Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


Скачать книгу

säumt sie Tristan nicht daran.

      Großer Schade ward gethan

      An den Landgesellen:

      Fahen und Fällen,

      Schlagen und Stechen,

      Damit sah man durchbrechen

      Zu beiden Seiten ihr Heer;

      Auch brachte das sie außer Wehr,

      Daß jedwede Companîe

      Ihr »Schevalier, Parmenîe«

      So viel riefen und schrien:

      Damit war ihre Wehr dahin.

      Ihnen blieb nicht Wehr noch Wiederkehr,

      Nur verdecktes Fliehen

      Und zögerndes Ziehen

      Nach dem Berg und nach dem Wald;

      Da ward der Streit erst mannigfalt.

      Die Flucht war da ihr letzter Trutz

      Und vor dem Tod ihr bester Schutz.

      Nun dieser Sieg erfochten war,

      Da ruhte sich die Ritterschar;

      Sie schlugen Hütten auf dem Plan

      Und die sie des Gesindes sahn

      Sich auf dem Feld erschlagen,

      Die ließen sie zu Grabe tragen;

      Und Die verwundet waren,

      Legten sie auf Bahren

      Und zogen heim zu ihren Landen.

      Hiemit war jetzo Tristanden

      Sein Lehn und sein gesondert Land

      Verliehn aus seiner eignen Hand;

      Er war von Dem auch Herr und Mann

      Das noch sein Vater nie gewann.

      So hatt ers in die Richte gebracht

      Und seine Sache schlicht gemacht:

      In die Richte gebracht am Gute

      Und schlicht gemacht im Muthe.

      All sein Unrecht war nun recht,

      Seine Schwermuth eben und schlecht.

      Er hatte nun aus freier Hand

      Sein Vatererb und all sein Land

      Unangefochten und also,

      Daß Niemand irgend wann noch wo

      Anspruch erhob an all sein Gut.

      Hiemit so wandt er seinen Muth,

      Wie ihm da gebot und rieth

      Sein Oheim als er von ihm schied,

      Wiederum gen Cornewal;

      Und mochte doch auch von Rual

      Nicht wenden sein Gemüthe,

      Der ihm so manche Güte

      Mit väterlicher Stätigkeit

      Erwiesen hatte jederzeit.

      An Rual und an Marke lag

      Tristans Herz bei Nacht und Tag;

      An diesen zwein lag all sein Sinn:

      Der Sinn, der lockt' ihn her und hin.

      Nun spräche wohl ein werther Mann:

      »Unser werther Tristan

      Wie verhält er sich hiezu,

      Daß er Recht Jedwedem thu

      Und Beiden lohne wie er soll?«

      Ein Jeder sieht und weiß das wohl,

      Er kann sichs nicht ersparen:

      Einen muß er laßen fahren,

      Daß er bei dem Andern bleibe.

      So laßt denn hören, wie ers treibe?

      Kehrt er gen Cornewal sich wieder,

      So sinkt ihm Parmenîe nieder

      Und büßt an seinen Würden ein;

      So muß verkürzt auch Rual sein

      An Freuden und frohem Muth

      Und an alle dem Gut,

      Dem seine Wonne sollt entblühn;

      Und will er nicht von hinnen ziehn,

      So muß er entbehren

      Höherer Ritterehren

      Und setzt auch Markes Rath hintan,

      Von dem er Ehre mag empfahn.

      Wie soll er nun sein Heil bewahren?

      Weiß Gott, er muß von hinnen fahren:

      Man soll ihm Urlaub geben.

      Er muß noch höher schweben

      An Ehren und am Muthe,

      Soll sich sein Glück zu Gute

      Noch und zu Freuden kehren.

      Nach den höchsten Ehren

      Soll er noch trachten können.

      Will die sein Heil ihm gönnen,

      Es hat wohl Recht, daß es das thu,

      Steht ihm doch all sein Muth dazu.

      Der sinnreiche Tristan

      Gar sinnigen Rath ersann:

      Er war bedacht, so eben

      Und gleich sich zu vergeben

      An seine Väter beide

      Als ob man ihn zerschneide.

      Er theilte selber sich entzwei

      So gleich und eben wie ein Ei,

      Und gab Jedwedem dann den Theil,

      Der am Meisten ihm zum Heil

      Kam nach seinem ganzen Wesen.

      Wer nun von Theilung nie gelesen,

      Die man an sich selber macht,

      Dem sag ich wie sie wird vollbracht.

      Es zweifelt Niemand doch daran:

      Zwei Dinge machen einen Mann

      Und diese zwei sind Leib und Gut;

      Von diesen zwein kommt edler Muth

      Und weltlicher Ehren viel.

      Wenn man die beiden scheiden will,

      So wird das Gut zur Armut,

      Und der Leib, dem man sein Recht nicht thut.

      Kommt auch von seiner Würde dann,

      Und wird der Mann ein halber Mann.

      Und doch mit ganzem Leibe.

      So ists auch mit dem Weibe.

      Es sei Mann oder Weib,

      Immer müßen Gut und Leib

      Gesellt in allen Sachen

      Erst ein ganzes Wesen machen;

      Will man sie aber scheiden,

      So ist es aus mit beiden.

      Diese Theilung begann

      Der sinnreiche Tristan

      Und vollführte sie mit Sinnen.

      Man must ihm erst gewinnen

      Schöne Ross und reich Gewand

      Und Speis und Vorrath mancherhand

      Wie