Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


Скачать книгу

befahl Gott Leut und Land

      Und fuhr aus seinen Landen;

      Da fuhr auch mit Tristanden

      Sein treuer Meister Curvenal.

      Seine Mannen mit Rual,

      Dazu das Landvolk insgemein,

      War ihr Kummer da nur klein

      Und ihres Herzens Leiden

      Um des trauten Herren Scheiden?

      In Treuen, das vernein ich wohl.

      Parmenîe war da voll

      Des Jammers und der Klagen;

      Es war nicht auszusagen.

      Die Marschallin Floräte,

      Die treue, die stäte,

      Marterte den schönen Leib

      Wie es billig thut ein Weib,

      Der Gott ein gehehrtes Leben

      An Weibesehren hat gegeben.

      X. Morold.

      Was läng ich länger noch hieran?

      Der landlose Tristan

      Als der gen Cornwal wieder kam,

      Eine Mär er allzuhand vernahm,

      Die er ungern hat vernommen:

      Von Irland wär gekommen

      Morold der heldenstarke,

      Und forderte von Marke

      Mit kampflichen Handen

      Den Zins von beiden Landen,

      Von Cornwal und von Engelland.

      Um diesen Zins wars so bewandt:

      Der Englands Krone sonst besaß,

      Wie ichs in der Historie las

      Und die rechte Märe spricht,

      Der hieß Gurmun und anders nicht,

      Und war von Africa geboren

      Und sein Vater dort zum Herrn erkoren.

      Als der verschied, da fiel das Land

      An ihn und seines Bruders Hand,

      Der Erbe war so gut als er.

      Doch wuste Gurmun sich so hehr

      Und trug so hoch seinen Muth,

      Er mochte kein gemeines Gut

      Mit einem andern Mann empfahn.

      Ihn wies das Herz auf andre Bahn:

      Er wär gern selbst ein Herr gewesen.

      Da begann er zu erlesen

      Die Muth- und Ehrenfesten,

      Zu aller Noth die Besten,

      Die Jemand wust im Lande,

      Ritter und Sarjande,

      Die er mit seinem Gute

      Oder höfischem Muthe

      Bringen mocht in sein Geleit,

      Und überließ zur selben Zeit

      Seinem Bruder all sein Land.

      So wandt er sich hinaus zuhand

      Und erwarb auch bei den Römern bald,

      Die der Welt geboten mit Gewalt,

      Urlaub mit dem Bedinge:

      Was seine Kraft bezwinge,

      Daß er darüber schalte,

      Und ihnen nur behalte

      Gewisse Recht' und Ehren.

      Da mocht ihm Niemand wehren,

      Er fuhr mit einem starken Heer

      Über Land und über Meer

      Bis er zu den Iren kam,

      Deren Land er siegreich nahm

      Und sie so bezwang im Streit,

      Daß sie, wenn auch unbereit,

      Ihn zum Herrn und König nahmen

      Und so in Knechtschaft kamen,

      Daß sie zu allen Zeiten

      Mit Stürmen und mit Streiten

      Ihm die Nachbarn halfen zwingen.

      So einmal im Gelingen

      Unterwarf er seiner Hand

      Auch Cornewal und Engelland.

      Marke war da noch ein Kind,

      Unwehrhaft wie die Kinder sind:

      So nahm er ab an seiner Kraft

      Und ward Gurmunen zinshaft.

      Auch half dabei Gurmunen sehr

      Und lieh ihm Macht und Ehre mehr,

      Daß er Morolds Schwester freite:

      Das half ihm, daß er Furcht verbreite.

      Der ward da Herzog genannt

      Und hätte gern ein Königsland

      Selber auch beseßen;

      Denn er war gar vermeßen

      Und hatte Land und großes Gut,

      Starken Leib und hohen Muth.

      So focht er Gurmuns Heer voraus.

      Nun aber leg ich euch aus

      Wie es mit dem Zinse stand,

      Der den Iren ward gesandt,

      Aus jedwedem Lande zwar:

      Sie sandten hin das erste Jahr

      Dreihundert Mark Messinges

      Und keines andern Dinges;

      Das andre Silber, das dritte Gold.

      Im vierten aber kam Morold

      Der Starke von Irlanden

      Und wollte sein bestanden.

      So wurden denn vor ihn gesandt

      Aus Cornewal und Engelland

      Die Baronen all und Großen.

      Die giengen da zu looßen

      In seinem Beisein, Wer von ihnen

      Sein Kind ihm gäbe, das zu dienen

      Geschickt wär nach den Jahren

      Und kundig zu gebahren

      Nach Zucht und edelm Hofgebranch,

      Schönen Leibes nicht minder auch:

      Nicht Mädchen, lauter Knäbelein,

      Und der Knaben sollten dreißig sein

      Aus jedwedem Lande,

      Und sollte dieser Schande

      Niemand mögen widerstehn,

      Es müst im Zweikampf denn geschehn

      Oder auch im Landgefecht.

      Nun mochten sie zu ihrem Recht

      Mit offner Gegenwehr nicht kommen,

      Denn die Lande hatten abgenommen.

      So war auch Morold so stark,

      So erbarmungslos und arg,

      Daß Niemand wider ihn allda,

      Der ihm in die Augen sah,

      Verwagte