Roy Palmer

Seewölfe Paket 19


Скачать книгу

der sich jetzt anschickte, auch die „Wappen von Kolberg“ in den Visierbereich seiner Geschütze zu holen.

      Aber eine zweite Überraschung ließen sich weder Arne von Manteuffel noch der Seewolf und die anderen bieten. Während Arne backbrassen ließ und im nächsten Moment fast auf der Stelle nach Osten halste, stürzte sich die „Isabella“ wie ein Löwe auf die „Caribian Queen.“

      Der Schwarze Segler und die „Tortuga“ jagten unterdessen nach Südwesten, um die „Aguila“ abzufangen. Die Galeone der Meuterer segelte unter Vollzeug nach Westen, hart nach Backbord krängend und offenbar versucht, dem Gegner in den Rücken zu fallen, während die Black Queen Unheil und Verwirrung stiftete.

      Dem Seewolf war klar, daß er sich allein auf die Black Queen konzentrieren mußte. Arnes Absicht war deutlich zu ahnen. Sobald er den Zweidecker nicht mehr im Genick hatte, würde er sich die „Buena Estrella“ vorknöpfen.

      Auch Nils Larsen würde mit der „Le Vengeur III.“ in den Kampf eingreifen, wenn sie erst einmal alle Taue gekappt hatten und der Bugspriet nicht mehr längsseits hing.

      Hasard hatte lediglich um zwei Strich nach Steuerbord abdrehen lassen. An den Backbordgeschützen standen die Männer auf dem Sprung. Big Old Shane und Batuti waren in die Marse aufgeentert, und auf der Back hatte Ferris Tucker seine Höllenflaschenabschußapparatur aufgebaut.

      Einen Atemzug zu spät begriff die Black Queen ihren Fehler. Wenn sie geglaubt hatte, der „Wappen von Kolberg“ praktisch im Vorbeigehen eine Breitseite zu verpassen, so hatte sie die Arwenacks sträflich unterschätzt.

      Das mußte sie jetzt erkennen, als sie die „Isabella“ plötzlich über den Bugspriet ihres düsteren Schiffes hinweg in voller Länge und in voller Gefährlichkeit erblickte.

      „Feuer!“ brüllte der Seewolf.

      Die Arwenacks zogen alle Register und ließen ihren wilden Kampfruf dröhnen, der im nächsten Moment im urgewaltigen Krachen der Fünfundzwanzigpfünder und Siebzehnpfünder unterging. Aus den Marsen feuerten Batuti und Shane mit ihren englischen Langbogen die ersten Brandpfeile ab. Ferris Tucker fieberte auf den Moment, in dem er die Queen in Reichweite hatte, um ihr den ersten höllischen Gruß hinüberzuschicken.

      Während die „Isabella“ unter dem Rückstoß nach Steuerbord krängte und der dichte Pulverrauch aufstieg, folgte ein Geräusch, das den Arwenacks wie Musik in den Ohren klang.

      Krachen, Bersten und Splittern von Holz!

      Erneut hatten sie ihren Kampfruf auf den Lippen, als sie in fieberhafter Eile die Geschützrohre nachluden. Mit Todesverachtung gab der Seewolf Pete Ballie den Befehl, die „Isabella“ nach Süd-Ost zu schwenken, auf Parallelkurs zur „Caribian Queen“. Die schlanke Galeone reagierte prächtig, und die Segel klatschten und schlugen im Nord-Nord-Ost.

      Im selben Moment gab der verfliegende Pulverrauch den Blick frei. Das Vorschiff des Zweideckers war ein Gewirr aus Splittern und zerborstenen Planken. Auf den Decks der „Caribian Queen“ herrschte Chaos.

      In unablässiger Folge schlugen die Brandpfeile ein. Flammen fraßen sich bereits züngelnd im Focksegel hoch, überall an Deck hasteten die Kerle hin und her, um die immer neuen Brandherde zu löschen. Aber es waren auch genügend von ihnen zur Stelle, um die Backbordgeschütze einzusetzen.

      Hasard wartete nicht, bis sich die „Isabella“ auf gleicher Höhe mit dem Zweidecker befand. Er gab Befehl, die drei vorderen Siebzehn-Pfünder zu zünden. Im selben Moment, in dem die Geschütze donnerten, schickte Ferris Tucker in rascher Folge seine ersten beiden Höllenflaschen hinüber.

      Die Einschläge sorgten für einen wahren Hexenkessel an Bord der „Caribian Queen“. Einer der Siebzehnpfünder riß ein faßgroßes Loch in die Bugbeplankung, haargenau in der Wasserlinie. Und die Detonationen der Höllenflaschen sorgten an Deck für heilloses Durcheinander. Verwundete brüllten ihren Schmerz hinaus.

