Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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er sie gen Kanoel:

      Und jede Stadt und jed Castel,

      Die seit Kanelens Jahren

      In seiner Pflege waren

      In allen den Landen,

      Die gab er auf Tristanden

      Getreulich nach dem Lehensbrauch;

      Die seinigen darunter auch,

      Die von den Vordern allen

      Ihm waren angefallen.

      Was braucht es langer Rede noch?

      Rath und Ehre hatt er doch;

      So bot er seinem Herren Rath

      Als ein Mann, der Rath und Ehre hat.

      Und mit ihm all den Seinen.

      Das Fleißen und das Peinen,

      Das er mit süßem Muthe

      Ihnen allen zu Gute

      In aller Weise wandt auf sie,

      Das sah man noch auf Erden nie.

      Wie nun? Wie ist mir denn geschehn?

      Hab ich mich selber übersehn?

      Wo that ich meine Sinne hin?

      Die tugendreiche Marschallin,

      Die reine, die stäte,

      Meine Herrin Floräte,

      Daß ich so lange schwieg von der,

      Das kam mir nicht vom Hofe her.

      Doch hoff ich es der süßen

      Zu beßern und zu büßen.

      Die höfische, die gute,

      Die weiblich gemuthe,

      Die wertheste, die beste,

      Ich weiß, daß sie die Gäste

      Nicht mit dem Mund allein empfieng;

      Denn wie das Wort vom Munde gieng,

      Gieng ihm der gute Wille vor.

      Nicht höher flög ihr Herz empor

      Wär es der Flügel mächtig.

      Ihr waren einträchtig

      Stäts ihr Wille und ihr Wort,

      Ich weiß wohl, daß sie über Bord

      Ihr alle beide giengen,

      Als sie die Gäste empfiengen.

      Die selige Floräte, was

      Sie glücklich war im Übermaß,

      Als sie ihren Herrn sah und ihr Kind,

      Das Kind, des diese Mären sind,

      Ihren Sohn Tristanden mein ich!

      In Treuen, das bescheidet mich

      All die Tugend und die Güte,

      Die sie trug im Gemüthe

      Wie ich von der Selgen las.

      Daß sie beider viel besaß,

      Das bewährte sie so wohl

      Als ein Weib aufs Beste soll,

      Denn sie schuf ihrem Kinde

      Und seinem Ingesinde

      Solch Gemach und den Empfang,

      Keiner fand es beßer lebenslang.

      Eines Glaubens bin ich auch so voll,

      Daß ichs nicht fester glauben soll,

      Von dem höfschen Curvenal:

      Daß sein Freund ihm dazumal

      Ein willkommner Tristan war;

      Des bin ich allen Zweifels bar.

      Nach Diesem wurden besandt

      Zu Parmenîe im ganzen Land

      Die Herren und die Ritterschaft,

      In deren Hand die Herschaft

      Lag so in Stadt als in Castel.

      Als nun die in Kanoel

      All zusammen kamen

      Und hörten und vernahmen

      Von Tristan wahren Bericht

      Wie diese Märe von ihm spricht

      Und wie ihr selber habt vernommen,

      Da flogen tausend Willkommen

      Aus eines Jedem Munde.

      Leut und Land zur Stunde

      Erwachten aus dem langen Leid

      Und wandten sich zur Fröhlichkeit,

      Daß es ein Wunder war zu sehn.

      Sie empfiengen ihre Lehn,

      So die Leute wie das Land,

      Von ihres Herren Tristan Hand;

      Sie schwuren Huld und wurden Mann.

      Derweil trug immer Tristan

      Die heimlichen Schmerzen

      Verborgen in dem Herzen,

      Den ihm Morgans Unglimpf lieh.

      Dieser Schmerz verließ ihn nie

      War es Abend oder Morgen.

      Er gieng zu Rath in Sorgen

      Mit Freunden drauf und Mannen

      Und sprach, zu den Britannen

      Zieh ihn sein Verlangen,

      Sein Lehen zu empfangen

      Aus seines Widersachers Hand,

      Damit er seines Vaters Land

      Besäße vollen Rechtes froh.

      So sprach er und er that auch so.

      Er fuhr von Parmenîe

      Mit seiner Companîe

      Gerüstet und versehn so voll

      Als sich Jeder rüsten soll,

      Der auf ängstliche That

      Den Willen fest gerichtet hat.

      Als Tristan gen Britannien kam,

      Geschah es, daß er bald vernahm

      Und mit Gewissheit hörte sagen,

      Morgan, der Herzog, reite jagen

      Von Walde zu Walde.

      Da hieß er eilen balde;

      Die Ritter hielten sich bereit

      Und legten unter ihrem Kleid

      Den Halsberg an und all ihr Ding;

      Doch so, daß sich kein Harnischring

      Unterm Wappenrock ließ sehn:

      Daran war Tristans Wunsch geschehn.

      Darüber legte jeder Mann

      Seinen weiten Reifrock an

      Und saß alsdann zu Rosse.

      Sie geboten ihrem Trosse

      An sichre Statt zu reiten

      Und mit keinem Feind zu streiten.

      Getheilt dann ward die Ritterschar

      Und was die größre Stärke war

      Für den Rückzug versteckt

      Und daß der Tross auch wär gedeckt,

      Welchen