damit beschäftigt, Behelfslafetten für die Bronzerohre zu zimmern.
In den Pulverkammern der beiden Galeonen lagerten noch immer ausreichende Munitionsvorräte. Der spanische Flottenverband war gut ausgerüstet gewesen, als er Cartagena verlassen hatte, um El Triunfo in Stücke zu schießen. Die Mengen an Pulver, Blei und Eisen hätten wahrscheinlich ausgereicht, um die Siedlung in Honduras zweimal zu zerstören.
Man konnte sich also leisten, einen Teil der noch vorhandenen Munition in die Felsen hinaufschaffen zu lassen. Jede der behelfsmäßigen Geschützstellungen mußte so gut ausgerüstet sein, daß ein Angriff erfolgreich abgewehrt werden konnte. Die Standorte der Geschütze waren von Caligula so ausgewählt worden, daß sich kein Angreifer der Insel nähern konnte, ohne nicht sofort wirkungsvoll beschossen zu werden.
„Gute Arbeit“, sagte die Black Queen anerkennend, als sie die Inspektion der „Vascongadas“ beendet hatte und gemeinsam mit ihrem Gefährten in das Beiboot abenterte. Eins der Geschützrohre wurde bereits mittels einer an der Großrahnock angeschlagenen Talje in einen Einmaster abgefiert. Es würde also nur noch wenige Stunden dauern, bis die Verteidigungsbereitschaft Tortugas in vollem Umfang gewährleistet war.
Caligula grinste selbstgefällig, denn er bezog das Lob auf sich allein. Auf den Gedanken, daß die Queen vor allem auch den Schiffsbesatzungen Anerkennung zollte, verfiel er nicht. Mit einer herrischen Handbewegung gab er den Männern auf den Duchten Order, loszupullen.
„Trotzdem können wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen“, sagte die Black Queen nachdenklich.
„Wie meinst du das?“ Er blickte sie von der Seite an.
„Zum Teufel, Caligula, streng deinen Grips ein bißchen an. Fürs erste sind wir gerüstet. Mit ein paar Angreifern wie diesen Bastarden von der Schlangen-Insel werden wir fertig. Aber das reicht nicht für die Zukunft. Tortuga muß zur Festung ausgebaut werden. Dazu gehört zum Beispiel, daß wir die Munitionsvorräte vergrößern.“
Caligula grinste breit. „Kein Problem. Bei nächster Gelegenheit schnappen wir uns ein paar fette spanische Galeonen. Du hast gesehen, wie die ihre Pulverkammern vollstopfen. Bei denen mangelt es an nichts.“
Die Black Queen antwortete nicht. Ihre Gedanken wanderten in die fernere Zukunft. Später, wenn sie ihre Machtansprüche in der Karibik endgültig gesichert hatte, würde sie mehrere Stützpunkte von der Art Tortugas besitzen.
Zuverlässige Verbündete würden die Gewähr sein, daß ihr Herrschaftsbereich funktionierte. Und einer dieser Stützpunkte würde die Schlangen-Insel sein. Das stand schon jetzt fest. Sie würde nicht eher ruhen, bis sie die Insel dieser verdammten Bastarde erobert hatte.
3.
Eine knappe Viertelstunde war vergangen, als am Strand eine große Jolle zu Wasser gebracht wurde. Die Black Queen und Caligula erlebten den denkwürdigen Anblick nicht von Anfang an, da sie sich in die Kapitänskammer begeben hatten, um die Verteidigungspläne für Tortuga zu verfeinern.
Auf der „Caribian Queen“, der „Aguila“ und den beiden Beutegaleonen hielten die Männer mit ihrer Arbeit inne, um das Schauspiel zu beobachten.
Nicht weniger als acht Männer aus El Triunfo wurden eingesetzt, um das große Boot in sein Element zu bringen. Das lag jedoch keineswegs am Eigengewicht der Jolle.
Der Koloß, den sie alle kannten, wuchtete sein Lebendgewicht bereits an Land auf die mittlere Ducht. Unter den Kiel des Bootes waren Rundhölzer gelegt worden, und an jeder Seite hielten zwei Männer die Balance, während die übrigen vier am Spiegel Aufstellung nahmen und mit aller Kraft schoben.
Willem Tomdijk, ehemals Bürgermeister von El Triunfo, hockte wie ein zwei Zentner schweres Monument auf der Ducht. Jeder anderweitige Versuch, ihn an Bord zu bringen, hätte unweigerlich zum Kentern des Bootes geführt.