      Das Befehlsgebrüll Caligulas und der Queen verebbte wirkungslos. Immer noch zischten die Brandpfeile hinüber. Das Focksegel brannte lichterloh, die Flammen näherten sich dem Marssegel, und auf der Kuhl leckten Flammen am Großmast.

      Im Moment, in dem die „Isabella“ nach Süden abfiel, ließ Hasard die restlichen Geschütze an Backbord abfeuern. Sekunden später stießen Feuerzungen aus den Stückpforten des Zweideckers. Im selben Moment krachten die Einschläge in die Beplankung der „Caribian Queen“. Zwei Fünfundzwanzig-Pfünder rasten in die Wasserlinie, als der Zweidecker unter dem Rückstoß seiner eigenen Geschütze nach Steuerbord krängte.

      Die „Isabella“ war schon fast aus dem Gefahrenbereich heraus. Doch die Geschwindigkeit der Queen-Geschütze war ohnehin nicht mehr gegeben. Wirkungslos orgelte der Geschoßschwarm an Backbord vorbei und klatschte weiter voraus ins Wasser.

      Geschützdonner wurde jetzt aus südwestlicher Richtung laut. Dort hatten der Schwarze Segler und die „Tortuga“ die Galeone der Meuterer in die Zange genommen. Und vor der Nordwestküste der Insel stürzten sich die „Wappen von Kolberg“ und die „Le Vengeur III.“ auf die schon lädierte „Buena Estrella“.

      Diesmal kannten die Gefährten des Seewolfs keine Gnade mehr. Der Kampf mußte endgültig entschieden werden. Jetzt und auf der Stelle.

       10.

      Noch waren die beiden heranjagenden Pinassen von der Hafenbucht aus nicht zu sehen. Eine Landzunge verwehrte die Sicht. Siri-Tong und Jean Ribault konnten es sich leisten, einen letzten Blick zurückzuwerfen.

      Es gab Grund zur Hoffnung, wenn auch ein Aufatmen vielleicht noch verfrüht war.

      Unter Rauchschwaden und bereits mit erkennbarer Schlagseite nach Backbord drehte die „Caribian Queen“ ihren Bug durch den Wind und versuchte, nach Nordosten Distanz zu gewinnen.

      Für die „Aguila“ sah es ebenso schlecht aus wie für die zweite Galeone spanischer Bauart. Jerry Reeves und der Wikinger hatten die Galeone der Meuterer in die Zange genommen. Die Geschütze brüllten ihr ehernes Lied, und Treffer um Treffer krachte in die Beplankung der „Aguila“.

      Für Carlos Rivero mußte es ein schmerzlicher Anblick sein. Aber es durfte keine Nachsicht geben.

      Nicht viel besser sah es für die „Buena Estrella“ aus. Die „Le Vengeur III.“ hatte sich von ihrer Anfangsschlappe erholt und Nils Larsen zeigte jetzt, daß er einiges auszugleichen gedachte. Während die „Wappen von Kolberg“ ihre Breitseiten auf den Gegner hämmern ließ, bewies Nils, daß die „Le Vengeur III.“ auch ohne Bugspriet und Blinde ein ungeheuer wendiges Schiff war. Jedenfalls kein erreichbares Ziel für die „Buena Estrella“, die dagegen eher plump wirkte und gegen die Feuerkraft der Übermacht hoffnungslos ins Hintertreffen geriet.

      Batuti und Big Old Shane schossen noch immer ihre Brandpfeile ab. Die Black Queen, Caligula und ihre Galgenstricke mußten höllisch aufpassen, daß nicht ihr ganzes Schiff in Flammen aufging. Die „Isabella“ leitete unterdessen eine Halse ein.

      Bei diesem Stand der Dinge näherten sich die beiden Pinassen der Einfahrt zur Bucht.

      Noch war es nicht hell geworden. Der trübe Schleier der Morgendämmerung hing wie zähflüssig über der Küstenlandschaft.

      Siri-Tong und Jean Ribault verständigten sich durch ein Handzeichen. Ohne zu zögern, warfen sie die glimmenden Lunten auf die von Al Conroy vorbereitete Zündeinrichtung. Zischend und prasselnd fraßen sich die Funken in einer Schwarzpulverspur voran, die durch Bretter vor überkommenden Seen geschützt war und beide Holzstapel miteinander verband.

      Die Bucht öffnete sich vor ihnen.

      Breit und behäbig lag die „Vascongadas“ etwa in der Mitte der Bucht. Die geöffneten Stückpforten waren zu sehen, über der Verschanzung zeigten sich die Gesichter der Crew als helle Flecken im Grau des beginnenden Tages.

      Das Schwarzpulver sprühte höhere Funken.

      Ein letztes Mal korrigierten Siri-Tong und Jean