Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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ungleich dieses jenem sei,

      Doch waren diese Gegenstücke,

      Stätes Leid zu stätem Glücke

      Gesellet bei dem einen Mann.

      »So helfe Gott euch, sagt uns an:

      Tristan hat nun das Schwert genommen,

      Und ist zu reichem Glück gekommen

      Mit ritterlicher Würdigkeit:

      Laßt hören, welche Art von Leid

      Er hat bei solchem Glücke?«

      Weiß Gott, in Einem Stücke,

      Das stäts mit Leid ein Herz befieng

      Und auch dem seinem nahe gieng:

      Daß ihm der Vater war erschlagen,

      Wie er den Marschall hörte sagen,

      Das that ihm weh in seinem Muth.

      Also war Übel da bei Gut,

      Bei Gewinn Verlust, bei Liebe Leid;

      So geschieht es Manchem jederzeit.

      Es zweifelt Niemand daran,

      Es liegt bei dem jungen Mann

      Haß dem Herzen näher an,

      Als bei einem reifern Mann.

      Über aller neuen Würdigkeit

      Schwebte Tristan stäts das Leid

      Und das verborgne Ungemach,

      Von dem er keiner Seele sprach,

      Das ihm Riwalinens Tod

      Und Morganens Leben bot;

      Mit Sorgen lag dieß Leid ihm an.

      Der sorgenvolle Tristan

      Und sein getreulicher Rath,

      Der den Namen von der Treue hat,

      Der tugendreiche Foitenant,

      Rüsteten alsbald am Strand

      Mit allem Zeuge, das da Noth

      Und das ihnen sich die Fülle bot,

      Eine herrliche Barke:

      So kamen sie vor Marke.

      Tristan sprach: »Lieber Herre mein,

      Es soll mit euern Hulden sein,

      Daß ich nach Parmenîe fahr

      Und nach euerm Rathe nehme wahr,

      Wie es uns da sei bewandt

      Um die Leut und um das Land,

      Von dem ihr sprechet, es sei mein.«

      Der König sprach: »Freund, das soll sein.

      Wie schwer ich dein auch mag entbehren,

      Die Bitte will ich doch gewähren.

      Fahr heim gen Parmenîe

      Mit deiner Massenîe:

      Und bedarfst du noch der Ritter mehr,

      Die nimm nach Willen und Begehr.

      Nimm dir Rosse, Silber, Gold

      Wie dus bedarfst, ich bin dir hold,

      Und was du brauchst, des nimm genug.

      Wen du dir gesellst beim Zug,

      Dem biet es so mit Gute

      Und geselliglichem Muthe,

      Daß er gern dein Diener sei

      Und dir mit Treue stehe bei.

      Viel lieber Neffe, leb und thu

      Wie dir dein Vater räth dazu,

      Der getreue Rual, der hier steht,

      Der große Treu an dir begeht,

      Und immer hat an dir begangen.

      Und läßt dich Gott den Wunsch erlangen,

      Daß du Alles wohl verrichtest

      Und deine Sache schlichtest

      Nach Frommen und nach Ehren,

      So sollst du wiederkehren;

      Kehre wieder her zu mir.

      Ich gelob und leist es dir,

      Meine Treu empfang in deine Hand,

      Daß ich dir mein Gut und Land

      Zu gleichen Stücken theile;

      Und lägs an deinem Heile,

      Daß du mich solltest überleben,

      Seis ganz zu eigen dir gegeben,

      Denn ich denke mir um deinetwegen

      Ein ehlich Weib nicht beizulegen

      So lang ich immer leben soll.

      Neffe, nun vernahmst du wohl

      Meine Bitt und meinen Sinn.

      Bist du mir hold wie ich dir bin,

      Trägst mir ein Herz wie ich dir trage

      Weiß Gott, wir wollen unsre Tage

      Zusammen fröhlich hier verleben.

      Urlaub sei dir hiemit gegeben.

      Der Sohn der Magd der hüte dein!

      Und laß dir wohl befohlen sein

      Dein Geschäft und deine Ehr.«

      Es säumte sie nichts länger mehr:

      Tristan und sein Freund Rual

      Schifften hin von Cornewal,

      Sie und die Massenîe

      Heim gegen Parmenîe.

      Hättet ihr nun gern vernommen,

      Wie diese Herren da sind willkommen,

      Ich sag euch, was ich selbst vernommen,

      Gern von dieser Herrn Willkommen.

      Ihr Führer und Gefährte,

      Der in Treue stäts bewährte

      Rual trat zuerst ans Land;

      Sein Hütlein und sein Gewand

      Legt' er höfisch beiseit,

      Lief Tristan an mit Fröhlichkeit,

      Küsst' ihn und sprach nun: »Herre mein,

      Gott sollt ihr willkommen sein,

      Euerm Lande dann und mir.

      Schauet, Herr, ihr seht wohl hier

      Das schöne Land an diesem Meer:

      Veste, Städte, starke Wehr,

      Und manches schöne Castel

      Hat euer Vater Kanel

      Erblich auf euch gebracht.

      Seid bieder nun und wohlbedacht,

      So entgeht euch nichts von dem Gebiet

      So weit hier euer Auge sieht:

      Dafür zum Bürgen habt ihr mich.«

      Mit reichem Herzen freudiglich

      Kehrt' er zurück nach diesem Wort

      Und empfieng auch die Genoßen dort,

      Die Ritter alle, Mann für Mann.

      Wieder freundlich hub er an

      Mit schönem Wort und süßen,

      Sein Salutieren