Albrecht Greule

Historische Valenz


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Satzanalyse zwei verschiedene beschreibungstheoretische Gesichtspunkte zu vereinigen: einmal die Beschreibung abstrakter ValenzstrukturenValenzstruktur, zum anderen die Beschreibung bestimmter Aspekte des konkreten Satzbaus.

      4.5.2.2 Automatische Datenverarbeitung

      4.5.2.2.1 Kodierungssystem von Satzmodellen

      Für die Untersuchung von Satzmodellen, die mit Hilfe statistischer Methoden durchgeführt wurde, musste zunächst ein Kodierungssystem erstellt werden. Entsprechend der Darstellung von Satzmodellen in Korhonen (1977b, 251ff.) wurden anfangs vier verschiedene Unterarten differenziert: einerseits Haupt- und NebenmodelleNebenmodell, andererseits aktivischeaktivisch und passivische ModelleSatzbauplanaktivischer. Zur Kodierung der Modelle bedurfte es jedoch nur eines einzigen einheitlichen Prinzips: Es wurden jeweils zwei Kodezahlen verwendet, und zwar eine für die Hauptklasse, die andere für die Unterklasse der valenzbedingtenvalenzbedingt Umgebung des Lexems. Dabei bezog sich die Hauptklasse auf die Anzahl der ErgänzungenErgänzung, die Unterklasse ihrerseits auf die Form (Wortart und Art des morphosyntaktischenmorphosyntaktisch Anschlusses) und die SatzgliedfunktionSatzgliedfunktion der Ergänzungen innerhalb der jeweiligen Hauptklasse. Im Einzelnen wurden die Satzmodelle in Übereinstimmung mit dem Formalisierungsprinzip kodiert: Zuerst wurden die deduktiv gewonnenen Modelle mit Kodezahlen versehen, und erst danach erfolgte die Kodierung der durch induktive Beobachtungen ermittelten Modelle ‒ genauer gesagt wurden die letzteren Satzmodelle jeweils in der Reihenfolge ihres Vorkommens fortlaufend nummeriert. Die Anzahl der Ergänzungen wurde in den HauptmodellenHauptmodell vorläufig auf vier, in Nebenmodellen hingegen auf drei (Modelle mit einer infiniten Verbform als Valenzträger)Valenzträger bzw. zwei (Modelle mit einem prädikativenprädikativ Adjektiv als Valenzträger) begrenzt. Bei Hauptmodellen und solchen Nebenmodellen, die auf der Valenz infiniter Verbformen beruhen, wurden aktivische und passivischepassivisch ModelleSatzbauplanpassivischer so auseinandergehalten, dass für die eine Art der Modelle eine ungerade, für die andere eine gerade Kodezahl der Hauptklasse festgesetzt wurde, wohingegen eine derartige Differenzierung bei Nebenmodellen mit einem prädikativen Adjektiv als Valenzträger unnötig war. Zur Erläuterung des Kodierungssystems der morphofunktionellen SatzmodelleSatzbauplanmorphofunktioneller seien folgende Fälle angeführt:

0301: aktivisches Hauptmodell mit einer Ergänzung (= 03); Nn1 (= 01)
0403: passivisches Hauptmodell mit einer Ergänzung (= 04); Ng (= 03)
0501: aktivisches Hauptmodell mit zwei Ergänzungen (= 05); Nn+Na (= 01)
0607: passivisches Hauptmodell mit zwei Ergänzungen (= 06); Nn+pNP (= 07)
205: aktivisches Nebenmodell (infinite Verbform als Valenzträger) mit einer Ergänzung (= 2); pN (= 05)
302: passivischespassivisch NebenmodellSatzbauplanpassivischer (infinite Verbform als Valenzträger) mit einer Ergänzung (= 3); Nd (= 02)
209: Nebenmodell (prädikatives Adjektiv als Valenzträger) mit einer Ergänzung (= 2); INFzu (= 09)

      Die Kodebezeichnung 01 (in HauptmodellenHauptmodell) bzw. 1 (in NebenmodellenNebenmodell) der Hauptklasse bezieht sich auf Strukturmuster, in denen ErgänzungenErgänzung aus dem einen oder anderen Grund nicht vorhanden sind; es handelt sich also hierbei um die Klasse ‒ (= keine Ergänzungen).

      4.5.2.2.2 Speicherung von Daten

      Für die Speicherung der Daten jedes analysierten Satzes wurden zwei Lochkarten hergestellt. Die verschiedenen Dateneinheiten wurden als 60 Variablen dargestellt, d.h., die zwei Karten wurden den Erfordernissen der jeweiligen Dateneinheit entsprechend in insgesamt 60 Lochfelder aufgeteilt. Bei der Kodierung wurden zwei Arten von Zeichen, nämlich Alphabetzeichen und Ziffern, benutzt. Das für die Ausgestaltung des Satzes entscheidende Element, der Haupt-ValenzträgerHaupt-Valenzträger, wurde auf Karte 1, die anderen ValenzträgerValenzträger (infinite Verbformen bzw. prädikativprädikativ verwendete Adjektive) auf Karte 2 eingetragen. Sowohl die verbalen als auch die adjektivischen Valenzträger wurden in der nhd. Grundform (Verben im Infinitiv I AktivAktiv, Adjektive in der unflektierten Form) kodiert. Bei verbalen Valenzträgern wurden VerbzusätzeVerbzusatz (trennbareVerbtrennbares Verbpräfixe usw.) und Verb-SimpliziaSimplex in zwei selbstständige Lochfelder platziert.

