Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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sah man nur

      Dreißig Ritter in der Schar,

      Die bei Tristan geblieben war;

      Doch jener, die den Rückzug deckten,

      Sechzig waren der Versteckten.

      Bald fügt' es sich, daß Tristan da

      Die Hunde mit den Jägern sah.

      Die frug er nach der Märe,

      Wo der Herzog wäre.

      Das zeigten sie alsbald ihm an

      Und ritt er auch sogleich hindann

      Und fand nach kurzer Stunde hier

      In einem grünen Waldrevier

      Viel britischer Barone;

      Die hatten Pavillone

      Und Hütten auf das Gras geschlagen,

      Darum und auch darein getragen

      Laub und lichter Blumen viel;

      Ihre Hunde und ihr Federspiel

      Hatten sie zu Handen.

      Sie grüßten Tristanden

      Und Die da mit ihm ritten auch

      Höfisch nach des Hofes Brauch,

      Und sagten ihm aufs erste Wort,

      Morgan, ihr Herzog, reite dort

      Nicht weit davon in dem Wald.

      Da eilten sie dahin alsbald

      Und fanden auch Morganen

      Und auf Castilianen

      Viel der britschen Ritter da.

      Als er sie zu sich traben sah,

      Empfieng Morgan die Gäste,

      Deren Willen er aufs Beste

      Deutete, so gut und wohl

      Als man Gäste nur empfangen soll.

      Das Gleiche that sein Landgesind:

      Ein Jeglicher der kam geschwind

      Mit seinem Gruß herbeigerannt.

      Zuletzt als dieß ein Ende fand,

      Daß all ihr Grüßen war gethan,

      Zu Morgan hub da Tristan an:

      »Herr, wißt, ich kam hieher

      Nach meinem Lehn mit dem Begehr,

      Daß ihr mir es leiht zu tragen

      Und mir nicht wollt versagen

      Was ich dem Recht nach haben soll:

      So thut ihr höfisch und wohl.«

      Morgan sprach: »Herr, saget mir,

      Wer seid ihr und wie heißet ihr?«

      Tristan sprach da unverwandt:

      »Herr, Parmenîe heißt das Land,

      Zu welchem ich geboren bin,

      Und hieß mein Vater Riwalin;

      Ich selber heiße Tristan.«

      »Ihr kommt mir, Herr«, sprach Morgan,

      »Mit so unnützen Mären,

      Daß sie viel beßer wären

      Verschwiegen, als hier vorgebracht.

      Ich bin der Sache kurz bedacht:

      Hättet ihr ein Recht an mir,

      Das blieb' euch unverweigert hier;

      Euch sollte nichts daran gebrechen.

      Wäret ihr es anzusprechen

      Ein Mann von ganzen Ehren,

      Ich müst es euch gewähren;

      Wir wißen aber Alle wohl,

      Die Lande sind der Märe voll,

      In welcher Weise Blanscheflur

      Von Haus mit euerm Vater fuhr;

      Zu welchen Ehren sie da kam

      Und wie die Liebschaft Ende nahm.«

      »Liebschaft, Herr? Wie meint ihr das?«

      »Ich sag es euch nun nicht fürbaß,

      Doch wie ich sagte, steht es drum.«

      »Herr«, sprach Tristan wiederum,

      »Versteh ich eurer Zunge Stich,

      So meintet ihr es so, daß ich

      Nicht ehlich wär geboren

      Und hätte drum verloren

      Mein Lehen und mein Lehenrecht.«

      »Ja wahrlich«, sprach er, »guter Knecht,

      Dafür halt Ichs und mancher Mann.«

      »So sprecht ihr übel«, sprach Tristan:

      »Ich wähnte doch, es wäre

      Nach Pflicht gethan und Ehre,

      Wer Einem was zu Leide that,

      Daß er die Zunge doch zu Rath

      Hielt' und schonte Sitt und Brauch.

      Wär Sitt und Brauch nun in euch auch,

      So möchtet ihr die Rede sparen

      (Viel Leid ist mir schon widerfahren),

      Die verharschten Kummer weckt

      Und die alte Schuld erstreckt.

      Ihr erschluget mir den Vater doch:

      Hieran dünkt euch aber noch

      Meines Leides nicht genug.

      Ihr sagt, die Mutter die mich trug,

      Habe kebslich mich getragen.

      Das will ich Gott im Himmel klagen.

      Ich weiß so manchen Edelmann,

      Den ich jetzt nicht nennen kann,

      Der die Hände faltete vor mir:

      Hätt er solche Missezier,

      Wie ihr da sprecht, an mir erkannt,

      Deren Keiner hätte seine Hand

      Zwischen meine je gebracht.

      Die hatten wohl der Wahrheit Acht,

      Daß mein Vater Riwalin

      Meine Mutter bis ans Ende hin

      Hoch hielt als sein ehlich Weib.

      Wenn ich das auf euern Leib

      Bewähren und erweisen soll,

      In Wahrheit, das erweis ich wohl.«

      »Fahrt«, sprach Morgan, »in Gottes Haß!

      Eur Beweisen, was soll das?

      Zum Kampfe taugt ihr keinem Mann,

      Der je zu Hofe Recht gewann.«

      »Das wird sich zeigen«, sprach Tristan,

      Zog das Schwert und rannt' ihn an,

      Und spaltet' ihm von oben her

      Hirn und Hirnschal mit der Wehr,

      Daß sie ihm auf die Zunge drang.

      Dann stach er ihm im andern Gang

      Das Schwert bis tief ins Herz hinein.

      Da zeugte wohl der Augenschein

      Für das Sprichwort, das da spricht:

      Die