Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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diesem fragt' er sie zuhand;

      Auch sagten sie ihm Märe,

      Wann und wie lang es wäre,

      Daß ihnen eben solch ein Knabe

      Aufstieß wie er beschrieben habe,

      Des Führer sie nicht lang geblieben;

      Wobei sie ihn genau beschrieben

      Nach Antlitz und Haaren,

      Nach Reden und Gebahren,

      Dazu nach Wuchs und Gewand;

      Und wie geschickt und gewandt

      Sein Gehaben war in allen Dingen.

      Wer mocht es noch in Frage bringen,

      Ob es sein lieber Jungherr wär?

      Die beiden Waller bat er sehr,

      Daß sie ihm doch die Stätte,

      Wo er sie verlaßen hätte,

      Wenn sie die anders kennten,

      Um Gotteswillen nennten.

      Da sagten sie dem Marschall:

      »Bei Tintajöl in Cornewal

      War es, wo wir von ihm kamen.«

      Da ließ er mehrmals sich den Namen

      Nennen des Orts, und sprach zumal:

      »Nach welcher Hand liegt Cornewal?«

      »Es stößt«, versetzten sie sogleich,

      Jenseits auf Britannenreich.«

      Ach, dacht er, Gott und Herre mein,

      Hier zeigt sich deiner Gnade Schein.

      Ist Tristan, wie ich hier vernommen,

      Denn nach Cornewal gekommen,

      So ist er unbewust daheim,

      Denn Marke ist sein Oheim.

      Gott, weise mich auf gleiche Pfade;

      Ach, süßer Gott, in deiner Gnade

      Laß mir nur noch so wohl geschehn,

      Daß ich Tristanden möge sehn.

      Von der Märe, die ich hier vernommen,

      Laß mir noch Herzensfreude kommen.

      Sie gefällt mir wohl und ist auch gut:

      Ich fühle meinen schweren Muth

      Erleichtert, seit ich sie gewann.

      »Ihr selgen Leute«, sprach er dann,

      »Mög euch der Jungfrau Sohn bewahren;

      Ich will auf meine Straße fahren

      Und sehn, ob ich ihn finde.«

      »Er weis' euch zu dem Kinde,

      Der aller Welten hat Gewalt.«

      »Dank«, sprach der gute Don Rualt;

      »Gebietet mir, ich muß zur See.«

      »Freund«, sprachen sie, »ade, ade!«

      Da schritt der Marschall immer zu,

      So unverdroßen, daß zur Ruh

      Er keinen halben Tag sich nahm,

      Bis daß er zu dem Meere kam.

      Da fand er Ruh, das war ihm leid:

      Denn noch lag kein Schiff bereit;

      Doch als ein Schiff sich endlich fand,

      Fuhr er nach Britannenland.

      Durch Britannien streift' er hin

      Mit so eifrigem Sinn,

      Daß nie ein Tag so lange währte,

      Daß er je zu ruhn begehrte:

      Er durchstrich ihn bis zur Nacht.

      Ihm gab dazu die Hoffnung Macht,

      Daß er Tristanden finden werde:

      Die macht' ihm jegliche Beschwerde

      Sanft und alle Mühe leicht.

      Als Cornewal nun war erreicht,

      Da fragt' er nach der Märe,

      Wo Tintajöle wäre;

      Und als man ihm die Weisung gab

      Setzt' er weiter seinen Stab

      Und kam dahin nach kurzer Müh

      Eines Sonnabends früh,

      Als man zur Messe sollte gehn.

      Da gieng er vor das Münster stehn,

      Und sah vorüber ziehn die Leute.

      Da hielt er lang sich still und scheute,

      Und spähte, ob er einen

      Darunter sah erscheinen,

      Der ihm zu seiner Frage

      Bescheidentlich behage.

      Denn allzeit dacht er noch bei sich:

      »Dieß Volk ist schmucker viel als ich;

      An wen hier meine Frag ergeht,

      So fürcht ich, daß er es verschmäht

      Mich zu bescheiden über ihn,

      Weil ich so schlecht gekleidet bin.

      Nun rathe Gott, was fang ich an.«

      Der König Marke zog heran

      Mit einer herrlichen Schar.

      Der getreue Mann nahm ihrer wahr

      Und ersah nicht, den er wollte;

      Dann, als der König sollte

      Von der Messe heim zu Hofe gehn,

      Da gieng Rual zur Seite stehn

      Und trat dann mit bescheidnem Sinn

      Zu einem alten Hofmann hin:

      »Ach, Herr«, begann er, »saget mir

      Bei eurer Güte, wißet ihr

      Ob hier ein Kind am Hof verkehrt –

      Man sagt, es sei dem König werth,

      Und ist Tristan genannt.«

      »Ein Kind«, sprach Jener gleich zur Hand,

      »Ich weiß von keinem Kinde;

      Ein Knapp ist hier Gesinde,

      Der nächstens nehmen soll das Schwert.

      Dem König ist er lieb und werth,

      Denn er weiß der Künste viel

      Und manch höfisches Spiel;

      Und ist nun aus den Kinderschuhn:

      Ein starker Jüngling ist er nun

      Mit braungelockten Haaren

      Und schönem Gebahren.

      Fremd ist hier der junge Mann.

      Den wir heißen Tristan.«

      »Nun sagt mir, Herr«, sprach Rual da,

      »Seid ihr hier Ingesinde?« – »Ja.«

      »So ehrt euch selbst damit und thut

      Mir das Eine noch zu gut;

      Gewiss, ihr thut sehr wohl daran:

      Sagt ihm, hier sei ein armer Mann,

      Der ihn sprechen möcht und sehn.

      Laßt