      Von den Umgebungsdaten (in drei verschiedenen Spaltengruppen auf den Lochkarten) und den ValenzträgernValenzträger abgesehen wurden auf den Karten auch noch u.a. folgende weiteren valenzbezogenen Informationen angebracht: Valenzreduzierung des satzkonstituierenden Verbs; Pronomen esPronomen es (bzw. das) als PlatzhalterPlatzhalter oder ErgänzungErgänzung; ReflexivpronomenReflexivpronomen als Verbbestandteil oder Ergänzung; KorrelateKorrelat von InfinitivkonstruktionenInfinitivkonstruktion und GliedsätzenGliedsatz; Dativbestimmung als Ergänzung oder AngabeAngabe. Darüber hinaus wurden auf den zwei Lochkarten einige Daten gespeichert, die sich nicht unmittelbar auf eine Valenzanalyse beziehen. Von diesen Daten, die in erster Linie der Anordnung und Gruppierung des Beobachtungsmaterials dienten, sei erstens der Unterordnungsgrad von Sätzen (genauer: Unterscheidung regierender und abhängiger Sätze) genannt. Zweitens wurden bei jedem PrädikatsverbPrädikatsverb Verbalgenus, Modus, Tempus und Person kodiert und als vier verschiedene Variablen auf Karte 1 eingetragen. Im Anschluss an diese Klassifizierung wurde drittens die Verwendung von ModalverbenModalverb und einigen anderen Verben mit HilfsverbcharakterHilfsverb als Prädikatsteilen auf Karte 1 festgehalten. Weitere Aspekte, die bei der Satzstrukturbeschreibung Berücksichtigung fanden, waren die Satzgliedfolge (das SubjektSubjekt vor oder nach dem PrädikatPrädikat), dasprädikativ Vorkommen der NegationspartikelNegationspartikel nicht und der Gebrauch von PhrasemenPhrasem.

      4.5.2.2.3 Technische Realisierung der maschinellen Datenverarbeitung

      Für die maschinelle Bearbeitung des Materials wurden die einzelnen Dateneinheiten zuerst auf Kodierungsbogen geschrieben, von denen sie dann auf Lochkarten übertragen wurden. Danach wurden die Daten auf einer weiteren externen Speichereinheit, und zwar auf einem Magnetband, gespeichert und dadurch in eine maschinenlesbare Form gebracht. Von dort wurden die Daten mit entsprechenden Programmen an die Zentraleinheit des Computers weitergegeben; nachdem hier die eigentliche Datenverarbeitung stattgefunden hatte, wurden die Ergebnisse durch einen Zeilendrucker in Klarschrift ausgegeben. Die maschinelle Verarbeitung erfolgte in der Zentraleinheit von zwei Rechenanlagen, Honeywell 1644 (im Rechenzentrum der Universität Oulu/Finnland) und Univac 1108 (im staatlichen Computerzentrum, Helsinki), und dazu wurden knapp 30 Programme geschrieben. Nachdem alle vorbereitenden Schritte durchlaufen worden waren, wurden die einzelnen Aufgabenformulierungen von zwei Spezialisten in eine der Maschine verständliche Sprache umgesetzt.

      Die bei der Verarbeitung der Daten verwendeten Programme wurden in der FORTRAN-Sprache geschrieben. Ein bedeutender Teil der Programme wurde speziell für die Untersuchung in Korhonen (1978) hergestellt, daneben wurden aber auch einige Bibliotheksprogramme ‒ vor allem beim Sortierungsverfahren ‒ auf das Material angewendet. Außerdem wurden noch besonders für die statistische Auswertung drei Programme eines Programmkomplexes benutzt, der an der Universität Helsinki entworfen worden war. Angesichts des umfangreichen Beobachtungsmaterials erwies es sich als nötig, zunächst die einzelnen ‒ sowohl verbalen als auch adjektivischen ‒ ValenzträgerValenzträger nebst bestimmten anderen Daten (Nummer des Belegs; Stellenangabe; Präposition und Kasus des PräpositionalobjektsPräpositionalobjekt; valenzbedingtevalenzbedingt Umgebung; Unterordnungsgrad des Satzes; Genus, Modus, Tempus und Person des satzkonstituierenden Verbs; Aufbau nominaler ErgänzungenErgänzung) zu sortieren und aufzulisten. Diese Bearbeitungsphase kann anhand folgenden Beispiels (zwei Abschnitte aus dem Listenausdruck der PrädikatsverbenPrädikatsverb) illustriert werden1:

1.