Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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vor,

      Und unbereit noch wie zuvor

      Ist Tristan zu der Schwertleite.

      Ich weiß nicht wie ihn bereite:

      Der Sinn getraut sich nicht dazu

      Und die Zunge weiß nicht was sie thu,

      Verlaßen von des Sinnes Rath,

      Der ihr das Amt verliehen hat;

      Doch was sie irrt, die Beiden,

      Das kann ich euch bescheiden.

      Die Zwei hat das geirret,

      Was tausend Andern wirret:

      Dem Mann, der nicht wohl reden kann

      Kommt dem ein wohlberedter Mann,

      So erlischt ihm auch die Kunde,

      Die er noch hatt, im Munde.

      Ich glaube, so ist mir geschehn.

      Ich seh und habe nun gesehn

      So manchen redekundgen Mann,

      Daß Alles was ich reden kann

      Mich ein Nichts dünkt, im Vergleich

      Mit diesen, die so redereich.

      Man spricht so schön seit manchem Tag,

      Daß ich mit vollem Grunde mag

      Meiner Worte nehmen wahr,

      Ob sie so lauter sind und klar

      Als ich wollte daß sie wären,

      Hör ich fremder Leute Mären,

      Und als ich Rede finden kann

      Wohl bei manchem andern Mann.

      So weiß ich nicht, wie ichs beginne:

      Meine Zunge, meine Sinne

      Mögen hierzu nicht frommen;

      Die Furcht hat mir genommen

      Mitten aus dem Munde,

      Die ich besaß, die Kunde.

      Nun weiß ich nichts hierbei zu thun,

      Ich thäte denn das Eine nun

      Was Niemand mich hat thun gesehn.

      Meine Bitt und mein inbrünstig Flehn

      Will ich zuerst nun senden

      Mit Herzen und mit Händen

      Hin zu dem Helikone,

      Zu dem neunfalten Throne,

      Von dem die Bronnen fließen,

      Aus dem die Gaben sprießen

      Der Worte wie der Sinnen.

      Der Wirth, die neun Wirthinnen,

      Apoll und die Camenen,

      Der Ohren neun Syrenen,

      Die da bei Hofe spenden

      Gnaden aus vollen Händen

      Dem, der ihre Gunst gewonnen:

      Die gaben ihrer Sinne Bronnen

      In solcher Fülle Manchem schon,

      Daß sie einen Tropfen mir davon

      Mit Ehren nicht versagen.

      Mag ich nur den erjagen,

      So behaupt ich meinen Platz da wohl,

      Wo der Dichter ihn behaupten soll.

      Der Tropfen, den ich so empfieng,

      Der ist auch nicht so gar gering,

      Er mag mir wieder richten,

      Zurechterichtend schlichten

      Sowohl die Zunge wie den Sinn,

      An denen ich entrichtet bin.

      Meine Worte, die so zierlos stehn,

      Laß er durch den Tiegel gehn

      Der camenischen Sinne

      Und schmelze sie darinne

      Zu wunderbarer Reine,

      So rein wie das feine

      Gold ist der Araben.

      Die Spender solcher Gaben

      Des wahren Helikones,

      Des obersten Thrones,

      Dem solche Wort' entspringen,

      Die durch die Ohren klingen

      Und in die Herzen lachen,

      Das Gedicht durchleuchtend machen

      Wie Edelstein und Gimme,

      Die mögen meine Stimme

      Und meine Bitt erhören

      In ihren Himmelschören

      Und laßen mich den Wunsch empfahn.

      Nun setzt, dieß Alles wär gethan,

      Daß mir die Fülle wär gewährt

      An Worten, wie ich sie begehrt,

      So hab ich also vollen Hort,

      Versüße jedem Ohr mein Wort,

      Jedem Herzen kommt mein Schatte

      Von dem grünen Lindenblatte;

      Auch ebn ich so der Rede Schritt,

      Daß ich ihr bei jedem Tritt

      Die Straße räum und fege,

      Und auf keinem ihrer Wege

      Ein Stäublein laße noch so klein,

      Das nicht vertrieben müste sein,

      So daß sie nur auf grünem Klee

      Und auf lichten Blumen geh:

      So bring ich dennoch meinen Sinn

      Seht, wie kleingemuth ich bin!

      Kaum oder nimmer an das Ziel,

      An dem der Andern schon so viel

      Sich Preis erwarben in Gedichten:

      Fürwahr, ich muß darauf verzichten.

      Und kehrt' ich alle meine Kraft

      Auf Zier und Schmuck der Ritterschaft,

      Wie, weiß Gott, Mancher hat gethan,

      Und sagt', es habe Gott Vulcan,

      Der weise, vielbekannte,

      In jeder Kunst gewandte,

      Tristans Schwert und Panzerkleid,

      Stahl, Hosen und all das Geschmeid,

      Womit ein Ritter wird versehn,

      Durch seine Hände laßen gehn;

      Schön und nach meisterlichen Sitten

      Ihm entworfen und geschnitten,

      Dem Degen kühn und milde,

      Den Eber auf dem Schilde,

      Wie er ihm auch den Helm entwarf

      Und oben drauf, so heiß und scharf

      Als der Minne Qualen,

      Der feurgen Pfeile Stralen,

      Und Manches noch, das wunderbar

      Und wie nach Wunsch zu schauen war,

      Bildete dem jungen Mann;

      Wie Jungfrau Kassandra dann,

      Jene weise Trojerin,

      All ihre Kunst