Feuer geröstet. Es war viel Arbeit, aber durchaus lohnenswert, denn der Wildreis würde sie über den Winter bringen. Anschließend verstauten sie ihn in geflochtenen Körben und stapelten diese in den Vorratsgruben. Machwao inspizierte indessen das neue Kanu, das er gerade baute. Er hatte mit Hilfe eines Keils Planken aus einem Baumstamm getrieben, sie in Wasser eingeweicht und anschließend mit Hilfe eines Rahmens in eine halbrunde Form gebogen. Das Gerüst aus zwei langen Stangen aus Eschenholz lag zwischen dem Haltegestell eingeklemmt, das dem Kanu bereits die spätere Form vorgab. Erst dann wurden die Kanten des Kanus um einen Holzrahmen mit fünf Querleisten gebogen und ebenfalls an den Rahmen gebunden. Besonders schwierig war es dabei, den etwas höheren Stern und Bug des Bootes zu biegen. Aber er war notwendig, damit beim Paddeln kein Wasser von vorne ins Boot schwappte. Der Sommer war kurz und Machwao arbeitete schon seit Beginn des Sommers an diesem Kanu.
Im frühen Sommer hatte er lange Streifen an Birkenrinde gewonnen und mit der Innenseite nach außen auf den Boden gelegt und mit Steinen beschwert. Seine Mutter hatte die Rinde mit kochendem Wasser begossen, um sie gut durchzuweichen und in Form zu bringen. Er hatte bereits die seitlichen Birkenstreifen hochgezogen und die Pfosten angebracht, die das Kanu in seine Form brachten.
Seine Mutter und Schwester vernähten die aufeinanderliegenden Rindenteile mit den langen Strängen der Fichtenwurzel. Machwao hatte die langen Wurzelstränge der Schwarzfichten in der Nähe des Ufers im sandigen Boden ausgegraben. Er hatte eine eigene Methode erfunden, wie er die Wurzel von der Rinde befreite. Anstatt seine Zähne zu benutzen, hatte er sie durch ein gespaltenes Brett gezogen. Das war viel einfacher gewesen. Dann hatte er die langen Stränge im Wasser einweichen lassen und gespalten, damit sie geschmeidiger wurden und sich wie Sehnen nähen ließen. Die Frauen bohrten mit einem spitzen Stock kleine Löcher in die Rinde und führten dann die Wurzelfäden hindurch. Bald wäre es so weit, dass seine Mutter die Nähte mit Schwarztannenharz verstreichen konnte.
Seine Familie hatte bereits ein Kanu, aber es war nie schlecht, ein zweites zu besitzen. Immer wieder musste es geflickt werden und dann konnte er auf das andere Boot ausweichen. Er brauchte das Kanu auch, um auf traditionelle Weise den Fisch zu fangen. Ein Kanu vereinfachte das Leben. Er hatte in diesem Sommer Zeit gehabt und deshalb mit dem Bau angefangen. Auch hierzu hatte er erst den Rat des Medizinmannes eingeholt und Gebete zum Schöpfer geschickt.
Wenn er seine Freunde auf der Reise begleiten wollte, dann musste er sich beeilen. Wenn es erst kalt wurde, dann würde es schwierig werden, den Bau des Kanus zu beenden. Das Holz und die Rinde würden sich schlechter biegen lassen. Er wollte nicht bis zum nächsten Jahr warten, um die Arbeit fertigzustellen. Seufzend sah er auf seine schmerzenden Hände, denn die Arbeit war schwer. Das Material war sperrig und nur durch Ziehen und Zerren in die richtige Lage zu bringen. Aber ein Krieger beendete, was er anfing. So nutzte er die verbliebenen Tage, um die Planken aus Zedernholz in das Gestell einzuarbeiten, während seine Mutter bereits die Nähte mit Harz versiegelte. Sie hatte hierzu die Harzklumpen gesammelt und in einem Gefäß aus Birke mit Kochsteinen erhitzt. Die Harzmasse hatte sich nach oben abgesetzt und war mit einem Löffel abgeschöpft worden. Anschließend war die Masse mit kaltem Wasser abgekühlt worden, sodass sich eine gummiartige Substanz gebildet hatte, die man auswringen konnte. Um streichfähiges Harz herzustellen, musste diese Masse wieder in einem Birkentopf erhitzt werden. Vermengt mit Asche und vor allen Dingen Fett entstand dann das Harz, mit dem die Nähte des Kanus versiegelt wurden. Das Harz stank beim Verarbeiten und die Mutter passte auf, dass kein Tropfen auf ihr Kleid fiel. Aber ihre Hände waren bereits klebrig und sie wusste, dass es einige Tage dauern würde, bis sie den Geruch wieder abbekam. Sie klagte nicht, denn ein Kanu war für jede Familie wichtig, und so wussten fast alle Menschen, wie man es herstellte. Die Arbeit musste getan werden, also jammerte auch niemand darüber. Mit ein wenig Glück und Wissen hielt so ein Kanu drei bis vier Winter.
Hin und wieder kam ein Onkel vorbei, der die Arbeit mit kritischem Auge überwachte. Es war ein Bruder der Mutter, der seit dem Tod des Vaters die kleine Familie unterstützte. Er war sehr zufrieden mit der Arbeit seines Neffen und nickte anerkennend.
