Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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ihr und wie heißet ihr?«

      »Rual, Herr.« – »Rual?« – »Ja, Rual.«

      Da entsann er sich mit einem Mal,

      Daß er längst in alten Tagen

      Hatte von ihm hören sagen,

      Wie weis und treu der Ehre

      Er stäts gewesen wäre,

      Und sprach: »Rual li foitenant?«

      »Ja, Herr, so hat man mich genannt.«

      Da gieng der gute Marke hin

      Und küsst' ihn und bewillkommt' ihn

      Gar schön und doch nur nach Gebühr.

      Auch sprang die Ritterschaft herfür

      Und Einer nach dem Andern gieng,

      Daß er mit Armen ihn umfieng.

      Das gab ein Ambrassieren,

      Ein höfisch Salutieren:

      Willkommen, Rual, werther Held,

      Ein Ritterspiegel aller Welt!

      Willkommen war dem Hof Rual.

      Der König nahm ihn zumal

      An die Hand und führt' ihn hin:

      Mit holden Worten setzt' er ihn

      Zu sich an seine Seite nieder.

      Zu der Märe griffen sie dann wieder

      Und sagten sich noch mancherlei,

      Wie es mit Tristanden sei,

      Und was der guten Blanscheflur

      An beiden Höfen widerfuhr;

      Was Kanel und Morgan

      Sich zu Leide gethan;

      Und als auch das zu Ende gieng,

      Der gute König Marke fieng

      Rualen zu erzählen an,

      Mit wie höfscher Kunst Tristan

      Sich hab an seinen Hof gebracht

      Und wie er Allen weis gemacht,

      Sein Vater wär ein Kaufmann.

      Da sah Rual Tristanden an:

      »Freund«, sprach er, »ich bin lange

      Und sorglich oft und bange

      Mit meinen Marschandisen,

      Von Thür zu Thür gewiesen,

      Deinethalb umhergefahren.

      Nun kommts nach langen Jahren

      Zu so gutem Ende,

      Daß ich dankend meine Hände

      Stäts zu Gott erheben soll.«

      Tristan sprach: »Ich höre wohl,

      Diese Mären enden so,

      Spät wohl werd ich ihrer froh.

      Ich bin, nach dem was ich vernommen,

      Zu wunderlicher Märe kommen:

      Ich höre meinen Vater sagen,

      Der Vater sei mir längst erschlagen.

      Hiermit entledigt er sich mein

      Und ohne Vater muß ich sein,

      Da ich zwei Väter doch gewann.

      Ach Vater und ach Vaterwahn,

      Wie seid ihr also mir benommen!

      Von dem ich sprach, mir sei gekommen

      Ein Vater, ach, derselbe Mann

      Nimmt zwei Väter mir hindann,

      Sich selbst, und den ich nie ersah.«

      Doch sprach der gute Marschall da:

      »Nicht so, Geselle Tristan,

      Die Rede laß, es ist nichts dran.

      Du bist seit ich gekommen bin

      Werther als du gewähnt vorhin.

      Du hast nun stäts der Ehre mehr

      Und doch zwei Väter wie vorher:

      Hier meinen Herren und auch mich;

      Er ist dein Vater so wie ich.

      Nun folge meiner Lehre,

      So bist du an der Ehre

      Allen Köngen ebenhehr:

      Drum diese Rede thu nicht mehr.

      Den König bitte, daß er heim

      Dir helfe, als dein Oheim,

      Und dich hier zum Ritter mache:

      So bist du deiner Sache

      Wohl selber fähig vorzustehn.

      Ihr Herren, helft mir alle flehn,

      Daß es der König gerne thu.«

      Da sprachen sie ihm Alle zu:

      »Herr, es hat wohl guten Fug:

      Tristan hat der Kraft genug;

      Er ist schon ein erwachsner Mann.«

      Da sprach der König: »Freund Tristan,

      Sprich, wie steht dein Muth hierzu?

      Ist es dir lieb, wenn ich es thu?«

      »Ach Herr, ich sag euch meinen Muth:

      Hätt ich so reichliches Gut,

      Daß ich nach dem Willen mein

      Und also Ritter könnte sein,

      Daß ich des Ritternamens mich

      Nicht schämte, noch er meiner sich,

      Noch die ritterliche Würde

      An mir zu nichte würde,

      So wollt ich gerne Ritter werden

      Und mich üben in Beschwerden

      Bis noch meine müßge Jugend

      Gedieh' zu ritterlicher Tugend.

      Denn Ritterschaft, so hört ich sagen,

      Muß sich in der Kindheit Tagen

      Schon zeigen vor der Menge,

      Sonst wird sie selten strenge.

      Daß ich die unversuchte Jugend

      Auf Würdigkeit und Rittertugend

      Nicht oft geübt hab und gelenkt,

      Das ist es was mich jetzo kränkt.

      Ich muß es an mir selber haßen;

      Nun hab ich mir doch sagen laßen,

      Gemach und ritterlicher Preis,

      Die stimmen weder laut noch leis

      Und mögen nie beisammen sein.

      Auch las ich wohl und räum es ein,

      Die Ehre will des Leibes Noth;

      Gemach ist stäts der Ehre Tod,

      Wenn mans zu lang und allzu viel

      In der Jugendzeit genießen will.

      Das aber wißet, Herr, fürwahr:

      Hätt ich gewust vor einem Jahr

      Oder schon vor längrer Frist,

      Wie es mit mir beschaffen ist,

      Ich hätt es nicht bis heut versäumt.

      Hab