Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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nahm in seine Hand den Sper;

      Über den Werder hin und her

      Sah man ihn schön punieren

      Und reichlich loisieren;

      Er warf die Puneiße

      In dem ernstlichen Kreiße

      So leicht und lustig an das Ziel,

      Als gält es hier nur Scherz und Spiel.

      Als Tristan auch zu Schiffe kam

      Und das Seine zu sich nahm,

      Seinen Sper und auch sein Ross,

      Vorn stand er eh das Schifflein floß.

      »Herr«, sprach er, »König Mark,

      Seid mir nun nicht allzu stark

      Besorgt um Leib und Leben:

      Gott seis anheim gegeben.

      Unsre Angst mag hier nicht frommen.

      Es mag zu beßerm Ende kommen,

      Als man wähnt, mir wird zu Theil.

      Unser Sieg und unser Heil

      Hängt nicht ab von Ritterschaft;

      Sie steht bei Gottes Macht und Kraft.

      So laßt denn alle Sorgen sein,

      Denn ich mag gar wohl gedeihn.

      Ich fahre guter Dinge

      Zu diesem Streitberinge.

      Seid fröhlich und gehabt euch wohl

      Es ergeht doch was ergehen soll.

      Doch wie mir auch gelinge,

      Zu welchem End ichs bringe,

      So befehlet Ihr doch heute

      Euer Land und eure Leute

      Dem, welchem ich vertraue:

      Gott, der zu dieser Aue

      Mit mir geht zum Gefechte,

      Der bringe Recht zu Rechte.

      Gott muß wahrlich mit mir siegen

      Oder sieglos erliegen:

      Der muß es walten, muß es pflegen.«

      So bot er ihnen seinen Segen;

      Sein Schifflein stieß er von dem Ort

      Und fuhr in Gottes Namen fort.

      Da ward sein Leib und sein Leben

      Von manchem Munde Gott ergeben;

      Ihm ward von mancher edeln Hand

      Manch süßer Segen nachgesandt.

      Und als er ans Gestade stieß,

      Der Held sein Schifflein fließen ließ

      Und schwang sich auf sein Ross gewandt.

      Gleich ritt auch Morold an den Strand.

      »Was soll das heißen, thu mir kund«,

      Sprach Morold, »und aus welchem Grund

      Hast du das Schifflein laßen gehn?«

      Er sprach: »Das ist darum geschehn:

      Hier ist ein Schiff und sind zwei Mann,

      Und ist kein Zweifel auch daran,

      Bleiben wir nicht beide hier,

      Daß Einer doch, Ich oder Ihr,

      Auf diesem Werder bald erliegt:

      So hat der Andre dann, der siegt,

      Wohl an dem einen Schiff genug,

      Das dich zu diesem Werder trug.«

      Morold sprach: »Ich höre wohl,

      Daß es dabei verbleiben soll,

      Der Kampf müße vor sich gehn.

      Gedächtest du noch abzustehn

      Und schieden wir in Minnen

      Mit dem Geding von hinnen,

      Daß der Zins von beiden Landen

      Mir bliebe zugestanden,

      Das deuchte mich dein Glück zu sein;

      Denn fürwahr, es schafft mir Pein,

      Wenn ich dich erschlagen soll.

      Mir gefiel kein Ritter noch so wohl,

      Den meine Augen je ersahn.«

      Da sprach der kühne Tristan:

      »Wir mögen nicht zur Sühne kommen,

      Der Zins sei denn hinweggenommen.«

      Der Andre sprach: »Auf meinen Eid,

      Solcher Sühne bin ich unbereit.

      Wir kommen nicht zu Minnen,

      Der Zins muß mit mir hinnen.«

      »So stellen wir«, sprach Tristan,

      »Hier sehr unnütze Theidung an.

      Da du so gar nicht Zweifel trägst,

      Morold, daß du mich erschlägst,

      So wehr dich, so du willst gedeihn;

      Es kann hier schon nicht anders sein.«

      Er warf das Ross im Bogen

      Und kam zurückgeflogen

      In richtiger Schlichte.

      Herstob er in der Richte

      Nach seines Herzens Begehr.

      Mit herabgesenktem Sper,

      Mit fliegenden Schenkeln,

      Mit Sporen und mit Enkeln

      Nahm er das Ross in die Seiten.

      Da muste Jener auch wohl streiten,

      Es gieng um das Leben nun.

      Da that er wie sie Alle thun,

      Die zu rechter Mannheit

      Mit allen Sinnen sind bereit:

      Er nahm auch eine Kehre

      Nach seines Herzens Lehre,

      Geschwind hindann, geschwind hinwieder,

      Warf auf den Sper und zuckt' ihn nieder.

      So kam er her gerühret

      Wie den der Teufel führet.

      Sie stürmten beide, Ross und Mann,

      Im Fluge gegen Tristan an

      Noch schneller als der Falke thut;

      So gierig war auch Tristans Muth.

      Gleich heiß war beider Verlangen,

      Die gleichen Flugs zusammen drangen

      Daß sie die Spere stachen,

      Die in den Schilden brachen

      Wohl zu Tausend Stücken.

      Da musten sie zücken

      Die Schwerter von den Seiten.

      Es gab zu Ross ein Streiten,

      Gott selber möcht es gerne sehn.

      Nun hör ichs allwärts so verstehn,

      Und so heißts auch in der Märe,

      Daß dieß ein Zweikampf wäre,

      Und Alle denken sich dabei,

      Da wären nur der Kämpfer zwei.

      Doch