vater sei ein Kaufmann;
Doch kann ich es nicht glauben:
Wie mag die Zeit erlauben
Dem Kaufmann, dem unmüßigen,
Die Zeit sich abzumüßigen?
Wo nahm er wohl die Muße her,
Der mit Unmuße ringt so schwer?
Ach, Herr, er ist so tugendhaft.
Seht, diese neue Meisterschaft
Wie wir zu Hof geritten sind,
Die erlernten wir von diesem Kind.
Gar wohl ersonnen ists, denn wißt
Recht wie der Hirsch geschaffen ist,
So ward er an den Hof gebracht.
War je ein Brauch so wohl erdacht?