Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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von seinen Landen.«

      Da sagte Der Tristanden,

      Ihm sei ein Landsmann gekommen.

      Tristan kam, als ers vernommen,

      Und sobald er ihn ersah,

      Mit Mund und Herzen sprach er da:

      »Ei, so sei gebenedeit

      Gott im Himmel allezeit,

      Daß ich dich, Vater, hab erschaut.«

      So grüßt' er erst ihn überlaut;

      Dann lief er freudig auf ihn an

      Und küsste den getreuen Mann,

      Wie ein Kind den Vater soll.

      Das war auch billig und wohl,

      Es waren Vater und Kind.

      Von allen Vätern, die nun sind

      Oder jemals waren, that wohl sicher

      An seinem Kinde väterlicher

      Keiner als an ihm Rual.

      Ja, Tristan hatte hier zumal

      Vater, Mutter, Bruder, Mann:

      Alle Freunde, die er je gewann,

      Hielt er in den Armen da.

      Gar inniglich begann er: »Ah!

      Getreuer Vater, theurer Mann,

      Meine liebe Mutter, sag mir an,

      Meine Brüder, leben sie auch noch?«

      »Ich weiß nicht«. sprach er, »Sohn; jedoch

      Sie lebten, als ich scheiden muste.

      Allein von deinem Verluste

      Betraf sie nicht geringes Leid;

      Doch wie sie lebten seit der Zeit,

      Das kann ich dir nicht sagen.

      Ich sah seit langen Tagen

      Niemand, den ich sonst gekannt,

      Wie ich auch unser Heimatland

      Seit dem unselgen Tag nicht sah,

      Da mir an dir so weh geschah.«

      »Ach, trauter Vater«, fiel er ein,

      »Was soll mir das für Märe sein:

      Wohin ist dein schöner Leib gekommen?«

      »Sohn, den hast Du mir benommen.«

      »So will ich dir ihn wieder geben.«

      »Sohn, das möchten wir erleben.«

      »Vater, so komm zu Hof mit mir.«

      »Dahin, Sohn, geh ich nicht mit dir:

      Du siehst wohl selbst, ich wäre

      Dem Hofe nicht zur Ehre.«

      »Doch, Vater, doch, es muß geschehn,

      Mein Herr, der König, soll dich sehn.«

      Rual, der höfsche, gute,

      Gedacht in seinem Muthe:

      »Bei Marke schadet mir nicht groß,

      Wenn er mich sieht so nackt und bloß:

      Er wird mich gerne schauen,

      Denn ich kann ihm vertrauen,

      Daß er seinen Neffen bei sich hat.

      Und wenn ich Alles, was ich that,

      Von Anfang bis zu Ende sage,

      So scheint ihm schön, was ich auch trage.«

      Tristan nahm ihn bei der Hand;

      All sein Schmuck und sein Gewand

      War, wie es da nur konnte sein,

      Ein armselig Röckelein,

      Verschabt und verschlißen

      Und hier und da zerrißen:

      Das hatt er ohne Mantel an.

      Die Kleider, die der gute Mann

      Unter seinem Rocke trug,

      Die waren jämmerlich genug,

      Vernutzt und auch beschmutzt sogar.

      Durch Versäumniss war sein Haar

      Am Haupt und an dem Barte

      So verfilzt zu der Schwarte,

      Daß er wie ein Wilder sah;

      Auch gieng der Preisliche da

      Bloß an Füßen und an Beinen,

      So verwittert must er auch erscheinen

      Wie alle Die natürlich sind,

      Denen Frost und Hunger, Sonn und Wind

      Schein und Farbe hat benommen.

      So sah man ihn vor Marke kommen.

      Als der ihm in die Augen sah,

      Zu Tristan sprach Herr Marke da:

      »Sag an, Tristan, wer ist der Mann?«

      »Mein Vater, Herr«, so sprach Tristan.

      »Ist das wahr?« – »Ja, Herre mein.«

      »So soll er uns willkommen sein«,

      Sprach da Marke freudiglich;

      Höfisch neigte Rual sich.

      Da kam alsbald die Ritterschaft

      Gelaufen wie mit Heereskraft,

      Auch drang das Hofgesind heran

      Und Alle riefen Mann für Mann:

      »Sire, Sire, Dê us sal.«

      Nun sollt ihr wißen, daß Rual,

      Trug er jetzo leider

      Unhofgemäße Kleider,

      So war doch kaum auf Erden

      An Leib und an Geberden

      Ein Mann vollkommener als er.

      Er sah gar adellich und hehr

      Und war von Gliedern und von Mark

      Gewachsen wie ein Heune stark;

      Seine Arm und Beine waren lang,

      Schön und herrlich war sein Gang,

      Nichts fehlte seiner Wohlgestalt;

      Nicht zu jung auch war er noch zu alt,

      Nein, eben in den besten Jahren,

      Wo Jugend sich und Alter paaren

      Und dem Leben rechte Kraft verleihn.

      So fürstlich sah er darein

      Wie ein Kaiser schauen soll.

      Seine Stimme wie ein Horn erscholl;

      Seine Reden waren wohl gesetzt.

      Gar herrlich sah man ihn jetzt

      Vor all den Herren stehn im Saal;

      Es war nicht heut das erste Mal.

      Da begannen sich mit Staunen

      Herrn und Ritter zuzuraunen;

      Sie sprachen hin, sie sprachen her:

      Ja, sprachen Alle, ist das der?

      Ist das der höfsche Kaufmann,

      Zu dessen Ruhm sein Sohn Tristan

      So viel uns sprach zu mancher Zeit?

      Wir haben von der Würdigkeit