stelle deine Warten aus,
Wo du denkst, sie sollten stehn.«
»Nein, Herr, so kann es nicht ergehn«,
Sprach Tristan, der höfsche Knab:
»Sendet eure Jäger ab,
Daß sie die Warte besetzen
Und die Hunde von den Seilen hetzen;
Sie kennen jeden Weg und Schlich
Und wißen beßer als ich,
Wohin der Hirsch sich ziehet
Und vor den Hunden fliehet.
Sie kennen die Gelegenheit;
Ich habe noch zu keiner Zeit
Hier gejagt und bin ein fremder Knecht.«
»Weiß Gott, Tristan, du hast Recht:
Du kannst hierauf dich nicht verstehn.
Die Jäger müßen selber gehn;
Sie mögen das beßer schlichten.«
Die Jäger giengen dieß verrichten:
Sie koppelten die Hunde
Und stellten in der Runde
Ihre Warten aus zur Birsch.
Bald hetzten sie auf einen Hirsch
Und jagten ihn im Wettestreit
Schier bis an die Abendzeit:
Da erjagten ihn die Hunde.
Nun kam zur selben Stunde
Herr Marke und sein Freund Tristan
Mit manchem höfischen Mann
Herbei, ihn abzufangen.
Die Jagdhörner klangen
In mancherlei Getöne
Und bliesen all so schöne,
Daß König Marken dieses Spiel
Und seinen Leuten wohlgefiel.
Als der Hirsch war gefällt,
Da wurde Tristan hingestellt,
Des Königs heimischer Gast,
Und gebeten, daß er sie den Bast
Nun nach der Reihe ließe sehn.
Tristan sprach: »Das soll geschehn«,
Und begann nach ihrem Wunsch zu thun.
Aber mich bedünkt es nun,
Daß es überflüßig wäre
Euch zweimal Eine Märe,
Dieselbe, vorzutragen.
Wie er beim ersten Jagen
Den Hirsch entbästet, gleichen Brauch
Hielt er bei dem zweiten auch.
Den Bast und die Furkîe,
Und die Kunst bei der Curîe,
Als sie die sahen, in der Runde
Gestanden sie aus Einem Munde,
Daß Niemand diese Dinge
Nach beßrer Art vollbringe,
Noch ihnen beßre mög erfinden.
Der König ließ zu Rosse binden
Den Hirsch und wandte sich hindann,
Er und sein Jäger Tristan.
Und all die Messenîe
Mit Stangen und Furkîe
Ritten sie darauf nach Haus.
Ein lieber Hofmann überaus
War Tristan nun in Tintajoel.
Gesind und König hielt ihn wohl
Und erbot ihm gern Geselligkeit.
Auch war er immerdar bereit
Reich und Arm zu dienen.
Hätt er Jeden nur von ihnen
Auf seinen Armen mögen tragen,
Er hätt es Keinem abgeschlagen.
Den Segen hatt ihm Gott gegeben,
Er konnt und wollte Allen leben:
Lachen, Tanzen, Singen,
Reiten, Laufen, Springen,
Bescheiden sein und Schallen,
Das konnt er wohl mit Allen.
Er lebte wie man wollte
Und wie die Jugend sollte.
Was Einer immer begann,
Das hob er gerne mit ihm an.
Nun aber trug es sich zu,
Daß Marke eines Tags der Ruh
Nach Tisch zu pflegen sitzen blieb;
Da ist ja immer Kurzweil lieb.
So horcht' er nach gewohnter Weise
Auf eines Harfenspielers Weise,
Des besten, den man kannte,
Und großen Meister nannte;
Derselbe war ein Galois.
Da kam Tristan der Parmenois
Und setzte sich zu seinen Füßen
Und nahm des Liedes und der süßen
Noten wahr mit allem Fleiß;
Und wärs ein schwerverpönt Geheiß,
Sein Gedenken bliebe nicht verschwiegen.
Das Herz begann ihm hoch zu fliegen
Und mit dem Herzen flog der Muth.
»Meister«, sprach er, »ihr harfet gut,
Ihr wißt die Saiten anzuschlagen,
Dem Erfinder würd es selbst behagen.
Dieß schöne Lied hat ein Britun
Erfunden von dem Herrn Gurun
Und dem Fräulein seiner Minne.«
Dieß nahm in seine Sinne
Der Harfner, ob es Anfangs schien
Als hätt er wenig Acht aufs ihn,
Bis er sein Spiel geendet.
Zu dem Kinde jetzt gewendet
»Was weist du«, sprach er, »liebes Kind,
Von wannen diese Noten sind?
Verstehst du etwa dieses Spiel?«
»Ach, Meister«, sprach Tristan, » nicht viel.
Einst hatt ich einge Meisterschaft;
Nun hat sie so geringe Kraft,
Daß ich vor euch zu blöde bin.«
»Nicht doch, nimm diese Harfe hin:
Laß hören, welche Leiche
Spielt man im Britenreiche.«
»Gebietet ihr es, Meister mein,
Und solls mit euern Hulden sein,
Daß ich euch spiele?« sprach Tristan.
»Ja, trauter Knabe, heb nur an.«
Als er die Harfe nahm zur Hand,
Wie wohl sie seinen Händen stand!
Sie waren, las ich, schön und fein,