Es war eine schweißtreibende Aufgabe für die Helfer, die Jolle bis zur ausreichenden Wassertiefe zu bugsieren. Minutenlang knirschte der Kiel über den Sand, und einmal sah es aus, als würde das schwerbeladene Wasserfahrzeug steckenbleiben. Dann jedoch war es geschafft.
Willem Tomdijk wandte sich zu den anderen um und winkte ihnen zu. In seinem rosigen Jungengesicht lag energische Entschlossenheit. Das bedrohliche Schwanken des Bootes kümmerte ihn nicht, denn er konnte sich auf die Männer verlassen, die schnell genug zupackten, um ein Kentern zu verhindern.
Der füllige Mann, der aus Leeuwarden in den Niederlanden stammte, sah trotz seines enormen Körperumfangs aus wie ein unbedarfter kleiner Junge. Sein blondes Haar stand kurz und widerborstig auf einem mächtigen Schädel, wodurch der jungenhafte Eindruck noch verstärkt wurde.
Niemand war jemals in der Lage gewesen, sein Alter zu schätzen. Auch sah er keinen Grund, zu verraten, daß er fünfunddreißig Jahre alt war. Seine Leibesfülle ließ ihn älter erscheinen, während sein rosiges Gesicht das Gegenteil vermuten ließ.
Nur die listigen Augen Willem Tomdijks, die so schmutziggrau waren wie das Nordseewasser vor der Küste seiner Heimat, zeigten Menschenkennern etwas von seiner Raffinesse und Bauernschläue.
In El Triunfo hatten ihm diese Eigenschaften geholfen, den Posten des Bürgermeisters zu erlangen. Geschickt hatte er die Tatsache zu nutzen gewußt, daß er unter den rund fünfhundert Siedlern englischer und französischer Herkunft der einzige Holländer war.
Damit hatte er den Vorteil der Neutralität ausnutzen können.
Er hatte die rauhen und verwegenen Siedler an der Golfküste von Honduras nicht enttäuscht. Unter seiner Regie hatten sie es bereits zu bescheidenem Wohlstand gebracht, ehe die Spanier ihre Siedlung ausradierten.
Manon, die dunkelhaarige Wortführerin der Mädchen aus Paris, watete kurz entschlossen mit nackten Füßen ins seichte Uferwasser. Dann schürzte sie das einfache Leinenkleid, das ihren schlanken und wohlgeformten Körper umgab. Bereitwillig ließ sie sich von den Männern auf die Achterducht des Bootes helfen.
Ihr folgte Emile Boussac, der wieselflinke kleine Franzose aus Rouen, der sich unter Willem Tomdijks „Regierung“ emporgearbeitet und es bis zum erfolgreichen Schankwirt gebracht hatte. Seine Schenke, „La Mouche Espagnole“ genannt, war in El Triunfo zum blühenden Mittelpunkt aller Freizeitbeschäftigungen geworden.
Dorthin hatte er Manon und ihre Freundinnen bestellt, und dort hatten sie ein dankbares Betätigungsfeld finden sollen. Daß sie jetzt Tortuga als Ausweichquartier benutzen mußten, war für Emile Boussac eine schmerzliche Erfahrung.
Er hatte keine eigene Kneipe und mußte sich in dieser ungewissen Anfangszeit darauf beschränken, nach künftigen Geschäftsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Die Mädchen hatten zwar genug zu tun, aber sie verdienten etwas Besseres als die lausige „Schildkröte“, in der dieser Bursche namens Diego seinen Fusel ausschenkte.
Die Black Queen und Caligula wurden von einem ihrer Posten alarmiert, als sich die tief im Wasser liegende Jolle schon auf halbem Weg zur „Caribian Queen“ befand.
Das Gelächter der Männer auf der Kuhl des Zweideckers war nicht zu überhören, und den Grund für die allgemeine Heiterkeit erkannten die Negerin und ihr Gefährte auch sofort, als sie ans Schanzkleid traten.
„O verdammt“, sagte Caligula und grinste.
„Was heißt das?“ fuhr ihn die Black Queen an. „Hast du etwa Angst vor diesen Schwachköpfen? Willst du dich wie eine Ratte verkriechen?“
„Das nicht. Aber du kennst unseren Freund Willem.“
„Ja, und? Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich ihn überhaupt an Bord lasse.“ Ein Gedanke durchfuhr die Queen, bei dem sie sich eines Lachens nicht erwehren konnte. Natürlich würde Willem niemals das Recht oder auch nur die Gelegenheit erhalten, die Laderäume und Kammern der „Caribian Queen“ zu durchstöbern. Andernfalls würde er wahrscheinlich Stielaugen kriegen, wenn er die Schatzkiste erblickte, die mit Gold, Silber und Juwelen gefüllt war.
Denn diese Kiste