„Du hast Geduld und das hilft dir bei deiner Arbeit!“
Machwao streckte seinen schmerzenden Rücken und blinzelte ihn von der Seite an. „Hach, wieso hilft mir das? Ich habe das Gefühl, nie fertig zu werden!“
Der Onkel lachte verständnisvoll. „Ja, aber du hast gewartet, bis die Rinde von dem Wasser wirklich weich wurde. Und sieh nur, wie gleichmäßig deine Planken geworden sind. Du hast den Keil sehr sorgsam angesetzt und genau beobachtet, wie der Stamm sich spaltet. All dies hilft dir jetzt, dass dein Kanu eine gute Form hat.“
Machwao trat einen Schritt zurück und streifte seine Arbeit mit einem ebenso kritischen Blick. „Ob es sich um ein gutes Kanu handelt, wissen wir erst, wenn wir es ins Wasser lassen.“
Der Onkel verzog amüsiert die Lippen. „Oder an der Geduld, die jemand aufbringt.“
„Gerade eben bin ich nicht sonderlich geduldig“, gestand Machwao mit einem Seufzen.
„Weil deine Freunde dich drängen?“, vermutete der Onkel. Er hieß Maciskaw Apähsos, Rennender-Hirsch, nicht so sehr, weil er ein guter Läufer war, sondern weil der Medizinmann einen Hirsch an seiner Seite gesehen hatte, als er dem Säugling vor langer Zeit in die Augen gesehen hatte. In seiner Jugend war Maciskaw Apähsos tatsächlich ein guter Läufer gewesen, doch inzwischen gehörte er dem Rat der Ältesten an und sein Bauch hatte sich gerundet.
Machwao hob kurz die Schultern. „Ja, sie wollen die grünen Steine holen.“ Er zeigte mit seinem Kopf in Richtung Süden. „Dort, wo der Okaw-Sipiah, der Hechtfluss, in den Käqcekam, den Großen See, mündet.“ Er wusste, dass dort die grünen Steine zu finden waren, obwohl der Platz geheim gehalten wurde. Der Stein ließ sich auf geheimnisvolle Weise bearbeiten und einige wenige Männer hatten erlernt, daraus Schmuck und scharfe Messerklingen anzufertigen.
Das Wissen wurde von dem Vater an den Sohn weitergegeben und war verbunden mit heiligen Zeremonien, um den Ahnherrn versöhnlich zu stimmen, wenn sie sein Geschenk bearbeiteten. Im Grunde wurden alle Dinge, die sie benutzten, mit Gebeten bedacht. Selbst für eine einfache Schale wurde ein Gebet geflüstert, um sich zu bedanken und zu beteuern, dass man sie auf die richtige Art nutzen würde. Diese kleinen Gedanken und Gebete waren den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen. Es zeigte, wie winzig sie in den Augen des Schöpfers waren und wie sehr sie von all den Dingen abhängig waren, die sie umgaben. Gleichgültig, ob es das Schilf am Ufer, die Pflanzen oder Tiere des Waldes oder die fliegenden Geschöpfe am Himmel waren. Ohne die Beeren, die im Frühling wieder wuchsen, die Störe, die im Frühling zurückkehrten, oder die Rotkehlchen, die mit ihren vollgefressenen Bäuchen das Nahrungsangebot ergänzten, waren sie nichts. Wenn ein Wirbelsturm die Gärten verwüstete, wurde das Überleben im Winter schwierig, ebenso wenn der Winter das Land zu lange in seinen Klauen hielt. Schon früh lernten die Kinder, der Natur und ihren Geistern Respekt entgegenzubringen und sich durch Visionen und Träume zu schützen. Machwao wusste, dass er sich reinigen musste, ehe er aufbrach, die grünen Steine zu holen. Und er würde mit dem Medizinmann reden, wann ein guter Zeitpunkt wäre.
Er wandte sich dem Bug des Kanus zu und überprüfte die hochgezogene Rundung. Es sah gut aus! Sorgsam platzierte er die Rinde daran und zog sie über den Rand. Seine Mutter begann sofort, die noch weiche Rinde mit ihrer Knochenahle an der späteren Naht zu durchlöchern, ehe die Rinde trocknete und zu hart wurde. Wenn es warm blieb, würde die Rinde schnell hart und steif werden.
Machwao ließ die Frauen allein und half seinem Onkel dabei, Planken aus seinem Baumstamm zu schlagen. Sein Onkel wollte ebenfalls ein Kanu bauen und war spät dran. Aber die Birkenrinde war bereits weich und ebenso die langen Stangen, die den Kanu die Form gaben. Nun brauchte er nur noch die Planken einweichen und biegen. Es war harte Arbeit und so war die Unterhaltung zum Erliegen gekommen. Machwao half seinem Onkel bei der nächsten Planke und erhielt ein besonders breites Stück Holz. Sinnend hielt er es in den Händen und lächelte schließlich. „Ich werde dieses Holz der Frau von Awässeh-neskas geben. Sie erwartet ein Baby und braucht dieses Brett vielleicht für eine Babytrage.“
Der Onkel nickte ebenfalls. „Gute Idee. Es ist schön flach, aber auch stabil. Wie gemacht für eine Babytrage. Wahrscheinlich hat Mäc-awätok