von seinen Landen.«
Da sagte Der Tristanden,
Ihm sei ein Landsmann gekommen.
Tristan kam, als ers vernommen,
Und sobald er ihn ersah,
Mit Mund und Herzen sprach er da:
»Ei, so sei gebenedeit
Gott im Himmel allezeit,
Daß ich dich, Vater, hab erschaut.«
So grüßt' er erst ihn überlaut;
Dann lief er freudig auf ihn an
Und küsste den getreuen Mann,
Wie ein Kind den Vater soll.
Das war auch billig und wohl,
Es waren Vater und Kind.
Von allen Vätern, die nun sind
Oder jemals waren, that wohl sicher
An seinem Kinde väterlicher
Keiner als an ihm Rual.
Ja, Tristan hatte hier zumal
Vater, Mutter, Bruder, Mann:
Alle Freunde, die er je gewann,
Hielt er in den Armen da.
Gar inniglich begann er: »Ah!
Getreuer Vater, theurer Mann,
Meine liebe Mutter, sag mir an,
Meine Brüder, leben sie auch noch?«
»Ich weiß nicht«. sprach er, »Sohn; jedoch
Sie lebten, als ich scheiden muste.
Allein von deinem Verluste
Betraf sie nicht geringes Leid;
Doch wie sie lebten seit der Zeit,
Das kann ich dir nicht sagen.
Ich sah seit langen Tagen
Niemand, den ich sonst gekannt,
Wie ich auch unser Heimatland
Seit dem unselgen Tag nicht sah,
Da mir an dir so weh geschah.«
»Ach, trauter Vater«, fiel er ein,
»Was soll mir das für Märe sein:
Wohin ist dein schöner Leib gekommen?«
»Sohn, den hast Du mir benommen.«
»So will ich dir ihn wieder geben.«
»Sohn, das möchten wir erleben.«
»Vater, so komm zu Hof mit mir.«
»Dahin, Sohn, geh ich nicht mit dir:
Du siehst wohl selbst, ich wäre
Dem Hofe nicht zur Ehre.«
»Doch, Vater, doch, es muß geschehn,
Mein Herr, der König, soll dich sehn.«
Rual, der höfsche, gute,
Gedacht in seinem Muthe:
»Bei Marke schadet mir nicht groß,
Wenn er mich sieht so nackt und bloß:
Er wird mich gerne schauen,
Denn ich kann ihm vertrauen,
Daß er seinen Neffen bei sich hat.
Und wenn ich Alles, was ich that,
Von Anfang bis zu Ende sage,
So scheint ihm schön, was ich auch trage.«
Tristan nahm ihn bei der Hand;
All sein Schmuck und sein Gewand
War, wie es da nur konnte sein,
Ein armselig Röckelein,
Verschabt und verschlißen
Und hier und da zerrißen:
Das hatt er ohne Mantel an.
Die Kleider, die der gute Mann
Unter seinem Rocke trug,
Die waren jämmerlich genug,
Vernutzt und auch beschmutzt sogar.
Durch Versäumniss war sein Haar
Am Haupt und an dem Barte
So verfilzt zu der Schwarte,
Daß er wie ein Wilder sah;
Auch gieng der Preisliche da
Bloß an Füßen und an Beinen,
So verwittert must er auch erscheinen
Wie alle Die natürlich sind,
Denen Frost und Hunger, Sonn und Wind
Schein und Farbe hat benommen.
So sah man ihn vor Marke kommen.
Als der ihm in die Augen sah,
Zu Tristan sprach Herr Marke da:
»Sag an, Tristan, wer ist der Mann?«
»Mein Vater, Herr«, so sprach Tristan.
»Ist das wahr?« – »Ja, Herre mein.«
»So soll er uns willkommen sein«,
Sprach da Marke freudiglich;
Höfisch neigte Rual sich.
Da kam alsbald die Ritterschaft
Gelaufen wie mit Heereskraft,
Auch drang das Hofgesind heran
Und Alle riefen Mann für Mann:
»Sire, Sire, Dê us sal.«
Nun sollt ihr wißen, daß Rual,
Trug er jetzo leider
Unhofgemäße Kleider,
So war doch kaum auf Erden
An Leib und an Geberden
Ein Mann vollkommener als er.
Er sah gar adellich und hehr
Und war von Gliedern und von Mark
Gewachsen wie ein Heune stark;
Seine Arm und Beine waren lang,
Schön und herrlich war sein Gang,
Nichts fehlte seiner Wohlgestalt;
Nicht zu jung auch war er noch zu alt,
Nein, eben in den besten Jahren,
Wo Jugend sich und Alter paaren
Und dem Leben rechte Kraft verleihn.
So fürstlich sah er darein
Wie ein Kaiser schauen soll.
Seine Stimme wie ein Horn erscholl;
Seine Reden waren wohl gesetzt.
Gar herrlich sah man ihn jetzt
Vor all den Herren stehn im Saal;
Es war nicht heut das erste Mal.
Da begannen sich mit Staunen
Herrn und Ritter zuzuraunen;
Sie sprachen hin, sie sprachen her:
Ja, sprachen Alle, ist das der?
Ist das der höfsche Kaufmann,
Zu dessen Ruhm sein Sohn Tristan
So viel uns sprach zu mancher Zeit?
Wir haben von der Würdigkeit