sah man nur
Dreißig Ritter in der Schar,
Die bei Tristan geblieben war;
Doch jener, die den Rückzug deckten,
Sechzig waren der Versteckten.
Bald fügt' es sich, daß Tristan da
Die Hunde mit den Jägern sah.
Die frug er nach der Märe,
Wo der Herzog wäre.
Das zeigten sie alsbald ihm an
Und ritt er auch sogleich hindann
Und fand nach kurzer Stunde hier
In einem grünen Waldrevier
Viel britischer Barone;
Die hatten Pavillone
Und Hütten auf das Gras geschlagen,
Darum und auch darein getragen
Laub und lichter Blumen viel;
Ihre Hunde und ihr Federspiel
Hatten sie zu Handen.
Sie grüßten Tristanden
Und Die da mit ihm ritten auch
Höfisch nach des Hofes Brauch,
Und sagten ihm aufs erste Wort,
Morgan, ihr Herzog, reite dort
Nicht weit davon in dem Wald.
Da eilten sie dahin alsbald
Und fanden auch Morganen
Und auf Castilianen
Viel der britschen Ritter da.
Als er sie zu sich traben sah,
Empfieng Morgan die Gäste,
Deren Willen er aufs Beste
Deutete, so gut und wohl
Als man Gäste nur empfangen soll.
Das Gleiche that sein Landgesind:
Ein Jeglicher der kam geschwind
Mit seinem Gruß herbeigerannt.
Zuletzt als dieß ein Ende fand,
Daß all ihr Grüßen war gethan,
Zu Morgan hub da Tristan an:
»Herr, wißt, ich kam hieher
Nach meinem Lehn mit dem Begehr,
Daß ihr mir es leiht zu tragen
Und mir nicht wollt versagen
Was ich dem Recht nach haben soll:
So thut ihr höfisch und wohl.«
Morgan sprach: »Herr, saget mir,
Wer seid ihr und wie heißet ihr?«
Tristan sprach da unverwandt:
»Herr, Parmenîe heißt das Land,
Zu welchem ich geboren bin,
Und hieß mein Vater Riwalin;
Ich selber heiße Tristan.«
»Ihr kommt mir, Herr«, sprach Morgan,
»Mit so unnützen Mären,
Daß sie viel beßer wären
Verschwiegen, als hier vorgebracht.
Ich bin der Sache kurz bedacht:
Hättet ihr ein Recht an mir,
Das blieb' euch unverweigert hier;
Euch sollte nichts daran gebrechen.
Wäret ihr es anzusprechen
Ein Mann von ganzen Ehren,
Ich müst es euch gewähren;
Wir wißen aber Alle wohl,
Die Lande sind der Märe voll,
In welcher Weise Blanscheflur
Von Haus mit euerm Vater fuhr;
Zu welchen Ehren sie da kam
Und wie die Liebschaft Ende nahm.«
»Liebschaft, Herr? Wie meint ihr das?«
»Ich sag es euch nun nicht fürbaß,
Doch wie ich sagte, steht es drum.«
»Herr«, sprach Tristan wiederum,
»Versteh ich eurer Zunge Stich,
So meintet ihr es so, daß ich
Nicht ehlich wär geboren
Und hätte drum verloren
Mein Lehen und mein Lehenrecht.«
»Ja wahrlich«, sprach er, »guter Knecht,
Dafür halt Ichs und mancher Mann.«
»So sprecht ihr übel«, sprach Tristan:
»Ich wähnte doch, es wäre
Nach Pflicht gethan und Ehre,
Wer Einem was zu Leide that,
Daß er die Zunge doch zu Rath
Hielt' und schonte Sitt und Brauch.
Wär Sitt und Brauch nun in euch auch,
So möchtet ihr die Rede sparen
(Viel Leid ist mir schon widerfahren),
Die verharschten Kummer weckt
Und die alte Schuld erstreckt.
Ihr erschluget mir den Vater doch:
Hieran dünkt euch aber noch
Meines Leides nicht genug.
Ihr sagt, die Mutter die mich trug,
Habe kebslich mich getragen.
Das will ich Gott im Himmel klagen.
Ich weiß so manchen Edelmann,
Den ich jetzt nicht nennen kann,
Der die Hände faltete vor mir:
Hätt er solche Missezier,
Wie ihr da sprecht, an mir erkannt,
Deren Keiner hätte seine Hand
Zwischen meine je gebracht.
Die hatten wohl der Wahrheit Acht,
Daß mein Vater Riwalin
Meine Mutter bis ans Ende hin
Hoch hielt als sein ehlich Weib.
Wenn ich das auf euern Leib
Bewähren und erweisen soll,
In Wahrheit, das erweis ich wohl.«
»Fahrt«, sprach Morgan, »in Gottes Haß!
Eur Beweisen, was soll das?
Zum Kampfe taugt ihr keinem Mann,
Der je zu Hofe Recht gewann.«
»Das wird sich zeigen«, sprach Tristan,
Zog das Schwert und rannt' ihn an,
Und spaltet' ihm von oben her
Hirn und Hirnschal mit der Wehr,
Daß sie ihm auf die Zunge drang.
Dann stach er ihm im andern Gang
Das Schwert bis tief ins Herz hinein.
Da zeugte wohl der Augenschein
Für das Sprichwort, das da spricht:
Die