Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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entwaffneten ihn schnell

      Und schufen ihm Gemach und Rast

      So gut sie wünschen mocht ein Gast.

      Nach Ärzten wurde gesandt,

      Den allerbesten, die man fand

      In Burg und Städten fern und nah.

      Als die beisammen waren da,

      Sie wandten allen Fleiß und Sinn

      Und ärztliche Kunst auf ihn:

      Was halfs, was war damit gethan?

      Er war noch um nichts beßer dran.

      Was sie von Heilkunst insgemein

      Wusten und von Arzenein,

      Das konnt ihm keine Hülfe schaffen,

      Denn das Gift war so beschaffen,

      Sie wustens von der leiden

      Wunde nicht zu scheiden

      Bis es den ganzen Leib einnahm,

      Der eine Farbe bekam,

      Bleich und fahl, daß ihn beinah

      Nicht mehr erkannte, wer ihn sah.

      Auch gieng nun von der Wunde gar

      Ein Geruch, der so abscheulich war,

      Daß ihm das Leben ward zur Last

      Und der eigne Leib verhaßt.

      Das war sein gröstes Ungemach,

      Denn er beschwerte nach und nach,

      Er must es selbst wohl gewahren,

      Die Freunde, wenn sie bei ihm waren.

      Nun verstand er mehr und mehr

      Morolds Rede. Oft vorher

      Hatt er wohl auch vernommen

      Wie schön und wie vollkommen

      Die Schwester Morolds wäre.

      Es flog von ihr die Märe

      Weithin durch alle Gauen.

      Stäts hieß es von den Frauen:

      Die weise Isot, die schöne Isot,

      Die leuchtet wie das Morgenroth.

      Hieran gedachte Tristan

      Allzeit, der kummervolle Mann,

      Und wuste wohl, sollt er genesen,

      So möcht er andres nichts erlesen

      Als ihre kunstbegabte Hand,

      Die diese Kunst allein verstand,

      Die sinnreiche Königin.

      Doch wollt ihm noch nicht in den Sinn,

      Wie die sein sollte pflegen.

      Doch begann er zu erwägen,

      Da der Tod ihm doch nicht fehle,

      Daß er dann besser wähle,

      Den Leib zu wagen auf den Tod

      Als diese tödtliche Noth.

      Da setzt' er sich es in den Sinn,

      Er wolle wahrlich dahin,

      Es ergeh ihm wie Gott wolle:

      Er genese, wenn er solle.

      Da berief er seinen Oheim

      Und vertraut' ihm Alles insgeheim,

      Wie der Freund dem Freunde thut,

      Was er trug in seinem Muth,

      Und was nach Morolds Märe

      Er zu thun gesonnen wäre.

      Dem gefiel es übel und auch wohl,

      Da man in den Nöthen soll

      Dem Schaden steuern wie man kann:

      Von zweien Übeln wähle man

      Was das kleinste Übel ist,

      Das heißt wohl eine nütze List.

      Die Zwei da kamen ganz allein

      Aller Dinge wegen überein,

      Wie es dann auch gehalten ward,

      Wie er vollbrächte seine Fahrt;

      Wie mans verschweigen sollte,

      Daß er nach Irland wollte

      Und ausstreun nah und ferne,

      Er wäre gen Salerne

      Der Heilung halb gefahren.

      Als sie nun einig waren

      Ward auch nach Curvenal gesandt

      Der kam, sie sagten ihm zuhand

      Ihren Willen allzumal.

      Des freute sich da Curvenal;

      Er sprach, er wolle mit ihm sein,

      Mit ihm ersterben und gedeihn.

      Als der Abend kam heran,

      Zu ihrer Fahrt bestellte man

      Eine Barke und ein Schifflein,

      Und brachte Vorrath hinein

      An Nahrung und an Speise,

      Und an Bedarf zur Reise.

      Da ward mit vielen Klagen

      Tristan hineingetragen

      So heimlich und so leise,

      Daß von des Armen Reise

      Niemand wust in aller Welt

      Als Die man auch dahin bestellt.

      Seinem Oheim befahl

      Er da getreulich manchesmal

      Sein Gesind und all sein Ding,

      Daß seines Gutes nicht ein Ring

      Von dem andern käme

      Bis man von ihm vernähme

      Unzweifelhafte Märe

      Wie es ergangen wäre.

      Seine Harfe ließ er kommen;

      Die wurde mitgenommen

      Und seiner Habe sonst nichts mehr.

      Hiemit so stießen sie ins Meer

      Und fuhren bald von dannen

      Allein mit acht Mannen.

      Die hatten ihm ihr Leben

      Zur Bürgschaft gegeben

      Und versichert mit Eiden,

      Aus dem Willen der Beiden

      Mit keinem Fuß zu treten.

      Als sich die Segel blähten,

      Marke sah Tristanden nach.

      Seine Freud und sein Gemach

      Waren beide wohl gering.

      Zu Herzen und zu Beine gieng

      Ihm dieses bittre Scheiden,

      Obwohl es ihnen Beiden

      Noch zu gutem Ende kam.

      Als nun des Landes Volk vernahm,

      Tristan sei gen Salerne

      Gefahren, in der Ferne

      Von seinem Übel zu genesen, –

      Wär er ihr Aller Kind gewesen,

      So hätte sie sein Leid nicht mehr

      Betrüben